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Nachtblind

Nachtblind

Titel: Nachtblind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Sandford
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Hauptberuf Liebesdienerin.«
    »Ist sie bei der Sitte bekannt?«
    »Nein. Aber auf dieser pikanten Ebene läuft so was ja eher über diskrete Anbahnungstaktiken: Ein großer Sportler, ein großer Mann beim Fernsehen oder ähnliche Leute kommen in die Stadt, steigen im Brown’s Hotel ab, erledigen ihre Geschäfte, kommen abends ins Hotel zurück und werden mit einem Geschenk , einem Specialservice, beglückt. Vielleicht weiß das Hotel davon, vielleicht auch nicht.«
    »Dann lass uns mal ihre Freunde ausquetschen, unter Druck setzen, um rauszufinden, woher ihr vieles Geld stammt.«
    »Ich dachte, du könntest dich um die Nachforschungen im Hotel kümmern«, sagte Lane.
    »Ich? Ich bin Deputy Chief der Stadtpolizei.«
    »Ja, aber der Assistant Manager des Hotels, der für so was zuständig ist, ist ein alter Kumpel von dir.«
    »Wer ist das?«, horchte Lucas auf. »Derrick Deal.«
    »Du willst mich verarschen …«
    »O nein, ich verarsche Sie keinesfalls, großer Deputy Chief der Stadtpolizei.«
     
     
    Auf dem Weg aus dem Gebäude stieß Lucas in der Eingangshalle auf Rose Marie. »Fotzenlecker-Party?«, fragte sie und hängte sich bei ihm ein.
    »So lautet die Überschrift«, bestätigte Lucas leicht verschämt.
    »Wie viele Euphemismen habt ihr Männer euch eigentlich für das weibliche Sexualorgan ausgedacht?«, fragte sie.
    »Das ist keine Ebene, auf die Sie sich begeben sollten«, warnte Lucas.
    »Und wie lange brauchen wir noch, den Killer zu finden?«
    »Eine weitere Ebene …«
    Sie nickte. »… auf die ich mich nicht begeben sollte.«
     
     
    Derrick Deal war früher einmal einer der stellvertretenden Leiter des Finanzamtes Minneapolis gewesen, mehr oder weniger jedenfalls. Sein wirklicher Job war der des Managers eines finsteren Gangsterspielchens gewesen, das von einigen Leuten aus dem Stadtrat betrieben wurde – man korrigierte gegen entsprechende Schmiergelder Steuerveranlagungen für Grundbesitz nach unten. Diese Machenschaften gerieten in Schwierigkeiten, als Deal zu weit ging und versuchte, den Besitzer einer großen Maschinenhalle unter Druck zu setzen, auf das Spiel einzugehen. Nun war der Besitzer der Halle jedoch der Onkel eines Cops bei der Sittenpolizei, und der machte den in solchen Fällen üblichen Cop-Scheiß und ließ ein verstecktes Tonband mitlaufen, als Deal von seinem Onkel eine Anzahlung einforderte.
    Dann machte der Cop allerdings einen Fehler. Er meinte, wenn er nur Deal festnagelte und der für ein paar Wochen ins Gefängnis wandere, würden Deals korrupte Steuerveranlagungskumpane im Gegenzug seinen Onkel bestrafen und seine Steuerveranlagung nach oben korrigieren. Er nahm Deal also nicht fest, sondern spielte ihm das Tonband vor und sagte ihm, er solle die Finger von seinem Onkel lassen. Deal interpretierte das fälschlich als allgemeine Drohung und rannte zu seinen Schirmherren im Stadtrat. Diese wiederum wandten sich an den Polizeichef – Rose Maries Vorvorgänger –, der den armen Cop wie eine Laus zwischen den Daumennägeln zerquetschte; er versetzte ihn von seinem schönen Posten bei der Sitte zur Verkehrspolizei, Dezernat Verkehrsregelung an Baustellen.
    Nun aber aktivierte der Cop seinerseits seine Schirmherren bei der Polizei – darunter auch Lucas. Der organisierte eine Falle, in die Deal prompt tappte, und er wanderte für neun Monate ins Gefängnis. Seinen Job war er natürlich auch los. Seine »Arbeitgeber« im Stadtrat überstanden die Affäre – selbstverständlich – schadlos, und Deals Steuerveranlagungskumpane rächten sich wie erwartet an dem Besitzer der Maschinenhalle; seine Grundsteuer wurde um fünfzig Prozent erhöht.
    Als Deal aus dem Knast kam, versuchte er sich als Gebrauchtwagenhändler, dann als Häusermakler. Seine Fähigkeiten lagen jedoch auf dem Gebiet der Bürokratie und der Erpressung, nicht auf dem des Verkaufens. Lucas hatte gehört, er sei nach Kalifornien verschwunden, und geglaubt, er sei immer noch dort, bis Lane den Namen erwähnt hatte.
    »Derrick Deal …«, murmelte er vor sich hin, als er sich zu Fuß auf den Weg zu ihm machte.
     
     
    Brown’s Hotel war ein Backsteingebäude ganz in der Nähe des IDS-Towers. Von außen war es kaum als Hotel zu erkennen; man musste wissen , dass es sich dort befand. Lucas nickte dem Türsteher in den weißen Handschuhen zu, der die Eingangstür für ihn aufhielt, ging in der Halle nach rechts über den roten Plüschteppich, umrundete eine Sitzgruppe mit einem nicht der Jahreszeit

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