Nachtchimäre - Fragmente der Dunkelheit (German Edition)
unschuldig anzusehen. „Wieso?“
„ Es scheint ganz so, als hätte er dich vollständig vergessen.“ Ja, das weiß ich schon.
„ Loren übrigens auch.“ Es liegt etwas Abschätzendes in seiner Stimme.
Ich versuche es mit ein wenig Auflockerung. „Tja, so kann es gehen. Er wird mich wohl einfach vergessen haben, der Treulose.“ Ups, das waren die falschen Worte, denn sein Blick verschließt sich.
Alex wirft mir einen schalen Seitenblick zu. „Als ob er dich vergessen könnte.“
Oh, ein Kompliment, aber auf welchem Weg. Ich lege ihm die Hand auf den Arm und er blickt mich fragend an.
„ Ich verstehe nicht, was das zu bedeuten hat, Christa – Christina. Aber ich finde es merkwürdig und ich bin mir sicher, dass du es erklären könntest.“
Ich zucke ein Stück weit zusammen. „Das gehört zu den Dingen, die wir später besprechen wollten, erinnerst du dich?“
Er mustert mich. „Noch mehr Geheimnisse?“ Wenn du nur wüsstest.
„ Ich habe dir gesagt, dass es nicht so einfach ist.“
Sein Blick wird weicher. „Das hast du.“
„ Es war mein voller Ernst.“
Er nickt. „Daran habe ich keinen Moment gezweifelt.“ Noch einmal nimmt er mich in den Arm und zieht mich fest an sich. „Ich werde dich nicht verlassen, egal, was du angestellt hast.“
Wie süß – aber Moment mal, wie kommt er darauf, dass ich etwas angestellt habe? Ach ja, Bens Gedächtnisverlust. Ups.
Als er mich loslässt, halte ich seine Hand noch kurz fest und blicke ihn lange an. „Warum wollen wir immer das, was nicht gut für uns ist?“
Er blickt mich verwegen an und ich erwarte halb eine Erwiderung im Sinne von „Du willst mich?“ Aber das wäre nicht Alex.
Stattdessen erwidert er: „Wer weiß schon immer, was schlecht für uns ist?“
Ich grinse. „Na, Ben ist es offensichtlich.“
Er macht einen zustimmenden Laut. „Schön, dass du das auch so siehst.“
Damit lässt er mich stehen und wendet sich der Windsdon Suite zu.
„ Ich werde Fay holen gehen“, erklärt er und klopft dort an die Tür. Fay öffnet sofort und tritt ebenfalls aus der Kabine. Es scheint so, als hätte sie direkt hinter der Tür auf uns gewartet, aber das ist absurd. Auch sie ist ganz in Schwarz gekleidet. Aber eher im Morticia-Addams-Look was ihr ein geheimnisvolles Aussehen verleiht. Wenn man es genau betrachtet, dann passt dieses Outfit wohl eher zu dem Gehrock als meins. Aber ich will mal nicht so sein. Wahrscheinlich gab es diese Kombination nur für „Paare“.
Sie sieht mich und erstarrt leicht. „Oh Christa, Sie sehen bezaubernd aus.“
Ich bedanke mich artig und Alex gesellt sich zu uns. „Darf ich bitten, Ladies?“
Mit einem selbstbewussten Gesichtsausdruck reicht er jeder von uns einen Arm und wir steigen zu dritt in den Fahrstuhl.
Auf Deck 3 erregen wir großes Aufsehen, obwohl sich jeder der Gäste für die Party mehr oder weniger stilvoll gekleidet hat. Da wir den Queens Room durchqueren müssen, bevor wir zum G32 kommen, in dem die Party stattfinden soll, sind wir den Blicken der normal gekleideten Besucher schonungslos ausgeliefert. Nichts, was ich nicht das eine oder andere Mal bereits erlebt hätte.
Davon irritieren lassen wir uns jedoch nicht und so schreiten wir in stiller Würde am Orchester vorbei und durchqueren den Raum. Plötzlich baut sich eine ältere Dame vor uns auf. Sie hält eine Kamera gezückt im Anschlag.
„ Sie sehen so wunderschön aus. Darf ich ein Foto von Ihnen machen?“, erkundigt sie sich und wir nicken einvernehmlich.
Aus dem einen Foto wird ein wahres Blitzlichtgewitter und Fay und ich denken uns immer neue Posen aus, um die vielen Kameras zu befriedigen. Allerdings ist da der kleine Wermutstropfen, dass die Bilder wohl unscharf oder verwackelt sein werden. Alex lässt alles mit einem stillen Lächeln über sich ergehen und spielt brav die Rolle, welche wir ihm zuteilen.
Als die Lust der Meute befriedigt ist, schlendern wir am kalten Buffet vorbei und hin zum Eingang des G32. Dessen Türen sind weit geöffnet und bleich geschminkte Gestalten heißen uns willkommen. Fay und Alex überschreiten die Schwelle, doch ich bleibe davor stehen. „Was ist?“ Alex dreht sich um und sieht mich an.
„ Nun ja“, erkläre ich mit leicht zerknirschtem Gesichtsausdruck. „Ein Vampir muss hineingebeten werden.“
Gerade als einer der Türsteher etwas dazu sagen will, kommt Alex ihm zuvor und spricht die drei magischen Worte aus: „Komm doch herein.“
Die Party ist ein voller
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