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Nachtblüten

Nachtblüten

Titel: Nachtblüten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Magdalen Nabb
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Fixpunkte in meinem Leben, will sagen, einige wahre Freunde, die mir ein Leben lang die Treue gehalten haben. Mein Anwalt ist einer davon. Und dann der gute Renato, dessen Kunstverstand mir immer ein Vorbild war und der mich wohl noch mehr geprägt hat als mein Vater. Und natürlich gehört auch Jeremy Porteous dazu, den Sie ja kennengelernt haben. Er ist seit seinem neunzehnten Lebensjahr bei mir und weicht nie von meiner Seite.«
    »Da haben Sie aber Glück«, log der Maresciallo, dem ein solches Arrangement ganz und gar nicht gefallen hätte. Und die Vorstellung, einen Neunzehnjährigen als Sekretär einzustellen… Nun ja, das Privatleben des Mannes war schließlich seine Sache.
    »Ja, ja, ich habe wirklich Glück gehabt. Wenn man nur auch meine Malerei gebührend gewürdigt hätte, dann dürfte ich mich kaum beklagen, aber das geht natürlich vielen Künstlern so. Die Galeristen heutzutage sind nichts als billige Profitgeier ohne jeden kulturellen Hintergrund oder Sinn für Ästhetik. Immerhin haben einige der bedeutendsten Persönlichkeiten der gebildeten Welt, denen dieses Haus ein beliebter Treffpunkt war, meinen Arbeiten Bewunderung gezollt.
    Allein, ich darf Sie nicht mit meinen Sorgen belasten. Ich wollte Ihnen, wie gesagt, nur danken. Welch eine Fügung, daß ich ausgerechnet heute den Mut aufbrachte, wieder einmal den Garten meiner Mutter zu besuchen. Ein Versuch, all die verdrängten Probleme meiner Vergangenheit aufzuarbeiten. Als ob ich geahnt hätte, daß dieser kleine Diebstahl mir jemanden zuführen würde, mit dem ich über Mutters Garten sprechen könnte und über seine Schönheit, statt nur den traurigen Erinnerungen nachzuhängen. Ich muß mein Leben gründlich überdenken, alle Winkel erforschen, die dunklen wie die hellen. Alles miteinander versöhnen und in Einklang bringen.«
    »Ich verstehe. So was ist oft leichter mit einem Fremden.«
    »Wenn es der richtige ist.«
    Der Maresciallo murmelte höflichkeitshalber etwas Unverständliches, und da Sir Christopher die Augen immer noch geschlossen hielt, wollte er ihm Zeit geben, sich zu fassen, und begann, die Liste der gestohlenen Gegenstände durchzusehen. Silberne Haarbürsten und Kämme, eine silberne Schmuckschatulle, Manschettenknöpfe und Krawattennadeln.
    Der Maresciallo blickte sinnierend auf. Was mochte es für ein Gefühl sein, all diesen Luxus zu besitzen? Auf der Liste war neben jedem Gegenstand der ungefähre Schätzwert aufgeführt. Sein ganzer Überziehungskredit reichte nicht an den Preis von zwei silbernen Haarbürsten mit dem Monogram JW heran. Der Maresciallo hielt nichts von romantischen Sprüchen wie: ›Geld macht nicht glücklich.‹ Annehmlichkeiten und Sicherheit konnte man sich sehr wohl davon kaufen, und wenn er genug Geld gehabt hätte, damals, als seine Mutter nach dem Schlaganfall so lange bettlägerig gewesen war, dann hätte er sich leisten können, Frau und Kinder zu sich zu holen. Das Versäumnis dieser Jahre war nicht wiedergutzumachen. Teresa, die unten in Syrakus bei der Pflege seiner Mutter half, hatte ohne seinen Beistand auskommen und obendrein auch noch die Jungen allein erziehen müssen. Nein, man brauchte Geld, um es in diesem Leben zu etwas zu bringen.
    Aber nicht zuviel, sonst schaffte es wiederum ganz neue Probleme wie die Angst vor Entführung oder einem Börsenkrach, erbitterte Familienstreitigkeiten, Mißtrauen gegen alle und jeden. Gegen Krankheit und Tod war man so oder so nicht gefeit… War der Mann nun etwa eingeschlafen? Er bereitete sich auf den Tod vor, und sein bester Freund war sein Anwalt … Er war tatsächlich eingeschlafen!
    Der Maresciallo erhob sich erleichtert, als er von fern den forschen Schritt des Capitanos erkannte. Es war nicht mehr ganz so heiß wie zuvor, aber seine Unbeholfenheit im Gespräch mit Sir Christopher hatte ihn nervös gemacht, und er nahm die dunkle Brille ab und fuhr sich mit dem Taschentuch über die Stirn. Im Nu stachen ihm die Strahlen der tiefstehenden Sonne in die Augen, und er beeilte sich, die Brille wieder aufzusetzen.
    Sir Christopher war wieder wach und machte Anstalten, sich zu erheben.
    »Verzeihen Sie, aber ich habe Sie doch nicht aufgeregt, oder?« Er schien eher verwirrt als besorgt.
    »Nein, nein… das ist nur eine Allergie. Mir tränen die Augen vom Sonnenlicht. Aber ich glaube, da kommt Capitano Maestrangelo. Sie müssen mich nun entschuldigen. Nein, bitte. Das ist wirklich nicht nötig…«
    Sir Christopher begleitete ihn die paar

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