Nachtblind
wolle, und meinte, ein ›GIF‹ sei bestimmt bereit, sie aufzukaufen. Was GIF heißt, weiß ich nicht.«
»Grundbesitz-Investmentfonds«, erklärte Lucas. »Ein Verkauf an so einen Fonds kann besonders schnell abgewickelt werden.«
»Aha. Der Makler war jedenfalls ganz scharf darauf, die Sache zu übernehmen. Wollen Sie den Namen haben?«
»Ja.« Lucas notierte ihn sich.
»Der dritte Anruf ging an einen anderen Dealer. Rodriguez sagte: ›Ich muss mein Geschäft für eine Weile schließen. Sag allen, dass es mir Leid tut.‹ Der andere Typ fragte: ›Wo liegt das Problem?‹ Rodriguez antwortete: ›Die Cops glauben, ich hätte was mit dieser Alie’e-Sache zu tun. Sie machen mir Schwierigkeiten.‹ Daraufhin der andere Mann: ›Von wo rufst du an?‹ Antwort Rodriguez: ›Von einem sicheren Telefon.‹ Der andere: ›Wenn ich du wär, würd ich’s in den Fluss werfen. Wenn die Cops glauben, du hätt’st was mit der Alie’e-Sache zu tun, haben sie alle deine Telefone seit Sonntag angezapft.‹ Rodriguez sagte dann noch: ›Na ja … Sag allen Bescheid. Ich rufe dich wieder an, wenn alles vorbei ist.‹ Und das war’s.«
»Wir brauchen die Nummer dieses Dealers, die Anrufzeiten und die Gesprächsniederschriften«, sagte Lucas. Er notierte sich die Telefonnummer, legte auf, sah Rose Marie an. »Es summiert sich.«
Als Rose Marie gegangen war, machte Lucas zwei Anrufe: bei Mallard, dem er die Miami-Telefonnummer mit der Bitte um Überprüfung gab; und bei Del mit derselben Bitte im Hinblick auf die örtliche Nummer des Dealer-Kumpels von Rodriguez. Del rief fünfzehn Minuten später zurück: »Die Nummer gehört zu einem anderen nicht offiziell registrierten Telefon, aber die Drogenfahnder wissen, wer dahinter steckt: ein Mann namens Herb Scott. Sie sind vor ein paar Monaten bei den Ermittlungen gegen einen Druggie darauf gestoßen, haben aber nur die Nummer und den Namen im Computer. Sollen sie sich den Mann mal näher ansehen?«
»Unbedingt. Setz ihn auf die Liste der anderen Dealer. Wenn sich bis morgen Abend nichts tut, greifen wir uns alle und sehen zu, ob wir was aus ihnen rausschütteln können.«
Fünf Minuten nach Del rief Mallard an. »Die Nummer gehört zu einem Mann, der in einem Ort namens Gables-By-The-Sea wohnt. Sieht nach teurer Gegend aus. Ich habe einen meiner Leute darauf angesetzt, ihn unter die Lupe zu nehmen.«
»Danke.«
Es summiert sich …
Er überlegte kurz, ob er dem von Rodriguez neu eingeschalteten Makler einen Besuch machen sollte, entschied sich dann aber dagegen. Es würde damit endgültig offensichtlich, dass Rodriguez’ Geheimtelefon angezapft war, und das konnte sich vielleicht trotz der Warnung des Dealer-Kumpels noch als nützlich erweisen.
Sloan rief an: »Komm ins Morddezernat. Da läuft was, das du sehen solltest.«
Lucas ging hin, fand ein halbes Dutzend Cops lachend vor einem kleinen Fernseher versammelt. »Was gibt’s?«
»Das ist Rodriguez’ Appartement«, sagte Sloan.
»Penthouse«, verbesserte einer der Cops.
Eine wacklige Kamera war auf ein von rötlichem Beton eingefasstes Fenster gerichtet. Dann erschien Rodriguez hinter dem Fenster und zog – in Zeitlupe – die Vorhänge zu. Als er dahinter verschwunden war, begann der Ablauf von neuem: Fenster, Rodriguez, Vorhänge.
»Schuldig, schuldig, schuldig«, sagte einer der Cops.
Und ein anderer ergänzte mit einem Anflug von Sarkasmus: »Richtig – wenn er unschuldig wäre, würde er ja nicht die Vorhänge zuziehen.«
Und ein dritter sagte: »Wenn ich dieser Mann wär, würd ich einen Gewehrlauf auf die Fernsehtypen richten.«
»Das würde ihnen wahrscheinlich sogar gefallen.«
»Ja, bis ein kleines Einschussloch auf der Stirn einer der blonden Fo…«
»Vorsicht!«, warnte ein weiblicher Cop mit einem schweren Revolver an der Hüfte.
»… Reporterinnen erscheinen würde.«
Tom Olson erschien, gefolgt von den Bentons, den Packards und Lester Moore, dem Zeitungsherausgeber. »Wer ist dieser Rodriguez?«, verlangte Olson zu wissen. »Alle behaupten, er hätte es getan …«
Rose Marie sagte: »Er ist ein Verdächtiger. Lucas …«
Und Lucas erklärte: »Wir gehen davon aus, dass er ein Drogen-Dealer ist – genauer gesagt, wir sind uns dessen sicher. Und wir haben mindestens zwei Quellen, die aussagen, er sei der Lieferant von Sandy Lansing gewesen. Anders ausgedrückt: Sandy Lansing war sozusagen die Straßenverkäuferin der Drogen, die sie von Rodriguez
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