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Nachtchimäre - Fragmente der Dunkelheit (German Edition)

Nachtchimäre - Fragmente der Dunkelheit (German Edition)

Titel: Nachtchimäre - Fragmente der Dunkelheit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Myrna E. Murray
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schneller, als ich sie zählen konnte. Ich bewegte mich nun recht sicher in der vampirischen Gesellschaft. Natürlich stieß ich manchmal an, doch konnte ich mich schnell und meist ohne Gefahr aus der Affäre ziehen. Auch entdeckte ich meine „tierische“ Natur und meine Vorliebe, meine „Beute“ zu jagen beziehungsweise vorher mit ihr zu spielen. Oft war ich auch furchtbar neugierig und versuchte den Dingen so schnell wie möglich auf den Grund zu gehen.
    Im Frühjahr 2005 hatte Jason die Staaten satt und so erklärte er mir, dass ich nun frei sei. Frei mich selbst zu bewegen und meine eigenen Entscheidungen zu treffen. Ich war wie vom Donner gerührt, denn auf der einen Seite hatte ich mir das schon lange erhofft. Auf der anderen Seite wollte ich noch nicht allein sein. Tja, und so ergab ein Wort das andere und zum Schluss war die Situation … verfahren.
    Für ihn gab es keine Diskussion. Er wollte zurück nach Europa gehen. Sein Ziel: England. Die politische Lage hatte sich auch hier im Land verändert, so dass die wenigen Vampire, welche in der Stadt lebten, große Probleme hatten, ihre Leute bei der Stange zu halten. „Das ist zwar etwas weiter weg, aber nicht aus der Welt“, wie er betonte. „Außerdem wird es Zeit, dass du für dich selbst Verantwortung übernimmst.“ Er sagte es mit einem Schmunzeln, doch das änderte nichts an der Tatsache, dass er gehen und ich ihn vermissen würde. Auch wenn ich mir das gerade eben erst eingestanden hatte.
     
    Nachdenklich sehe ich auf das Wasser. Die ersten beiden Versuche zu ihm Kontakt aufzunehmen sind fehlgeschlagen, aber so schnell gebe ich nicht auf. Während ich mich gerade zu dem Entschluss durchringen will, in die Kabine zu gehen und das längst überfällige Gespräch nachzuholen, nähern sich mir einzelne leichte Schritte. Jemand versucht über das Deck zu schleichen, was bei den kleinen Eiskristallen, die im Holz stecken, ein Ding der Unmöglichkeit ist. Apropos Eiskristalle. Wie lange bin ich jetzt schon hier draußen und das in relativ leichter Kleidung? Schnell schlinge ich die Arme um mich und drehe mich fröstelnd um.
    Ein Mann kommt auf mich zu. Dick eingepackt in eine Daunenjacke und in schweren, wetterfesten Stiefeln. Es dauert ein paar Augenblicke, dann erkenne ich Christopher Summers. Der hat mir gerade noch gefehlt. Ich mache ein paar Schritte von der Reling fort und auf die Verbindungstür zum Deck zu.
    Er scheint meine Bewegung jedoch bemerkt zu haben und ändert seinen Kurs so, dass er zwischen mir und der Tür zum Stehen kommt. Na prima!
    „ Miss Ashton“, spricht er mich an, „auf ein Wort.“
    Gelassener als ich mich fühle gebe ich zurück: „Sehr gerne, aber bitte drinnen. Es ist sehr kalt hier draußen und mich friert.“
    Ich mache einen Schritt auf die Tür zu, doch er weicht nicht von der Stelle.
    „ Ich habe Sie beobachtet, und wissen Sie was? Sie sind jetzt schon grob 20 Minuten hier draußen. So ganz ohne Jacke und nur relativ dünn gekleidet. Ich habe nicht den Eindruck, dass Ihnen kalt ist.“ Mist! Mist! Mist!
    „ Das täuscht. Meine Garderobe ist dicker, als es den Anschein hat. Aber nun ist mir tatsächlich kalt und ich würde Sie bitten, mich hineinzulassen.“
    Provozierend baut er sich nur noch breiter vor der Tür auf.
    „ Sie sind wenig überzeugend in Ihrer Rolle“, erklärt er und ich huste demonstrativ.
    „ Wenn ich mir eine Lungenentzündung oder gar den Tod hole, mache ich Sie dafür verantwortlich“, gebe ich giftig zurück.
    „ Das nehme ich dann gerne auf mich.“
    Na super. Für einen Moment überlege ich, ob ich nicht einfach gehen sollte. Vermutlich würde das aber wenig bringen. Also trete ich die Flucht nach vorne an.
    „ Was wollen Sie von mir? Machen Sie es bitte kurz. Wie gesagt, mir ist kalt.“
    Er scheint ganz die Ruhe selbst zu sein. „Wissen Sie, seit wir Sie getroffen haben überlege ich, woher ich Ihr Gesicht kenne.“ Aha.
    „ Und das ist ein Grund, mich hier in der Kälte stehen zu lassen?“
    Er verschränkt die Arme vor der Brust. „Ich habe lange darüber nachgedacht und ich hätte da noch ein paar Fragen an Sie.“
    „ Wie reizend. Ich würde das aber tatsächlich lieber drinnen besprechen.“
    Es liegt ein klein wenig geistige Gewalt im Wort „drinnen“, doch sie perlt an ihm ab wie Wassertropfen auf Schilfblättern. Was ist das denn? Um meine Absichten zu unterstützen, trete ich von einem Fuß auf den anderen, während ich meine Arme um mich geschlungen habe und

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