Nachtchimäre - Fragmente der Dunkelheit (German Edition)
Quartier treffen, aber ich halte es für besser, sie über die Rezeption kommen zu lassen. Immerhin kann ich als Gast nicht einfach so durch die Quartiere der Mannschaft spazieren. Auch wenn es interessant zu sehen wäre, was Mr. Morgan dazu sagt. Aber mein Bedarf an diesem Menschen ist momentan absolut gedeckt.
Cindy holt mich ab und auf dem Weg erkundige ich mich, wie es ihr geht. Sie meint, ihr Rücken fühle sich merkwürdig an, bereite ihr aber keine Schmerzen. Allerdings sei sie in der vergangenen Nacht mehrmals aufgewacht, weil sie sich draufgelegt habe.
Gut, dann kann es ja weitergehen.
Amandas Quartier ist schnell erreicht und diese lässt uns augenblicklich hinein. Es ist schon alles aufgebaut. Cindy entkleidet sich und legt sich auf die Liege. Gewissenhaft prüfe ich den Rücken. In der Tat sieht das Tattoo gut aus. Der Heilungsprozess geht langsam aber gleichmäßig vonstatten.
„ Gut, gut“, sage ich und baue meine Utensilien auf. „Wie besprochen kommt heute der Gegenpart dazu und eventuell ein paar Tropfen Farbe hinein.“
Cindy nickt und ich mache mich ans Werk.
Amanda wuselt irgendwo hinter mir hin und her. Sie macht mich so nervös dabei, dass ich innehalte, als ich die Grundzeichnung auf Cindys Rücken gebracht habe.
„ Was genau tun Sie da?“, erkundige ich mich, während ich mich umdrehe.
Hinter mir hat Amanda eine Kamera aufgebaut, die sie direkt auf mich hält.
„ Was genau tun Sie da?“, wiederhole ich noch einmal, dieses Mal aber betonter.
„ Ich mache eine Dokumentation für Horus“, erklärt sie kurz. „Das wird ganz toll. Wir filmen, wie Sie Cindy tätowieren, und dann verkaufen wir es ans Fernsehen. Vielleicht bekommen Sie ja Ihre eigene Show. So wie die anderen Tätowierer. Das läuft ab und zu im deutschen Fernsehen, wissen Sie?“
Nein, das wusste ich nicht.
„ Ich will nicht gefilmt werden, Amanda“, erkläre ich entschieden, doch sie hat schon die Dollarzeichen in den Augen.
„ Seien Sie doch nicht so. Wir teilen die Einnahmen. Sagen wir 40 zu 60? Wobei wir 60 Prozent bekommen.“ Ich glaube, ich habe heute wieder heiße Asche im Ohr, versuche mich aber zu beherrschen.
„ Wieso das?“
Sie sieht mich an, als hätte ich den Verstand verloren. „Na, weil wir die ganzen Vermarktungs- und Werbekosten haben.“
Ich stehe auf und lege meine Hand auf die Linse der Kamera. So viel habe ich zumindest schon gelernt. „Ich würde sagen, wir teilen, wenn, dann 100 zu 0 und zwar 100 Prozent für mich.“
Sie starrt mich an. „Das finde ich nicht fair. Wo wir doch die Idee hatten.“ Trotzig sieht sie mich an. Man kann mich zwar filmen, aber die Bilder sind unscharf, ebenso wie Fotografien von mir. Einer der Gründe, warum ich mich von Kameras normalerweise fernhalte.
„ Amanda, bitte“, mischt Cindy sich genervt ein, doch Amanda bleibt begriffsstutzig.
„ Was denn, es war nun mal unsere Idee.“
Während Cindy sich aufsetzt und dabei ein Handtuch um den freien Oberkörper wickelt, trete ich an die Kamera heran und ziehe mit einem kräftigen Ruck die Kabel aus dem Kamerakopf heraus. Das kleine rote Licht erlischt und damit ist sie außer Betrieb.
Trotzdem kein Grund, so zu tun als wenn nichts gewesen wäre. In dem Moment, in dem Cindy vor Amanda klein beigibt, verschränke ich die Arme vor der Brust und lehne mich gegen den kleinen Tisch, auf dem der Laptop mit der nun nutzlosen Digicam steht.
„ Ich werde nicht weiterarbeiten.“
„ Aber das können Sie doch nicht machen!“, kreischt Cindy und Amanda sieht mich verärgert an.
„ Sie kann gar nicht damit aufhören, denn du hast einen Vertrag mit ihr und das Tattoo bereits bezahlt“, erklärt sie kalt.
Ich winke ab. „Das ist kein Problem. Ich kann von hier aus die zu viel bezahlten Beträge zurücküberweisen.“ Ich drehe mich aufreizend langsam zum aufgeklappten Laptop herum. „Das Ding hat doch Internet, oder?“ Genüsslich ziehe ich ihn heran und bewege meine Hand auf das Touchpad zu. Amanda hechtet an meine Seite und versucht mir den Deckel auf die Finger zu drücken. „ Das würde ich lassen“, fauche ich sie an und sie zieht die Hand zurück.
„ Aber ich möchte, dass Sie das Bild vollenden“, erklärt Cindy und sieht mich flehentlich an.
Ich zucke mit den Achseln. „Dann sorgen Sie dafür, dass ich ungestört arbeiten kann.“
Cindy lässt sich das nicht zweimal sagen und wendet sich an Amanda. „Ich will, dass du gehst.“
„ Wie bitte?“ Amanda atmet entrüstet zweimal
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