Nachtblind
damit, das zu verhindern.«
Den Rest des Tages brachte Lucas damit zu, bei den Vernehmungen reinzuhören. Eine Sache war bald klar – Alie’e hatte keinerlei Rauschgift im persönlichen Besitz, auch keine Ausrüstung zum Erhitzen des Heroins oder Spritzen und Nadeln. Jemand anders hatte ihr das Zeug gespritzt, aber kein Teilnehmer der Party gab auch nur zu, irgendeine Droge genommen zu haben, und keiner wusste von einem anderen, der es möglicherweise getan hatte.
Eine Frage, die sie allen stellten, bezog sich auf das Gekritzel an Sandy Lansings Handgelenk. Die Antwort darauf erhielten sie am frühen Nachmittag.
»Eine Frau namens Pella«, sagte Swanson zu Lucas. »Sie fliegt im Dezember für drei Wochen nach England, und Lansing bot sich an, ihr einen Preisnachlass in einem Hotel zu vermitteln. Pella sagt, Lansing habe sich als Gedächtnisstütze ihren Namen aufs Handgelenk geschrieben, um die Sache dann in Angriff zu nehmen.«
»Ist das wasserdicht?«
Swanson hob die Schultern. »Aus meiner Sicht, ja. Pella sagt, ein gutes Hotel in London würde zweihundert Dollar pro Nacht kosten, aber mit Lansings Beziehungen wäre dasselbe Zimmer für hundertfünfundzwanzig zu kriegen. Sie würde damit rund tausendfünfhundert Bucks einsparen.«
»Diese Pella weiß aber auch nichts von Dope?«
»Sie sagt, sie habe Alie’e bei der Party gestern Abend zum ersten Mal getroffen und höchstens drei Worte mit ihr gewechselt. Aber sie macht den Eindruck, als ob sie selbst unter Dauerstrom stehen würde … Ich wäre nicht überrascht, wenn sie in ihrer Handtasche immer genug Koks für eine kleine Linie dabeihätte.«
»Wir müssen einen oder eine von ihnen gewaltig unter Druck setzen«, sagte Lucas. »Jemand soll sich mal Alie’es Freund vorknöpfen und zum Reden bringen.«
Lester kam herein. »Wir haben uns Hansons Computerdateien angesehen, aber es steht nur Scheiß drin.«
»Sie haben aber über Dope geredet«, sagte Lucas.
»Sie sagt, es hätte sich nur um Gerüchte gehandelt.«
»Sie verarscht uns.«
»Natürlich macht sie das.«
Zwei Cops in Uniform aus St. Paul schoben einen großen Mann namens Clark Buchanan in ein Verhörzimmer, der erstaunlicherweise von sich behauptete, er sei Model, dann beiläufig erwähnte, er sei nebenher auch Schweißer.
»Model für was?«, fragte der vernehmende Cop skeptisch. »Für Mülltonnen?«
»Nein, verstehen Sie, ich mach’ bei Kleidern und so ’nem Zeug mit«, sagte Clark. »Ich war die zweite Person bei den Modeaufnahmen gestern mit Alie’e. Sie hat vorn die Kleider vorgeführt, ich hab’ hinten mit dem Schweißbrenner Funken gemacht.«
Clark wusste nichts von Drogen bei der Party »Ich hatte ein paar Drinks, um mehr hab’ ich mich nicht gekümmert.«
»Viele Drinks?«
Er hob die Schultern. »Ein halbes Dutzend. Vielleicht auch zehn. Wodka-Martinis. Heilige Scheiße … Ich sag euch was, Jungs – reiche Leute machen verdammt gute Wodka-Martinis.« Er war bis ein Uhr bei der Party geblieben, dann mit dem Taxi nach Hause gefahren. Er erinnerte sich an den Namen des Taxiunternehmens und daran, dass der Fahrer Art geheißen hatte. Sie stellten ihm noch ein paar weitere Fragen, dann ließen sie ihn gehen.
Am frühen Nachmittag erschienen Alie’es Eltern mit einer Gruppe von Freunden. Sie wurden zunächst vom Bürgermeister empfangen, der sie dann persönlich zu Roux’ Büro brachte. Rose Marie rief Lucas an, der herbeieilte und zusammen mit Lester im Hintergrund blieb, während Rose Marie den Stand der Ermittlungen erklärte.
Sowohl Lynn als auch Lil Olson waren von Kopf bis Fuß in Schwarz gekleidet; Lynn in einen schwarzen Anzug, der von einem Herrenausstatter in Manhattan zu stammen schien, Lil in ein schwarzes Spitzenkleid über einem schwarzen Seidenunterkleid; dazu trug sie einen schwarzen Hut mit einem Schleier an der vorderen Krempe, der über ihre Augen fiel. Ihre Augenbrauen, straffe dunkle Linien, passten zum Hut, aber ihr sorgfältig aufgetürmtes Haar war honigblond, wie das ihrer Tochter. Ihre Augen waren, soweit Lucas das sehen konnte, vom Weinen gerötet. Alie’e hatte ihr Aussehen dem Vater zu verdanken, wie Lucas erkannte – die hohen Wangenknochen, den makellosen Teint, die grünen Augen. Lynn Olson hatte natürliches blondes Haar, das an den Schläfen jedoch in Weiß überging. In seinem schwarzen Anzug hätte man ihn für einen distinguierten Künstler halten können.
Die Freunde der beiden trugen Flanelljacken und
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