Nachtblind
Kopfglatze gekämmt. Tränenspuren zogen sich über seine Wangen.
»Lucas, das ist Mr. Arthur Lansing, Sandy Lansings Vater.«
»Mein Beileid, Mr. Lansing«, murmelte Lucas.
»Ich kann es nicht glauben, dass sie nicht mehr da ist«, sagte der Mann. »Sie war so glücklich. Ihre Karriere …« Seine Stimme verebbte, kam dann zurück: »Ihre Karriere …« Er sah Lucas an. »Als sie noch ein kleines Mädchen war, sind ihre Mama und ich oft mit ihr in den Zoo gegangen. Sie mochte die Bären. Und die Affen, ja, sie mochte die Affen besonders gern.«
»Ich bin sicher …« Lucas wollte ein paar klischeehafte Dinge von sich geben, aber Lansing unterbrach ihn.
»Glauben Sie, dass Sie die Mörder finden werden?«
»Ja.«
»Ich wette, es waren Nigger«, sagte Lansing.
»Es waren keine Schwarzen auf der Party gestern Abend.«
Lansing streckte Lucas einen zitternden Zeigefinger entgegen. »Ich wette, dass es Nigger waren. Sind Sie manchmal im Gerichtsgebäude? Ich bin oft dort. Um bei Verhandlungen zuzuhören. Und in den Gerichtssälen sieht man fast nur Nigger. Na ja, manchmal ist auch weißer Abschaum zu sehen, aber neunundneunzig Prozent sind Nigger. Und von dem weißen Abschaum haben die meisten Niggerblut in den Adern.«
Sloan, der hinter Lansing stand, rollte die Augen zur Decke. Lucas sagte: »Wer es auch getan hat, wir werden ihn überführen, Mr. Lansing. Noch mal, es tut mir wirklich Leid, was mit Ihrer Tochter geschehen ist.«
Lansing drehte sich um und redete in die Luft hinein: »Meine Tochter … Sie war leitende Hotelangestellte.« Und er ging davon, redete weiter in die Luft hinein.
»Er hat seine Tochter geliebt«, sagte Sloan hinter ihm her.
»Ja. Ein Musterbeispiel dafür, worum es bei diesem Rassentrennungsscheißdreck ging – alle weißen Menschen liebten ihre Töchter.«
»Ich hasse den Gedanken auch, meine Tochter zu verlieren«, sagte Sloan. Seine Tochter war Collegestudentin. »Der schlimmste Gedanke, den man haben kann. Es ist einfach … abwegig, auf diese Weise zu sterben.«
Lucas seufzte. »Hast du irgendwas aus irgendeinem rauskitzeln können?«
»Nein, aber wir beschäftigen uns mit dem richtigen Personenkreis. Wer die Frauen auch umgebracht hat, er war auf dieser Party: Es gab dort einfach zu viel, was Konflikte entzünden kann – Drogen, Ex-Freunde und Ex-Freundinnen, dieser Berühmtheitswahn und der damit verbundene Machoscheiß, und dazu auch noch die allgemeine Beknacktheit dieser Leute.«
»Ich habe Lester gerade das Gleiche gesagt. Wie viele Leute waren denn nun auf der Party?«
»Bis jetzt haben wir über sechzig festgestellt, aber es können letztlich bis zu hundert gewesen sein.« Sloan hielt das Blatt Papier hoch. »Hier ist die Liste. Die meisten Leute können sich nicht erinnern, Alie’e nach Mitternacht noch gesehen zu haben. Ich habe mit einem Mann und seiner Freundin gesprochen, die erst um Viertel nach zwölf zur Party kamen, und sie sagen, sie hätten Alie’e nicht mehr angetroffen. Sie haben gehört, dass sie da ist, und sich nach ihr umgesehen. Jael und Catherine Kinsley haben Alie’e kurz vor eins in dem Schlafzimmer zurückgelassen, und da war sie zwar schläfrig, aber noch am Leben.«
»Hast du mit dieser Kinsley gesprochen?«
»Ja, am Telefon. Sie ist auf dem Rückweg, zusammen mit ihrem Mann. Ihre Ferienhütte liegt ganz oben in Ely – fünf Stunden Fahrzeit. Sie hat von der Sache erst gegen Mittag im Radio erfahren.«
»Und du glaubst den beiden Frauen, dass Alie’e noch lebte, als sie sie allein ließen?«
»Ja. Es gibt einige Hinweise … Andere Leute haben Lansing noch lebend gesehen, als Jael und Kinsley sich bereits zu Alie’e abgesetzt hatten; zumindest ist das der jetzige Stand unserer Ermittlungen.«
»Wie viele Leute kommen denn nun als Täter in Frage?«
»Hanson sagt, die Party habe ihren Höhepunkt zwischen eins und zwei gehabt, was bedeutet, dass zum Zeitpunkt des Mordes an Alie’e wahrscheinlich die meisten Gäste noch anwesend waren. Von einigen Leuten wissen wir – bestätigt durch Zeugen –, dass sie vorher gegangen sind. Einige weitere sagen, sie seien vorher gegangen, aber wir haben keine Zeugen dafür gefunden. Vielleicht lügen sie.«
»Was hältst du von folgendem Szenario: Der Killer macht dieses Fenster auf, geht zurück zur Party, verabschiedet sich dann – unter großem Tamtam, küsst ein paar Leute, schüttelt viele Hände, was ihm ein Alibi verschafft –, klettert dann durch das Fenster zurück ins Haus,
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