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Nachtchimäre - Fragmente der Dunkelheit (German Edition)

Nachtchimäre - Fragmente der Dunkelheit (German Edition)

Titel: Nachtchimäre - Fragmente der Dunkelheit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Myrna E. Murray
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einfällt. „Also kann es unmöglich Ihre Schwester gewesen sein, genauso wenig wie ich es bin. Es ist einfach unmöglich.“ Basta!
    „ Nichts ist unmöglich, wenn man glaubt. Jesus ist schließlich auch übers Wasser gegangen.“ Das Alarmsirenenkonzert in meinem Kopf nimmt an Gewalt zu, vor allem weil es nun Unterstützung von zwei sich gegenseitig bekriegenden Impulsen erhält.
    Der eine Impuls will sich auf ihn stürzen und ihm die Kehle herausreißen. Der andere will vor ihm fliehen. Beide sind so gegenläufig, dass ihr Zusammentreffen einen hoch emotionalen Cocktail bildet. Ganz ehrlich, normalerweise mag ich diesen Jagdimpuls, weil er mich auf Trab bringt. Jetzt jedoch verwünsche ich meinen Körper dafür. Auch verstehe ich nicht ganz, was meinen Instinkt gerade jetzt, wo ich kalt und überlegt handeln müsste, dazu bringt, so völlig über die Stränge zu schlagen. Je nachdem, welche Emotion gerade eine Spitze hat, fühle ich mich aufgeputscht oder bewegungsunfähig.
    „ Der Freund der Familie ist sich da ganz sicher und ich muss gestehen, Miss Ashton, wenn ich Sie so beobachte, dann liegt mir der Verdacht nahe, das Sie es doch sein könnten.“
    Er fixiert mich und ich erwische zum Glück ein emotionales Hoch. Mutiger als ich mich fühle und mehr von Aggression vorwärtsgetrieben als von Angst zurückgehalten, mache ich einen Schritt auf ihn zu.
    „ Ich sage Ihnen das jetzt nur einmal, Sir.“
    Seine Augen sind den meinen ungemein ähnlich. Beinahe scheine ich in einen Spiegel zu schauen und für den Bruchteil von einer Sekunde verliere ich den Boden unter den Füßen, doch dann ist es vorbei und ich bin wieder Herrin meiner selbst. Ich muss zu ihm aufschauen, aber das schreckt mich nicht.
    „ Mein Name ist Christa Ashton – nicht Christina Dalton. Das mag ähnlich klingen, identisch ist es aber auf gar keinen Fall!“ Das ist so keine Lüge. „Ich bin nicht Ihre Schwester und ich werde es auch nie sein.“ Beinahe keine Lüge, es geht also durch. „Es tut mir leid, dass Sie anscheinend im Schatten einer verschollenen Schwester aufgewachsen sind. Aber wenn Sie nicht aufhören sich in diese fixe Idee hineinzusteigern, werden Sie niemals glücklich werden mit Ihrer Frau.“ Noch einmal lege ich mehr Nachdruck in meine Worte, als mir lieb ist, denn es kostet mich Kraft.
    Einen Moment lang starrt er mich an, will dann etwas erwidern, doch ich schneide ihm das Wort ab.
    „ Ich werde jetzt hineingehen und mich zu Bertas Bridge Club setzen. Oder haben Sie etwas dagegen?“ Nicht nachlassen jetzt! Es mag sich vielleicht zu brav anhören, aber zu mehr bin ich gerade weder emotional noch kräftemäßig imstande. Vielmehr hält ihn diese kalte und etwas emotionslose Ansage mehr auf Distanz, als es jeder Ausraster getan hätte.
    Kurz erkenne ich, dass er sogar von mir beeindruckt ist und es ihm im Stillen schon leidtut, auf seine Frau gehört und mich hier abgepasst zu haben. Ja, schäm dich! Er will mir glauben, das kann ich sehen. Also gibt er seinem Ideal nach und macht mir den Weg frei. Nun tatsächlich frierend stakse ich an ihm vorbei.
    „ Sie dürfen mir jetzt die Tür aufmachen, denn ich bin dazu nicht mehr fähig.“ Er nickt. „Und ich erwarte eine Entschuldigung.“ Ein halbes Nicken. „Außerdem dürfen Sie mir jetzt einen Tee oder ein ähnliches Heißgetränk besorgen, damit ich mich aufwärmen kann.“
    Das findet seine Zustimmung. Langsam nickt er.
    „ Vielen Dank.“ Meine Worte triefen vor Sarkasmus. „Und wie gesagt, wenn ich mir eine Lungen- oder Blasenentzündung geholt habe, dann verklage ich Sie auf Schmerzensgeld.“ Jetzt sieht er mich ganz groß an und ich setzte noch einen drauf. „Sie kennen meinen Anwalt ja mittlerweile.“
    Mit diesen Worten auf den Lippen drehe ich mich auf dem Absatz um und lasse ihn stehen. Die Wärme, die mir entgegenschlägt, ist wie eine Wand, die mich aufhält und zurückprallen lässt. Vor mir liegen rechter Hand die Aufzüge und linker Hand der Eingang zum Café.
    Ich entschließe mich für das Café. Schließlich will ich ihm weder verraten wo meine Kabine ist, noch die Genugtuung verschaffen mir nichts ausgeben zu dürfen. Als ich es betrete, rinnen mir kleine Wassertropfen in den Nacken, als mein Haar anfängt wieder aufzutauen. Das Schaudern als Reaktion darauf ist nicht gespielt.
    Meine Hände sind klamm und mein Gang etwas abgehackt. Auch meine Muskeln sind den Naturgewalten bis zu einem gewissen Grad unterworfen. Zugegeben, gerade jetzt, wo

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