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Nachtblind

Nachtblind

Titel: Nachtblind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Sandford
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auf dem Weg zum Zimmer. »Ich bin von dem Koffein so aufgeputscht, dass ich vielleicht das Schlüsselloch nicht gleich finde.«
    »Okay.«
    Sie blieben vor der Tür stehen, horchten. Ein Fernseher lief; sehr gut – er würde das Geräusch des Schlüssels vielleicht übertönen. Lucas hielt den Schlüssel hoch, und Del stellte sich in Trittentfernung auf. Nachdem sie diese Ausgangsposition eingenommen hatten, hielt Lucas den Schlüssel einen Zentimeter vor das Schloss. Die Aktion sollte so ablaufen, dass Lucas den Schlüssel schnell ins Schloss steckte, aufschloss und die Tür aufstieß. Für den Fall, dass von innen eine Sicherungskette vorgelegt war, würde Del der Tür einen kräftigen Tritt versetzen. Sie würden gar nicht erst versuchen, den Schlüssel langsam und leise ins Schloss zu stecken und zu drehen – das geringste Geräusch an der Tür würde den Zimmerbewohner alarmieren, und wenn es sich dabei um einen nervösen bewaffneten Dealer handelte, konnte das sehr gefährlich sein. Mit der Methode »schnell aufschließen, aufstoßen, dagegentreten« war man im Normalfall im Zimmer, ehe die Zielperson Zeit zur Reaktion hatte.
    Del nickte. Lucas trat ein kleines Stück zur Seite, rammte den Schlüssel ins Schloss, drehte den Türknauf, stieß die Tür auf, und Del versetzte ihr einen Tritt, stürzte ins Zimmer, Lucas dicht hinter ihm. Del schrie: »Polizei! Keine Bewegung!«
    Outer saß auf der Toilette, hielt ein Knäuel Klopapier in der Hand, und seine Unterhose hing auf seinen Füßen. Die Badezimmertür war geöffnet – er hatte vom Klo aus auf den Fernseher geschaut. Als Del auf dem Teppich vor dem Bett landete und seine Pistole auf Outer richtete – Lucas stand zur Absicherung hinter ihm, ebenfalls mit gezückter Pistole –, setzte Outer sich erschreckt auf, hob die Hände und sagte in die angespannte Stille hinein: »Oh, verdammt! Darf ich mir noch den Arsch abwischen?«
     
     
    Dann, noch ehe sie ihm Handschellen anlegten, sagte Outer: »Ich sage kein verdammtes Wort. Ich will einen Anwalt.«
    »Setzen Sie sich aufs Bett«, sagte Del.
    Outer setzte sich, und Lucas fing an, Outers Reisetasche auszupacken. In der Mitte stieß er auf ein T-Shirt, das um einen recht schweren Gegenstand gewickelt war. Er schüttelte das Hemd aus, und eine Smith & Wesson 649 purzelte heraus. »Waffe«, sagte Lucas zu Del.
    »Auweia, das ist aber schlimm«, sagte Del. »Wo er doch ein vorbestrafter Verbrecher und all so was ist …«
    »Anwalt«, sagte Outer.
    Kein Dope. Lucas sah sich im Zimmer um, ging dann ins Badezimmer; kein Wasserbehälter, da die Toilettenspülung direkt an die Wasserleitung angeschlossen war. Nichts zu finden. Als er ins Zimmer zurückging, sagte Del: »Ich glaube nicht, dass er Stoff im Wagen liegen lassen würde.«
    Outer lehnte sich entspannt auf dem Bett zurück. »Ich habe nur den Revolver, ausschließlich zur Selbstverteidigung, und er gehört nicht mal mir.«
    »Stehen Sie auf«, sagte Lucas.
    »Was?« Outer sah Lucas bestürzt an.
    »Stehen Sie von dem verdammten Bett auf.«
    Del zog ihn am Arm hoch, und Outer sagte: »Scheiß-Cops.« Lucas ging zur anderen Seite des Bettes, bückte sich, hob die Matratze hoch – und darunter, in der Mitte der Sprungfedern, waren fein säuberlich vier Plastikbeutel Kokain nebeneinander festgeklemmt.
    »Das gehört nicht mir«, sagte Outer. »Sie haben es vorher hier reingeschmuggelt.«
    »Wahrscheinlich sind dann unsere Fingerabdrücke überall auf dem Plastik«, knurrte Lucas. »Und wenn wir bei uns einen Bluttest machen lassen, stellt man vermutlich fest, dass wir kokssüchtig sind.«
    »Anwalt«, sagte Outer.
    »Setzen Sie sich auf den Sessel«, sagte Lucas.
    Del schob Outer zu dem Plüschsessel, und Lucas setzte sich auf das Bett.
    »Ich mache Ihnen jetzt ein Angebot. Ich kann es nicht mehr machen, wenn Sie mit einem Anwalt gesprochen haben, nur vorher. Wir können es hinkriegen, dass Sie mit einer Minimalstrafe für den Koks und die Waffe davonkommen – zwei bis drei Jahre. Das ist aber auch schon alles, was wir für Sie tun können.«
    »Anwalt.«
    »Wir können aber auch die Cops in Illinois anrufen und ihnen sagen, wo Sie Ihr Appartement haben, ihnen mitteilen, dass wir Sie als Drogengroßhändler geschnappt haben.« Er schaute auf die Plastikbeutel neben sich und sagte zu Del: »Ich denke, wir können das Großhandel nennen, wenn wir mit den Cops in Evanston reden, oder was meinst du?«
    »Das denk ich auch«, sagte Del. »Definitiv

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