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Nachtchimäre - Fragmente der Dunkelheit (German Edition)

Nachtchimäre - Fragmente der Dunkelheit (German Edition)

Titel: Nachtchimäre - Fragmente der Dunkelheit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Myrna E. Murray
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einer Brücke zu gehen, auch wenn sie dir voll Wohlwollen aufgebaut wird. Das war der Anfang vom Ende, mal davon abgesehen, dass unsere Naturen nicht dafür geschaffen sind, im Gleichklang zu existieren. Er wusste das – ich wollte es nicht wahrhaben. Ich habe mich schlicht geweigert, der Wahrheit ins Gesicht zu blicken – bis jetzt.
    „ Heaven has no rage, like love to hatred turned, nor hell a fury, like a woman scorned.“ Wie recht William Congreve damit doch hatte. Ich seufze. Okay, okay, vielleicht habe ich Mist gebaut und es wäre an mir, den ersten Schritt zu tun. Aber wieso habe ich dann plötzlich solche Angst zurückgewiesen zu werden? Und plötzlich klingen sie wieder laut in meinen Ohren – Jasons letzte Worte: „Wenn du das nächste Mal etwas von mir willst, dann frage mich direkt.“ Jahar – ich hab’s ja kapiert. Mann!
     
    Das Grübeln bringt mich nicht weiter – also drücke ich den kleinen grünen Hörer herunter. Zugegeben, mit einem dicken Kloß im Hals, der sich auch durch noch so hartnäckiges Schlucken nicht herunterwürgen lässt. Ich könnte jetzt noch auflegen und es ein anderes Mal versuchen. Na klar, und dann noch mehr Schiss davor bekommen, oder was? Ich habe das jetzt angefangen, also bringe ich es auch jetzt zu Ende!
    Es passiert erst einmal nichts, was nicht anders zu erwarten gewesen ist. Dann bricht die Leitung ab und ein sonores „The person you have called …“ ertönt. Okay – dann lege ich eben wieder auf. Es sollte nicht sein, versuche ich mir einzureden, aber die Enttäuschung ist da – ganz plötzlich und so groß wie die Rocky Mountains.
    Langsam lasse ich das Telefon sinken und die Stille, die in diesem Moment in meiner Kabine herrscht, ist beinahe die eines Grabes.
    Dann, ganz plötzlich, ertönt der Klang eines alten 80er-Jahre Synthesizers, gefolgt von einem mir nur allzu gut bekannten Klavierintro. Das darf doch wohl nicht wahr sein! „I wake up at night and I'm screaming out your name. Won't you come back. Won't you let it be the same?” Aufhören! Doch die Musikanlage dudelt natürlich davon unbeeindruckt weiter. „And why can't you see all things you're doing to me. I'm tied up in you forever this way. I'm slipping away – Save me tonight …”
    Wie von der Tarantel gestochen springe ich auf, um White Sister endlich zum Schweigen zu bringen. Eigentlich mochte ich das Lied, als es damals im Fright Night Soundtrack auftauchte – gerade finde ich es unerträglich. Schließlich erreiche ich die Fernbedienung und drücke den Vorspulknopf so fest, dass das kleine Gerät protestierend knirscht. Na endlich – Ruhe. Beziehungsweise habe ich wohl eine Tastenkombination erwischt, die das Gerät auf einen Sender mit klassischer Musik gestellt hat.
    Was auch immer da läuft, es beruhigt mich. Irgendetwas mit Harfe und leichten Flötenklängen. Egal! Erschöpft lasse ich mich auf das Bett sinken und starre an die Decke. So schreitet die Zeit unaufhaltsam fort. Sie rennt heute beinahe und nach einer Weile dumpfen Brütens entschließe ich mich, meinen Hintern aus dem Bett zu bewegen und mich auf den Weg zu machen. Immerhin habe ich zu arbeiten und wenn die Leitung jetzt tot ist, dann probiere ich es eben morgen noch einmal.
    Auf dem Gang beschließe ich, bei Sharroll vorbeizusehen. Ich weiß zwar gerade nicht wirklich, was ich nach der gedanklichen Entwicklung der letzten Stunde da noch zu suchen habe, aber irgendwas lässt mich nicht los an der Kleinen.
     
    Die moderne Krankenstation liegt auf Deck 1 und macht einen erstaunlich freundlichen Eindruck. Sie verbreitet den üblichen Geruch nach Sterilisation und Desinfektionsmitteln. Die Wände sind hell getüncht und ein breiter auberginefarbener Streifen zieht sich auf der Höhe der Türklinken, gut einen halben Meter hoch, die Wand entlang. Man könnte beinahe meinen, man sei tatsächlich in einem Krankenhaus an Land.
    Es schüttelt mich, denn Krankenhäuser haben irgendwie etwas Surreales für mich. Sie dienen wunderbar als Schauplatz für Horrorfilme oder Thriller. Im „echten Leben“ sollte man aber möglichst wenig mit ihnen zu tun haben, also wenn man mich fragt zumindest.
    Nicht nur, dass man ständig unter Beobachtung steht, nein, die weißen Kittel entscheiden auch noch, womit sie einen abschießen. Am schlimmsten: Man kann sich nicht dagegen wehren. Oh nein, Ladies und Gentlemen. Eine Leichenhalle ziehe ich vielfach einem Krankenhaus vor und das nicht nur aus rein praktischen Gründen.
    Gerade als

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