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Nachtchimäre - Fragmente der Dunkelheit (German Edition)

Nachtchimäre - Fragmente der Dunkelheit (German Edition)

Titel: Nachtchimäre - Fragmente der Dunkelheit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Myrna E. Murray
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machen.“
    Fassungslos sieht sie mich an und ich kann die unterdrückte Wut, die langsam durch die vorherrschende Scham sickert, in ihren Augen aufsteigen sehen.
    Kampfgeist ist also doch vorhanden. Gut, denn jede Frau sollte ein gewisses Maß an Stolz besitzen und die Bereitschaft haben, diesen zu verteidigen.
    Sie tritt auf mich zu, reicht mir die Karte zurück. „Das brauche ich nicht. Ich gefalle mir nämlich so wie ich bin.“
    Ich stecke sie achselzuckend wieder ein. „Das sagen sie alle. Lassen Sie es mich wissen, wenn Sie sich nicht mehr gut genug für seine kleine Welt fühlen.“
    Sie tritt zurück und will noch einen nachsetzen, überlegt es sich dann aber anders. Beinahe kann ich sehen, wie sie an den unterdrückten Worten erstickt. Sie stehen so deutlich auf ihrer Stirn, dass sie selbst ein Blinder erkennen könnte. Wortlos stapft sie davon, bemüht, ihren Ärger und die vielleicht aufkommenden leisen Zweifel zu unterdrücken.
     
    Berta kommt mit zwei sehr vollen Gläsern zurück. Geziert hält sie die Kelche unterhalb des Glases fest. Sie hat sich ein wenig gefasst, ist aber nach wie vor wütend auf ihre Enkelin. „Also, ich muss mich wirklich für meine Enkelin und ihren Mann entschuldigen, Miss Ashton. Normalerweise sind es sehr höfliche und zuvorkommende Menschen. Ich weiß gar nicht, was in sie gefahren ist.“ Kopfschüttelnd sieht sie Melody nach, die nun mit einer Gabel die einzelnen Teile eines Fruchtkompottes aufspießt.
    „ Nichts für ungut, Mrs. Fröhlich“, erwidere ich gelassen. „Die Menschen fürchten sich vor dem, was sie nicht kennen.“
    „ Aber sie hat Sie fast eine Prostituierte genannt. Dafür muss sie sich bei Ihnen entschuldigen.“
    Ich winke ab. „Manch einer mag es Prostitution nenne, ich nenne es Mittel zum Zweck“, murmele ich leise vor mich hin.
    Berta hat mich zum Glück nicht verstanden. „Ich rede noch einmal mit den Kindern, Miss Ashton. Solch ein Benehmen dulde ich nicht.“ Oh, ich denke, sie wird es sich zweimal überlegen, noch einmal ihre Klinge mit mir zu kreuzen.
    „ Das ist wirklich nicht nötig, Mrs. Fröhlich.“
    Energisch sieht sie mich an. „Doch, doch, Miss Ashton. So ein Benehmen gehört sich einfach nicht.“
    „ Wenn Sie darauf bestehen.“
    Entschlossen nickt Berta. Sie scheint schon nach den beiden Ausschau zu halten. Sie sind aber plötzlich wie vom Erdboden verschwunden.
    „ Entschuldigen Sie mich, Berta. Ich möchte weiter, und eine Entschuldigung sollte man mit einem kühlen Kopf vortragen. Vielleicht sollten Sie den beiden ein wenig Ruhe gönnen?“
    Sie sieht mich an. „Wenn Sie das so möchten?“
    Ich nicke bestimmt. „Mir ist das nicht so wichtig, Mrs. Fröhlich, denn Melody hat mich nicht beleidigt.“
    „ Ja, gut, dann werden sie sich morgen entschuldigen.“
    Ich stimme ihr zu. Morgen oder übermorgen oder gar nicht.
    Wir verabschieden uns und ich mache mich auf den Weg weiter zum G32. Dabei achte ich auf die Umgebung und versuche einen Anhaltspunkt dafür zu finden, wie sich die drei so unbemerkt in mein Wahrnehmungsfeld schleichen konnten.
    Die Türen zum G32 sind weit geöffnet. Sie sind im Stil silberner Kombüsentüren gehalten und passen sich gut in das Ambiente dieses Stockwerks ein. Der Nachtclub liegt direkt im Heck des Schiffes. Dennoch spürt man nichts von dem Wellengang oder der Vibration der Schiffsschrauben. Je näher ich dem G32 komme, umso mehr werden die Jazztöne des Queens Room von modernen Rhythmen abgelöst.
    Ja, das ist schon eher mein Metier oder zumindest ein guter Anfang.
     

 
     
    5. G32
     
    Der Nachtclub ist dunkel, jedoch voller pulsierender Neonlichter. Diese erhellen sowohl die Bar als auch die ein Deck tiefer liegende Tanzfläche. Auf Dutzenden von Monitoren flimmern die zu der gerade laufenden Musik passenden Videoclips.
    Bisher sind hier nur wenige Besucher angekommen, die sich dezent unterhalten. Ein Blick in die Runde reicht um festzustellen, dass ich absolut overdressed bin. Man starrt mich amüsiert an. Na super. Ein Kleid aus meinem verborgenen Schrankkoffer hätte hier auch gereicht. Aber damit wäre ich wahrscheinlich Spießruten im Queens Room gelaufen. Wie man es macht, man macht es falsch. Egal, jetzt bin ich hier und jetzt will ich auch Spaß haben. Gelassen schaue ich mich um, lasse den Raum auf mich wirken und mache mich mit dem Aufbau des Nachtclubs, nebst der Bar, vertraut.
    Elegant flaniere ich an den wenigen Besuchern vorbei, die an bunten Cocktails nippen, und auf

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