Nachtchimäre - Fragmente der Dunkelheit (German Edition)
giftet Antonia zurück. „Sage hinterher nicht, ich hätte dich nicht gewarnt.“
„ Gewarnt? Wovor denn?“ Anscheinend hat die vermutete Ohrfeige zwischen den Mädchen keinerlei Einfluss auf ihr Verhältnis untereinander.
„ Ganz einfach. Wenn die nächste Schlampe um die Ecke biegt, wird Ben ihr wieder verfallen und du hast das Nachsehen. Ehefrau hin oder her.“
Ich müsste Antonia wirklich für ihre Weitsicht beglückwünschen – eigentlich. Zum Glück ist mein Name nicht noch einmal gefallen. Der Befehl scheint seine Wirkung zu tun.
„ Vor allem wenn du einen Babybauch hast und so schwerfällig wirst wie ein Walross.“
„ Ich finde Babys süß“, mischt sich Celine ein.
„ Das sind sie auch, wenn man sie wieder abgeben kann. Aber warum sollte ich mir für durchwachte Nächte, Windeln, vollgespuckte Garderobe und ein ewig schreiendes Balg meine Figur ruinieren?“
Harte Worte. Vor allem wenn sie von einer Frau kommen, die meines Erachtens die biologische Uhr nicht mehr ticken hören, sondern deren Paukenschläge nicht mehr ignorieren sollte.
„ Du hast eben kein Herz für Kinder.“ Lorens Stimme ist den Tränen nahe. Anscheinend hat Antonia einen wunden Punkt bei ihr getroffen.
„ Nee, muss ich auch nicht. Vor allem dann nicht, wenn ich mir Ben als Vater und dich als Mutter vorstellen soll.“
Loren schnieft leise. „Ben wäre ein ganz wundervoller Vater und ich eine ganz wundervolle Mutter.“
„ Na sicher …“ Antonia will anscheinend noch etwas sagen, doch Celine unterbricht sie.
„ Hör jetzt auf, Antonia. Du bist einfach nur gemein, seit du zu Silvester mit Ben geschlafen hast. Du bist doch nur eifersüchtig, dass Loren ihn zuerst erobert hat und wärst gerne an ihrer Stelle.“
Loren schweigt betroffen und Antonia erwidert leise: „Ich bin nicht eifersüchtig, aber er hätte mir zugestanden. Ihr wisst doch noch, was wir abgemacht haben, als wir aus Jersey abgehauen sind.“ Betretenes Schweigen am Tisch hinter mir. „Wir suchen uns reiche Männer und wenn wir welche gefunden haben, darf jede mal ran und ihr Glück versuchen. So war die Abmachung. Ihr habt darauf einen heiligen Eid geschworen. Ich habe diese Abmachung nicht gebrochen.“
Da tun sich ja Abgründe auf. Aber mich eine billige Hure nennen. Ts, ts, ts. Langsam habe ich genug von diesen Frauen. Also bezahle ich die halbverzehrte Suppe und gebe als Info an die Küche, dass eine Spur zu viel Salz darin enthalten wäre. Was sicher keine Absicht war, aber ich merke es trotzdem – und es ist die beste Erklärung, warum ich sie nicht aufgegessen habe.
Der Kellner verspricht meine Kritik umgehend in die Küche zu leiten und verabschiedet sich. Als ich aufstehe, kann ich noch einen Gesprächsfetzen vom Tisch hinter mir erhaschen. Anscheinend hat Antonias Appell an das schlechte Gewissen Lorens gereicht, um ihr das Zugeständnis abzuringen, auf die Besuche in Swingerclubs mit möglichem Partnertausch doch nicht zu verzichten, wenn sie Ben endlich geheiratet hat.
Meine Güte, ist das ein Sumpf! Was bin ich doch froh, mich davon noch rechtzeitig gelöst zu haben. Ein Gutes hat die Sache jedoch. In keinem der Sätze, welche sie von sich gegeben haben, war die Rede davon, dass Fay in ihr Treiben verwickelt ist, oder Alex. Bei dem Gedanken daran, dass auch nur eines dieser Weibchen seine unsauberen Finger an meinen Alex legen würde, dann … Ja, dann wäre das Maß voll. Ich schnaube leise, was leider einen erneuten Brechreiz auslöst. Mit schnellen und wenig eleganten Schritten stürze ich zum nächstbesten Damenklo.
Nachdem das Problem gelöst ist und ich mich im Spiegel betrachte, erschrecke ich ein wenig vor mir selbst. Ich bin wirklich blass, nein, wohl eher weiß im Gesicht und kann meine Natur nur mäßig verbergen. Glücklicherweise habe ich geistesgegenwärtig ein wenig Make-up eingesteckt und kann mich mit diesem Hilfsmittel wieder einigermaßen herrichten.
Als mein Blick auf das helle Pulver meines Puders fällt, kommt mir ein gemeiner, aber amüsanter Gedanke. Wer würde die drei Grazien dieses blasierten Kindergartens eigentlich vermissen? Fay sicherlich nicht und Ben auch nicht. Wahrscheinlich wäre er sogar erfreut, wenn er sie nicht heiraten müsste. Einen Moment lang halte ich inne, denn pure Mordlust steht plötzlich in meinen Augen.
Auch wenn ich keine echte Mörderin bin, so bin ich doch ein Raubtier und wer weiß schon, was in den Drogen so alles drin sein kann, die sie zu sich nehmen? Sicherlich
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