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Nachtblind

Nachtblind

Titel: Nachtblind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Sandford
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begeht den Mord, verschwindet wieder durch das Fenster?«
    »Klingt ein bisschen weit hergeholt«, sagte Sloan.
    »Aber es erklärt das offene Fenster«, sagte Lucas. »Und es könnte auch erklären, warum Sandy Lansing getötet wurde. Nehmen wir mal an, der Killer kommt durch das Fenster zurück ins Haus, ermordet Alie’e, und, o Schreck, im Flur steht plötzlich Lansing vor ihm. Er muss sie töten. Sie weiß, dass er sich offiziell verabschiedet hat, ziemlich auffällig sogar, und jetzt ist er doch wieder zurück im Haus, abseits der Party.«
    Sloan schaute auf das Papier in seiner Hand. »Also müssen wir sie allesamt wieder auf die Liste der Verdächtigen setzen.«

9
     
     
     
    Lane kam zu ihm. »Ich habe die Aufstellung über Alie’es Verwandte – bis hin zu ihrem Bruder.«
    »Ich habe ihn kennen gelernt«, sagte Lucas.
    »Ja, der Geistliche … Fährt im Red River Valley rum und zelebriert Gottesdienste für die Landbevölkerung. Ansonsten repariert er landwirtschaftliche Geräte und Maschinen, manchmal arbeitet er bei einem Getreidegroßhändler, schuftet in den Silos. Nimmt als Geistlicher keine Spenden an. Opfert seinen ganzen Verdienst für die Armen, behält nur so viel für sich, wie er zum Essen und für Kleidung braucht.«
    »Ich will dir was sagen – für Kleidung gibt er keinerlei Geld aus«, sagte Lucas.
    »Die Leute da oben halten ihn für einen Verrückten oder Heiligen. Oder beides. So steht’s jedenfalls in einer Zeitung in Fargo. Sie hat einen Artikel gebracht.«
    »Über den Bruder, nicht über Alie’e?«
    Lane nickte. »Vornehmlich über den Bruder. Verstehst du, die Überschrift lautet: Der verrückte Heilige ist der Bruder von Alie’e Maison.«
    »Wo hat er sich gestern Abend aufgehalten?«
    Lane hatte diese Frage geklärt. »In Fargo. Er betreibt dort nebenher auch noch eine Armenküche. Bis ungefähr zwanzig Uhr hat er sich bei der Küche aufgehalten. Heute Morgen war er wieder dort. Er könnte in der Zwischenzeit natürlich eine große Rundreise gemacht haben.«
    »Und er hat ein hitziges Temperament«, sagte Lucas. »Was hast du sonst noch auf Lager?«
    »Ich habe jeden kleinsten Scheiß über Alie’e zusammengetragen. Dazu brauchte ich nur das Internet zu durchforschen – ich habe einen fünf Zentimeter dicken Stapel Computerausdrucke. Und weißt du, was? Es gibt einen regelrechten Kult um Alie’e. Alie’es-Verehrer und Alie’e-Hasser. Sie tragen Schlachten im Internet aus.«
    »Ja, hab ich schon gehört.«
    »Es würde mich nicht wundern, wenn der Mörder aus dieser Ecke käme.«
    »Wirklich?«
    »Ja. Verstehst du – so ein Computer-Freak-Vergewaltigungskiller-Irrer baut sich eine Fantasiewelt um Alie’e auf, schleicht sich in eine Party ein, auf der er sie vermutet, trifft sie an, aber sie lacht ihn aus, sagt, sie würde lieber mit ihren Freundinnen ficken als mit einem pickeligen kleinen Arschloch …«
    Lucas grinste über die seltsame Wortschöpfung. »Vergewaltigungskiller-Irrer?«
    »So könnte es sich doch abgespielt haben«, sagte Lane mit ernstem Gesicht.
    »Was hast du sonst noch?«
    »Ich habe tatsächlich noch was«, sagte Lane, »und es ist sehr interessant, wenn auch ohne Zusammenhang mit meiner gerade geäußerten Mutmaßung über den durchgedrehten Vergewaltigerkiller. Den Irren.«
    »Ja?«
    »Es geht um die andere Frau, diese Sandy Lansing. Ich habe mit dem Manager von Brown’s Hotel gesprochen, und es stellte sich raus, dass Lansing keinesfalls ein größeres Tier im Hotelmanagement war. Sie war eher so was wie ein weiblicher Page. Sie begleitete eintreffende reiche Leute zu ihren Suiten und wies sie ein.«
    »Wirklich keine leitende Angestellte?«, hakte Lucas nach.
    »Nein. Sie hat nicht mehr als vielleicht fünfundzwanzigtausend im Jahr verdient. Gerade genug, um dem Hungertod zu entgehen. Aber, Mann, ich habe mit den Kumpels vom Morddezernat gesprochen, die sich ihr Appartement angesehen haben. Sie hat schickste Kleidung, sie hat einen tollen Wagen – Porsche Boxter? –, und sie hat mit all diesen reichen Leuten verkehrt. Konnte sich das alles finanziell leisten. Sie muss noch andere Einkünfte haben, aber ich konnte nicht rausfinden, woher sie stammen.«
    »Von ihrem Vater bestimmt nicht«, sagte Lucas. »Den habe ich gerade getroffen. Er macht den Eindruck, als ob er nicht mal zwei Dimes hätte, die er aneinander reiben kann.«
    »Ja, und so habe ich mir dann gedacht … Sie arbeitete in einem Hotel als Empfangsdame. Vielleicht war sie im

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