Nachtchimäre - Fragmente der Dunkelheit (German Edition)
verdammt ernst ein Zeichen zu setzen.
„ Zuerst Sie, Christa …“ – Was glaubt er eigentlich, wer er ist? Meine Geheimnisse sind nur für mich bestimmt und das eine oder andere gehört an schmiedeeiserne Ketten hinter stahlverstärkten Panzertüren. So einfach ist das. Das Raubtier in mir ist meiner Meinung. Es gähnt herzhaft und rollt sich wieder zum Schlafen zusammen. Dennoch bin ich aufgewühlter als mir lieb ist. Das verdammte Kleid scheint sich zwischen meine Beine zu rollen, so dass ich meine Schritte verlangsamen muss um nicht zu straucheln. Das ist ärgerlich, aber wenigstens ist mir damit ein Sturz erspart geblieben.
Nachdem ich ein paar Schritte gegangen bin und fast den unteren Eingang zur Bar erreicht habe, bemerke ich Schritte hinter mir. An der Tür bleibe ich stehen und gebe meinem Verfolger die Möglichkeit aufzuschließen. Alex und Felicitas steuern direkt auf mich zu. Ben scheint im Hintergrund immer noch nicht verstanden zu haben, dass ich tatsächlich gegangen bin.
„ Warten Sie bitte, Miss Ashton“, spricht Alex mich an und ich mache keinen Hehl aus meiner schlechten Laune. Mein Blick ist finster und ich verschränke die Arme abweisend vor der Brust. „Sie müssen seiner Lordschafts Verhalten entschuldigen“, beginnt Alex sichtlich verlegen und Felicitas steht ihm helfend bei.
„ Mein Bruder ist manchmal einfach etwas ...“, beginnt sie und unserer drei Antworten erklingen gleichzeitig: „Aufdringlich“, sage ich, „plump“, tönt es von Alex einlenkend und „unmöglich“, beendet Felicitas ihren Satz.
Wir sehen uns an und einvernehmliches Schweigen entsteht.
„ Sie verstehen anscheinend, was ich sagen will.“ Alex sieht mich leicht lächelnd an. „Ich denke, es war einfach ein schlechter Start.“ Er und Felicitas warten auf eine Antwort.
„ Nur um das klarzustellen“, beginne ich. „Nur weil er mir ein Kleid gekauft hat, heißt das nicht, dass ich ihm automatisch gestatte, mich zu berühren.“
„ Natürlich nicht ...“, beginnt Alex, doch ich hebe die Hand und schneide ihm damit das Wort ab.
„ Des Weiteren bin ich weder an kindischen Machtspielchen interessiert, noch daran, über meine persönlichen Angelegenheiten ausgefragt zu werden.“
Felicitas nickt.
„ Das ist nur zu verständlich“, bestätigt Alex, während Felicitas mich mit aneinandergelegten Fingerspitzen weiter beobachtet.
Ich trete einen Schritt weiter auf beide zu. „Also, wenn ich mich tatsächlich dazu entschließen sollte, diese Bekanntschaft aufrechtzuerhalten oder gar zu vertiefen, dann nur zu meinen Bedingungen.“
Alex sieht mich nur abwartend an, während Felicitas leise in die Hände klatscht. „Sie gefallen mir, Miss Ashton. Endlich mal jemand, der sich nicht von Geld und Titeln beeinflussen lässt.“ Sie lächelt mich an. „Ich fände es schade, Sie nicht weiter kennen lernen zu dürfen.“ Sie dreht sich zum Gehen um. „Denken Sie darüber nach. Vielleicht können Sie ja meinem Bruder Manieren beibringen. Was meinst du, Alex?“
Dieser mustert mich nach wie vor. „Das muss Miss Ashton alleine entscheiden, Felicitas. Ich denke jedoch, dass wir ihr dabei zur Seite stehen werden.“
Ich sehe beide an. „Was soll das heißen?“
Felicitas ist schon fast wieder im Club, doch ich kann ihre Worte dennoch hören. „Dass wir Ihre Rückendeckung wären ...“
Sie ist verschwunden und Alex mustert mich immer noch mit seinen merkwürdigen Augen. „Es ist allein Ihre Entscheidung, Miss Ashton.“ Er deutet eine Verbeugung an und folgt seiner Begleiterin zurück in den Nachtclub.
6. Geheimnisse
„ Geheimnis gegen Geheimnis, Miss Ashton, und Sie fangen an.“ Auf dem Weg zurück in meine Kabine gehen mir Bens Worte einfach nicht mehr aus dem Kopf. Sie sind ungefähr so aufdringlich wie eine Melodie, die permanent durch die Gedanken geistert und einen halb wahnsinnig macht, bis man sie wieder gehört hat.
Nachdem die Kabinentür mit einem merkwürdigen Geräusch von Endgültigkeit hinter mir ins Schloss gefallen ist, streife ich das Kleid und damit den Geruch nach Sterblichkeit ab. Auch verlangt die Natur ihr Recht und ich bin froh darüber, nicht allzu viel von dem Bloody Mary getrunken zu haben. Während ich unter der heißen Dusche stehe und den widerlichen Geschmack aus meinem Mund spüle, kommen mir erneut Erinnerungen aus längst vergangenen Tagen in den Sinn: Erinnerungen an Geheimnisse und Versprechen.
Aber so ist das mit dem Verborgenen: Wenn man
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