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Nachtchimäre - Fragmente der Dunkelheit (German Edition)

Nachtchimäre - Fragmente der Dunkelheit (German Edition)

Titel: Nachtchimäre - Fragmente der Dunkelheit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Myrna E. Murray
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lassen sich Menschen finden, die für genug Geld das eine oder andere in ihre Mischungen mogeln – als ganz speziellen kleinen Gruß. Ja, das wäre was. Dann hätte sich die Sache auf jeden Fall erledigt. Schon merkwürdig, was man so vor sich hin fantasiert. Aber wir sprechen hier immerhin von meinem Alex.
    Trotzdem sollte ich mich noch einmal zur Vorsicht mahnen. Normalerweise neige ich nicht zu Übermut. Doch meine, ich sage mal „Patzer“, häufen sich. Vermutlich war es reines Glück, dass mein letzter Befehl funktioniert hat, und man sollte sein Glück nicht überstrapazieren. Ich klammere mich an der marmornen Fläche des Waschbeckens fest und entblöße meine Zähne. Fürchtet euch – fürchtet euch sehr!
    Mein Gespräch mit Jason wird immer dringlicher. Wenn mir jemand helfen kann, dann er. Ach Jason. Aber bitte nicht vom Damenklo aus. Erinnerungen an unsere ersten Tage steigen in mir auf und bevor man mich noch paralysiert hier auf dem Klo findet, mache ich kurzerhand einen Abstecher auf das kalte Promenadendeck. Außerdem will ich mit diesen Gedanken alleine sein.
     
    Die Zeit nach meiner direkten Umwandlung war informativ und sehr aufregend für mich. Bald machten sich bei mir jedoch Dinge bemerkbar, die bei jedem unserer Art unterschiedlich ausgeprägt sind. Da Jason sich nun wieder öfter in der Gesellschaft der wenigen ihm bekannten Vampire aufhielt, stellte ich schnell fest, dass man mich sehr in Rage bringen konnte, wenn es um religiöse Themen und den Versuch ging, mir den sogenannten „richtigen christlichen“ Glauben aufzudrängen.
    Meine Wut war heiß und ungebändigt, und ich lernte mühsam sie zu kontrollieren. Doch sosehr ich mich auch bemühte, ich war nicht in die gehobene Gesellschaft der anderen Vampire geboren worden. Mir fehlten deren Eleganz und ihr Gespür für die Schwachstellen eines Gegenübers. Es stimmt, was man sagt: Man kann ein Straßenkind von der Straße holen, die Straße jedoch nie aus dem Kind. Ich versuchte einige Strategien und nach und nach eignete ich mir die kleinen Tricks der Gesellschaft an, um nicht wie ein Bauerntrampel dazustehen.
    Irgendwann ergab es sich, dass ich in dem Unterschlupf eines anderen Vampirs residierte und auf Jason wartete. Der andere und ich waren dort völlig alleine und ich wurde zusehends nervöser. Der andere ging seinem Tagesgeschäft nach und beachtete mich fast gar nicht, dennoch fühlte ich langsam Angst mein Rückgrat hochkriechen. Am stärksten war es, wenn der andere sich zwischen mir und der angelehnten Tür bewegte und mir damit quasi den Fluchtweg versperrte. Ich versuchte die Furcht zu unterdrücken und herauszubekommen, was genau mir solche Angst machte, doch ich fand nichts.
    Ich ließ mich von Jason in einen kleinen Raum einschließen, um herauszubekommen, ob ich Angst vor dem Raum gehabt hatte. Doch nichts geschah, ich fühlte mich sogar sicher alleine darin. Das Experimentieren ging also weiter. War ich mit Jason alleine in einem geschlossenen Raum, geschah auch nichts. Also musste es an dem Unterschlupf des anderen gelegen haben. Ich fragte Jason, ob wir ihn noch einmal „besuchen“ konnten und er mich dann kurz mit seinem Freund alleine ließe.
    Er wunderte sich, willigte aber ein. Als er sich nach einer Weile höflicher Konversation unter einem Vorwand entschuldigte und mich alleine mit dem anderen ließ, kam die Angst langsam wieder. Also das war es. Ich erinnerte mich an den anderen Mann, der mich bedrängt, den Fluchtweg abgeschnitten und mir seinen Willen aufgezwungen hatte. Wieso war ich nicht schon vorher darauf gekommen?
    Ich atmete sichtlich auf, denn jetzt kannte ich meine stärksten psychologischen Schwachstellen und konnte versuchen, sie auszuloten. Der Situation einfach aus dem Weg zu gehen erschien mir damals keine praktikable Lösung. Also wartete ich auf Jason, teilte ihm meine Erkenntnis mit und gemeinsam verließen wir die Gegend. Er wollte zurück nach New Orleans. Ich hatte zwar Angst davor die Stadt wiederzusehen, doch ich war nicht feige.
    Es hatte sich fast nichts verändert. Es war mein New Orleans und meine Erinnerungen waren fast identisch mit dem, was ich vor mir sah. Ich zeigte Jason das Haus, in dem ich aufgewachsen war, und ein Schauer überkam mich, als ich daran dachte, dass über jeder der Türen ein Kreuz gehangen hatte. Auch ging ich den Kirchen aus dem Weg. Ich ertrug es nicht, daran zu denken, was sich in ihrem Inneren befand.
    In Jasons Gesellschaft vergingen die Nächte

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