Nachtchimäre - Fragmente der Dunkelheit (German Edition)
einen Schluck von Bens Blut zu nehmen – der helle Wahnsinn!
Gleichsam auf mehreren Ebenen befriedigt machen wir uns auf den Weg zum G32, in dem schon die Partystimmung herrscht, die ich mir vorgestellt, oder sagen wir, mir gewünscht habe.
Ich lasse Ben stehen und bewege mich nun wie ein Fisch im Wasser. Neonlichter im Halbdunkel werden abgelöst von den Kaskaden von Reflexionen der Discokugel – himmlisch. Schnurstracks löse ich mich aus seinem Dunstkreis und bewege mich in Richtung der krachend vollen Tanzfläche.
Ausgelassen tanze ich dort zu den abwechselnden Rhythmen und ignoriere, dass mir völlig egal ist, um welche es sich dabei handelt. Ich bin in meinem Element und feiere mit den anderen Gästen. Dabei verbrenne ich so viel von Bens Blut, dass die Droge meinen Körper fast vollständig verlässt. Dennoch fühle ich mich wohl und bereue auch nichts. Vor allem nicht, dass ich zur Abwechslung auf dieser Fahrt mal meinen Willen durchgesetzt habe.
Das geht so eine Weile weiter, bis Ben verkündet, dass die Party nun in seiner Suite weitergehe. Jubel brandet auf und er will mich unbedingt von der Tanzfläche zerren.
„ Ich komme nach“, will ich ihm zuraunen, doch der dröhnende Bass übertönt meine Worte. Ben versteht sie einfach nicht. Es bleibt mir also nichts anderes übrig, als meine Worte in einen Befehl zu verwandeln und hinter seiner Stirn zu platzieren.
Es kostet mich eine Menge Kraft, durch den Nebel von Drogen, Endorphinen und Alkohol in sein Bewusstsein vorzudringen, doch es gelingt mir. „Ich komme nach.“
Er nickt endlich und verlässt johlend die Tanzfläche.
Obwohl er und sein „Gefolge“ bereits die Tanzfläche und vor allem den Club verlassen haben, ist der Laden trotzdem weiterhin prall gefüllt. Man hat kaum einen Schritt weit Platz zwischen den Tanzenden und doch stört mich das nicht. Ich lasse mich von der Musik treiben, nehme ihren Grundrhythmus erneut auf und öffne meine Sinne für alle mich Umstehenden.
Der Rausch an Gefühlen, der mich nun überspült, kommt einer riesigen Welle gleich, die mich fortträgt auf ungeahnte Pfade. Genau so muss das sein.
27. Notfall?
Gerade bin ich dabei auf einer sprichwörtlichen Wolke aus Hochgefühl und Entspannung davonzuschweben, als der DJ eines meiner Lieblingslieder anstimmt. Nobody’s Wife von Anouk tönt aus den Lautsprechern und lautstark singe ich mit. „It´s too bad, but that´s me. What goes around, comes around, you´ll see…” Mein Singsang geht glücklicherweise in der allgemeinen Lautstärke des Clubs unter und so hat auch niemand meine Überzeugung darin gehört. Schade, aber egal. Ich amüsiere mich und das nicht zu knapp, das ist alles was zählt.
Seit Ben und seine Anhängsel abgezogen sind, fühle ich mich befreit und all die feiernden Menschen um mich herum sind grundehrlich. Sie zelebrieren die pure Lebensfreude und so manche junge Liebe ist dazwischen. Auch manch ältere, aber sie alle sind „echt“ in ihren Gefühlen und das nimmt meine momentan durch die Drogen sehr fein eingestellte Antenne wohlwollend auf. Wenn ich könnte, würde ich das ja verstärken, damit sie sich noch möglichst lange daran erfreuen, aber das liegt weit außerhalb meiner Fähigkeiten.
Dennoch kann ich all die Energien um mich herum wahrnehmen und den einzelnen Tänzern oder auch Zuschauern zuordnen. Es ist beinahe so, als würde es die Menschen wie eine Wolke aus Energie umgeben, deren Partikel sich mit den Tönen der Musik verbinden. Ach ja, die Drogen. „We started dancing and love put us into a groove as soon as we started to move ...“ Der DJ ist wirklich ein Könner und wieder ist es an mir, den Refrain mitzusingen. „Love said: Let the music play he won't get away – just keep the groove and then he'll come back to you again ...“ Wenn Shannon nur wüsste, wie recht sie hat.
Wäre es nach mir gegangen, hätte dies noch bis Sonnenaufgang so weitergehen können, doch ich spüre eine bekannte Präsenz. Dass ich jemanden wahrnehme, der oder die aus der Menge heraussticht, ist für mich nichts Neues – das sind die Auswirkungen der Drogen. Was mich allerdings dazu bringt, näher hinzusehen, ist die Intensität, mit der ich diese Präsenz wahrnehme und wie zielsicher sie auch auf mich ausgerichtet ist.
Das ist nicht nur ein heimlicher Beobachter oder ein Fan, der mich zufällig erkannt hat. Nein, hier kennt mich jemand und versucht absichtlich meine Aufmerksamkeit zu erregen. Ein, zwei Momente
Weitere Kostenlose Bücher