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Nachtchimäre - Fragmente der Dunkelheit (German Edition)

Nachtchimäre - Fragmente der Dunkelheit (German Edition)

Titel: Nachtchimäre - Fragmente der Dunkelheit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Myrna E. Murray
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verschwinden, und stelle mich wieder einmal selbst in Frage.
    Nein, ich werde Fay nicht umbringen (lassen). Ich werde „nur“ ihre Erinnerungen an meine Rolle bei den Ereignissen etwas herunterschrauben und mich in ihrem Kopf als leichtes Flittchen aus Bens Gefolge einflechten, welches er nach Silvester abgeschossen hat. Dazu werde ich Desmonds und Sharrolls Erinnerungen anpassen. Irre ich mich, oder brennt das Papier jetzt, wo ich diesen Entschluss gefasst habe, schneller als vorher?
    Die kleine Flamme verdeutlicht mir jedenfalls, dass ich keine kaltblütige Mörderin bin – und auch keine Giftmischerin. Wenn er bei mir bleiben will, dann bitte auf einer anderen Basis – das wird mir sonst zu kompliziert. Sicherlich werde ich ihm mein Geheimnis irgendwann offenbaren, aber nicht so schnell, und vielleicht ist es ja auch gar nicht vonnöten. Noch einmal rufe ich mir ins Gedächtnis, dass es bei Jason und mir auch funktioniert hat.
    Es hat seine Zeit gebraucht, aber es hat funktioniert. So, der kleine Zettel ist gänzlich verschwunden und mit ihm all die unsicheren Fragen. Die Aschereste landen im leeren Weinglas, so dass sie auch niemanden weiter stören. Der leichte Geruch nach Verbranntem scheint mir aber anzuhaften, als ich das Restaurant verlasse. Merkwürdig, wenn man doch bedenkt, dass hier auch Gerichte direkt am Tisch flambiert werden …
     
    Der Weg vom Princess Grill zum Wintergarden Café ist nicht weit, denn beide liegen auf ein und demselben Deck. Ich passiere die Tische der Queens Grill Lounge. Dahinter liegt das auch zu dieser Nachtzeit noch gut besuchte King’s Court Restaurant. Es nimmt den gesamten Mittelkomplex des Deckes ein und hat als einziges Restaurant bisher eine lockere Atmosphäre.
    Hier könnte man eigentlich auch mal essen – lassen. Ich sehe mich um und erkenne, dass dieser Laden tatsächlich das wohl am wenigsten förmliche Restaurant des Schiffes ist. Die Menschen sind normal gekleidet, allerdings erkenne ich auch hier weder Jeans noch T-Shirt. Wir sind also doch noch auf einem Luxusliner.
    Obwohl hier auch Kellner zugange sind, kann ich eine lange Reihe Buffettische erkennen. Die Warmhaltelampen über den Speisen halten das Essen bei Temperatur, jedoch nicht hieß genug, um sich ernsthaft zu verbrennen. Ein kurzer Blick darauf und ich erkenne, dass sich keine unappetitliche Haut darüber gebildet hat. Auch das spricht für den Service an Bord – oder für eine aufmerksame Serviceleitung.
    Was mir hier ebenfalls gefällt, ist die Vollverglasung der Außenwand des Restaurants. Na gut, das Glas wird von schweren Eisenstreben eingefasst, aber immerhin reichen die Glasflächen trotzdem vom Boden bis zur Decke des Decks. Fensterputzen würde ich hier absolut nicht wollen, schießt es mir in den Kopf und ich muss grinsen.
    Langsam an einen leeren Tisch herantretend erkenne ich, dass direkt hinter der Glaswand das Promenadendeck liegt. Es umspannt das gesamte Deck und im Werbeprospekt steht, dass es sich hervorragend eignet, um darauf zu joggen. Allerdings möchte ich den Jogger sehen, der bei diesen Temperaturen seine Runden darauf dreht. Aber, wie heißt es so schön: „Nur die Harten kommen in den Garten.“
     
    Ein Kellner kommt auf mich zu. „Guten Abend, Madam. Suchen Sie einen Tisch?“
    „ Nein, danke. Ich bin auf dem Weg zum Wintergarden Café und habe nur kurz die Aussicht bewundert.“
    Er nickt, verbeugt sich und verschwindet wieder. Ich drehe mich um und wandere weiter. Dabei fällt mir immer mehr auf, wie eng die Tische hier zusammenstehen. Ein vertrauliches Gespräch wäre nur unter sehr großer Geheimhaltung möglich.
    Vielleicht ist dies ja doch nicht der richtige Ort, wenn ich an das erste Gespräch zwischen Ben und Fay im Britannia Restaurant denke oder an das eben zwischen Alex und mir … Da bin ich tatsächlich froh, Zugang zu diesen doch etwas privateren Räumen zu haben.
    Gerade schlendere ich an einer Trennwand vorbei, als ich meinen Namen höre.
    „ Und wenn ich es euch doch sage, er kann sich nicht an sie erinnern.“ Lorens Stimme klingt ganz aufgeregt.
    „ Ja, aber wie kann das denn sein? Ich meine, er hat sie doch angeschleppt.“ Antonias Bass.
    „ Mir war sie von Anfang an nicht geheuer.“ Ah, das muss Celine sein.
    … und da sind sie wieder, meine drei Probleme. Man kann hier wirklich nicht durchatmen. Vielleicht ist es doch nicht so schlimm wie gedacht? Ich spitze die Ohren und blicke wie zufällig hinter die Trennwand. Da sitzen sie, die drei

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