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Nachtblüten

Nachtblüten

Titel: Nachtblüten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Magdalen Nabb
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Mutter war schon als Haushälterin bei Sir Christophers Eltern, also weiß sie auch über diese Geschichte bestens Bescheid.« Der junge Mann, der immer noch weit vorgebeugt auf seinem Platz saß, dämpfte jetzt die Stimme zu einem Flüstern, genau wie neulich im Park. »James Wrothesly war anscheinend ein wüster Schürzenjäger, und eines Tages, als sie einen Tag früher als geplant von einer Reise nach England zurückkehrte, hat seine Frau ihn in flagranti in ihrem Blumengarten erwischt. Sie ließ just an der Stelle eine Marmorplatte anbringen und setzte nie wieder einen Fuß in ihren geliebten Garten. Das Personal vergötterte sie, besonders die Gärtner. Die schwärmen heute noch von ihr und erhalten ihren Blumengarten genauso, wie sie ihn angelegt hat – als ob sie noch am Leben wäre.«
    »Das hat Sir Christopher mir auch erzählt. Und ich habe sogar die Marmorplatte gesehen.« Der Maresciallo sah auf die Uhr. Er durfte nicht schon wieder zu spät kommen, und er wollte auch noch mit Lorenzini sprechen, aber die leise, vertrauliche Stimme und die Erinnerung an einen weißblühenden Garten und einen traurigen Mann, der im Sterben lag… »Da fällt mir ein: Bei meinem letzten Besuch, als ich nicht zu Sir Christopher vorgelassen wurde, hörte ich seine Stimme durch die Tür, und ich muß gestehen, es kam mir so vor, als ob er ein bißchen zu tief ins Glas geschaut hätte. Er lallte so eigenartig. Was ist, trinkt er?«
    »Ein Glas Wein zu den Mahlzeiten, neuerdings kredenzt von Giorgio, dessen Lippen versiegelt sind. Sir Christophers Bett hat man, weil er immer schwächer wurde, ins Erdgeschoß hinuntergeschafft, in den früheren Salon seiner Mutter. Giorgio schläft gleich nebenan, so daß Sir Christopher nie alleine ist. Und seinen kleinen Plausch mit den Gärtnern, den er doch früher keinen Tag versäumt hat, hält er auch nicht mehr. Obwohl sie ihn immer in seinem Rollstuhl auf die Terrasse über dem Garten seiner Mutter fahren, wo wir leicht an ihn herankönnten. Wir sehen ihn ja täglich vom Küchengarten vor der Limonaia, dem Citrushaus. Ich habe ihm ein paarmal gewunken, aber er winkt nie zurück. Was ihm gar nicht ähnlich sieht. Früher galt am Morgen sein erster Gedanke immer dem Garten.«
    Wo um alles in der Welt sollte das hinführen? Der Maresciallo fixierte den jungen Mann mit seinen großen, leicht vorstehenden Augen, als wolle er ihn zwingen, endlich zur Sache zu kommen. Vergeblich.
    »Jetzt steht der August vor der Tür, und wir haben Anweisung, die Limonaia in Ordnung zu bringen und auszuräumen – draußen im Garten ist ja jetzt kaum was zu tun, außer sprengen und gießen. Nun geht am Ersten auch noch der Obergärtner in Urlaub… Aber Sie wissen ja von dem großen Raub damals und können sich vorstellen, warum ich mir Sorgen mache. Selbst dem Pförtner haben sie freigegeben, und ich soll statt seiner ins Pförtnerhaus ziehen.«
    »Verstehe. Ja, das ist schon Grund zur Sorge. Die großen Häuser sind im August immer besonders diebstahlgefährdet, aber Sie können unmöglich die Verantwortung für ein solches Anwesen übernehmen. Zumal Sie selbst sagen, daß Sir Christopher kaum weiß, wer Sie sind.«
    »Eben. Ich denke bloß, er ist ein guter Mensch… irgendwie naiv, in manchem wie ein Kind, und es kotzt mich an – entschuldigen Sie –, daß er so schamlos betrogen wird. Das hat er nicht verdient.«
    »Sie glauben, man betrügt ihn?«
    »Wir wissen es, und das nach allem, was er für die Bande getan hat. Porteous war nämlich auch mal ein ›Giorgio‹, einer, den er von der Straße aufgelesen hat, und wenn er sich jetzt noch so groß aufspielt.«
    »Neulich sagten Sie, Sir Christopher würde Sie nicht einmal erkennen, wenn er Ihnen begegnete. Demnach wäre also die Mühe, die Sie sich machen, indem Sie eigens zu mir kommen…« Ja, was? Der Maresciallo suchte nach Worten und fand keine.
    »Eine Donquichotterie? Das denken Sie doch, oder? Aber wenn ich etwas nicht in Ordnung finde, dann mache ich den Mund auf. Ich habe nichts zu verlieren. Solange Sir Christopher lebt, werden sie mich nicht rauswerfen, und wenn er tot ist, stellen sie mich sowieso nicht wieder ein – was riskiere ich also?«
    »Sind Sie denn nicht – also, Sie werden ganz allein sein dort im Pförtnerhaus, auch nachts? Haben Sie denn da keine Angst? Ich meine Angst um die eigene Sicherheit?« Der Maresciallo fühlte sich plötzlich an den Fall Hirsch erinnert, und er wollte um keinen Preis, daß sich solch ein Unglück

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