Nachtchimäre - Fragmente der Dunkelheit (German Edition)
wundervoll aus?
„ Absolut.“ Seine Stimme ist kultiviert. Da er meine Gedanken nicht lesen kann und mir sein Name nicht wirklich einfach über die Lippen kommt, beschließe ich just in diesem Moment, ihn für jetzt und in alle Zeit in meinem Gedanken einfach Alex zu nennen „Sie haben einen ausgesprochen exquisiten Geschmack, Miss Ashton.“
„ Vielen Dank Mr. von Hohenau.“ Wenn man die letzten drei Silben ein bisschen zusammennuschelt, dann kriegt man den Namen fast ohne Probleme über die Lippen.
„ Ich möchte mich wirklich noch einmal bei Ihnen bedanken, Christa. Ohne Sie hätte ich wohl die Überfahrt in einer winzigen Kabine verbracht und meine Pläne für die After-Silvester-Party ändern müssen.“ Ben grinst mich an und ich ziehe eine Augenbraue hoch.
„ After-Silvester-Party?“
„ Ja“, er strahlt über beide Ohren. „Eine kleine Feier, im privaten Kreis und nur für Freunde. Es ist Tradition, wissen Sie.“
Ich lächele ihn an. „An Traditionen ist nichts Falsches“, erkläre ich. „Sie zu ehren heißt, sich selbst zu ehren.“
„ Hört, hört!“ Bens Lippen verziehen sich zu einem breiten Grinsen. „Würde es Sie freuen, auch daran teilzunehmen?“
Wie ich seinen Blick deuten soll, weiß ich nicht. Auf jeden Fall liegt etwas Berechnendes darin. „Ich weiß nicht, Ben. Wir kennen uns doch erst wenige Augenblicke. Sagten Sie nicht, es wäre eine Party allein für Freunde?“
Wieder lächelt er. „Gegen neue Freunde ist auch nichts einzuwenden. Genauso wenig wie gegen Traditionen. Nicht wahr?“
Verschwörerisch blickt er mich an, nimmt meine Hand und reibt seinen Daumen sanft über den meinen. Aha, so eine Party also. „Ich würde mich sehr geschmeichelt fühlen, wenn Sie mir die Ehre erweisen, diese an meiner Seite zu verbringen.“ Er setzt den verschlagenen Blick eines satten Katers auf, der eine leichte Beute wittert und ich entziehe ihm meine Hand.
„ Ich werde gerne darüber nachdenken, Ben. Doch vielleicht sehen wir erst einmal wie dieser Abend verläuft.“
„ Eine diplomatische und zugleich freundlich vage Antwort. Respekt, Verehrteste.“ Eine schlanke Frau mit wilden honigfarbenen Locken und einem etwas schlichteren Catsuit tritt an Bens Seite und lächelt mir zu. „Darf ich mich vorstellen?“, sie reicht mir die Hand. „Felicitas Woodenbrock.“ Sie legt Ben einen Arm um die breiten Schultern. „Mein jüngerer Bruder hat mir schon von Ihnen berichtet.“ Ich schüttele die angebotene Hand.
„ Christa Ashton, sehr erfreut.“
„ Die Freude ist ganz auf meiner Seite, Miss Ashton.“
In ihrem Lächeln ist etwas Merkwürdiges. Sie scheint mich abwägend einzuschätzen und unsere Blicke treffen sich. Ich erkenne charakterstarke Menschen schnell und bin mir nicht sicher, wie ich am besten mit ihr umgehe. Sie betrachtet mich mit einer Mischung aus Neugierde und abschätzendem Interesse; es liegt aber auch eine Warnung in ihrem Blick, die ich noch nicht zuordnen kann. Ich beschließe, mich später intensiver mit ihr zu beschäftigen, und nehme einen Schluck. Mittlerweile haben sich die anderen Begleiter um uns geschart und Ben sucht meine Aufmerksamkeit.
„ Du kannst sie später noch aushorchen, Fay. Jetzt möchte ich ihr erst einmal unsere Freunde vorstellen.“
Felicitas nimmt ihren Arm von seiner Schulter. „Das halte ich für eine gute Idee, Ben.“
Sie tritt einen Schritt zurück und Ben stellt sie mir vor: den Diamantohrringe verschenkenden Nigel und Loren, die Malibu Barbie. Scott und Antonia, Paul und Celine und Desmond. „Seine jüngere Schwester Sharroll gehört noch dazu“, setzt Ben hinzu. „Die ist aber schon zu Bett gegangen.“ Desmond sieht erleichtert aus, reicht mir die Hand, und Ben raunt mir zu: „Sie verbringt ihre Schulzeit auf einem Eliteinternat und seine Eltern wollten, dass er sie mitnimmt.“ Ich lächele Desmond an.
„ Das ist bestimmt aufregend für sie, oder? So ganz ohne Ihre Eltern.“
„ Sie findet es sicher ...“, er sucht nach den richtigen Worten und rettet sich dann in ein langgezogenes: „aufregend?“ Er zuckt mit den Achseln und schaut demonstrativ auf seine Uhr. „Es wurde Zeit für sie, ins Bett zu gehen. Schließlich ist sie noch ein Kind.“
„ Wie alt ist sie denn?“, erkundige ich mich.
Er verzieht die Augenbrauen. „Sie ist 16.“
„ 16?“, wiederhole ich und Desmond nickt.
„ Sie hat sicher alleine zurück in die Kabine gefunden. Ich meine, was kann ihr schon groß passieren. Immerhin
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