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Nachtchimäre - Fragmente der Dunkelheit (German Edition)

Nachtchimäre - Fragmente der Dunkelheit (German Edition)

Titel: Nachtchimäre - Fragmente der Dunkelheit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Myrna E. Murray
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Grazien, und brüten anscheinend über mich. Das muss ich mir doch genauer anhören. Einen Ober herbeiwinkend lasse ich mich an einem Tisch nieder, der direkt im Rücken der Trennwand liegt.
    Schnell nimmt er meine Bestellung auf: Wasser und eine Tomatensuppe ohne Croutons. Er verschwindet und ich wende mich innerlich wieder dem Gespräch zu. Äußerlich hinterlasse ich den Eindruck einer mäßig interessierten Passagierin, welche sich die gerahmten Bilder betrachtet.
    Na, dann mal los. Die erste Runde Schicksal gegen stümperhaftes Verhalten ist eingeläutet. Yeahr!
     

 
     
    47. Ernsthafte Bedrohung
     
    „ Ich sage es noch einmal, Loren: Er kann sie doch nicht so einfach vergessen haben.“ Antonias Stimme wirkt ungeduldig.
    Anscheinend sieht Loren sie lange an, denn es entsteht eine Pause, bevor sie antwortet. „Aber wenn ich es dir doch sage.“ Ein Stuhl wird zurückgeschoben. „Ich war vorhin bei ihm. Er klagte übrigens über Kopfschmerzen und Übelkeit, der Arme.“ Ach ja, armer Ben. Ich muss mir ein Grinsen verkneifen.
    „ Wir sprachen über die Hochzeit und ich habe ihn gefragt, ob er Miss Ashton auch als Gast haben möchte, und wisst ihr, was er sagte? ‚Wer ist das denn?‘!“
    Erstauntes Schweigen auf der anderen Seite. Mist! Mist! Mist!
    Loren fährt fort. „Ich sage: ‚Aber Liebling. Das ist die freundliche Person, die dir die Suite hier verschafft hat.‘“
    Antonia schnaubt; das erkenne ich daran, dass sie ohne Umschweife fortfährt: „Freundliche Person? Ich muss mich schon sehr wundern, Loren. Vorgestern hast du die noch eine billige Hure genannt und ihr am liebsten die Syphilis an den Hals gewünscht.“ Hört, hört.
    „ Ach das, das war nur so dahergesagt“, verteidigt sich Loren, doch Antonia lässt nicht locker.
    „ Oh nein, Liebes. Du hast sie gehasst, und jetzt soll das alles nicht mehr wahr sein?“
    Celine stimmt ihr zu. „Das ist wahr, Loren. Allein schon wegen der Geschichte mit Sharroll und weil sie dafür gesorgt hat, dass Ben in seiner Suite festgesetzt wurde.“
    Schweigen entsteht und ich versuche fieberhaft mich daran zu erinnern, was ich ihr geistig eingetrichtert habe und inwiefern dies dem widerspricht, was ihre Freundinnen ihr jetzt berichten. Auch hoffe ich inständig, dass meine Barrieren um ihre aufgewühlten Gefühle halten.
    „ Aber das weiß ich doch alles“, verkündet Loren und ich halte den Atem an. „Ich war dabei, falls ihr euch erinnert.“
    Erleichterung bei den anderen Mädchen. „Na also, und woher nun dein Sinneswandel?“
    „ Wir haben uns ausgesprochen.“ Verdammt nochmal, Mädchen, jetzt mach es nicht so spannend. Meine Suppe kommt und ich bin für einen Moment unkonzentriert.
    Als ich jedoch mein Lauschen wieder aufnehme, müssen Antonia oder Celine etwas Ähnliches gefragt haben.
    „ Ich habe sie auf ihren Platz verwiesen.“ Lorens Stimme ist kühl und nichts deutet darauf hin, dass meine Barrieren um ihren Geist gebrochen sind. Doch man soll den Tag ja nicht vor dem Abend loben, also höre ich weiter zu, während ich gedankenverloren die Suppe zu löffeln beginne.
    Dabei beginne ich mit dem Notfall-Plan B. Konzentriert taste ich nach den Geistern von Antonia und ihrer Tischnachbarin. Innerlich angespannt und aufgeregt, ob das tatsächlich über diese Distanz und ohne direkten Augenkontakt funktioniert, formuliere ich einen einfachen Befehl: „Glaubt Loren und vergesst Christa Ashton. Sie war nur ein Spielzeug für Ben.“
    Ich stoße auf Widerstand und überwinde ihn zweimal mit einem enormen Maß an Selbstdisziplin.
    Meine Hand verkrampft sich um den Löffel, und unter Aufbietung all meiner geistigen Kräfte wird die Luft um mich herum zum Schneiden dick. Ich keuche beinahe vor Anstrengung auf, als es mir endlich gelingt, den Befehl tief in beide Geister einzupflanzen. Ganz langsam und möglichst ohne den aktuellen Gedankenfluss beider zu unterbrechen, ziehe ich mich zurück. Das kostet mich beinahe noch mehr Kraft als das Eindringen in beide Köpfe, denn nun muss ich zusehen, dass ich meine Gedankenstrukturen bei mir behalte.
    Das Letzte, was mir fehlt, sind die unausgegorenen Ideen dieser beiden Weiber. Endlich ist es geschafft und ich sinke erschöpft gegen die Wand. Mein Herz hämmert und Schwäche macht sich in mir breit, die stets vor dem großen Hunger kommt. Bens Blut war nahrhaft und es hat mir die Kraft gegeben, dies zu vollbringen. Jetzt jedoch, nach diesem geistigen Kraftakt, ist es beinahe verbraucht und mein

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