Nachtchimäre - Fragmente der Dunkelheit (German Edition)
herschwankt. Ein faszinierter Teil von ihr fände es aufregend und individuell, ein anderer fürchtet jedoch die Konsequenzen an Bord.
Im Plauderton fahre ich fort. „Sicher ist es nicht jedermanns Sache. Ich sage immer zu meinen Kunden, dass sie sich dies reiflich überlegen sollen, schließlich ist es ja auch eine finanzielle Frage.“ Fast körperlich spüre ich, wie sie sich auf die Zunge beißen muss, um nicht nach den Preisen zu fragen. „Aber nichts für ungut.“
„ Bitte setzen Sie sich auf, Miss Ashton.“ Die Stimme meiner Kosmetikerin ist freundlich, aber distanziert. Ich folge ihrer Anweisung und meine Augen treffen ihre. Nur kurz, aber in ihrem Kopf blitzt ein Bild von einem leicht verschwommenen Schmetterling auf. Allem Anschein nach ziert dieser einen Teil ihres Unterleibes, auf Höhe des Bauchnabels. Mit der Zeit hat er wohl an Konturen verloren. Ob durch Gewichtszunahme oder andere Einwirkungen, ist dabei unerheblich. Es war wohl eine Jugendsünde. Ich grinse still in mich hinein. Wer im Glashaus sitzt ...
Während Cindy angestrengt schweigend weiter an meinen Nägeln herumpoliert, betrachtet die Kosmetikerin mein Gesicht eine Weile ausführlich und scheint sich unsicher. „Wie möchten Sie heute aussehen, Miss Ashton?“
Ich blinzele sie an. „Wie bitte?“
Sie lächelt. „Naja, was haben Sie denn heute Abend vor? Möchten Sie ausgehen und eine heiße Nacht im G32 verbringen? Oder wollen Sie das Casino besuchen? Es gäbe auch eine schöne Veranstaltung im Planetarium. Was darf es sein?“
Ich überlege. „Meine Pläne stehen noch nicht fest. Wie wäre es mit etwas Alltagstauglichem?“
Sie lehnt sich zurück. „Dezent oder auffällig?“
„ Etwas Dezentes wäre sehr schön für heute Abend.“
Sie nickt, steht auf und verlässt kurz den Raum.
„ Miss Ashton?“ Cindys Stimme ist kaum zu hören.
„ Ja, Cindy?“
Sie hat meine Hände losgelassen und sieht mich unsicher an. „Darf ich Sie etwas Berufliches fragen?“
Meine Antwort besteht aus einem eindeutigen Gesichtsausdruck.
„ Ich überlege schon lange, mir ein Tattoo stechen zu lassen, und ich hätte gerne Ihre berufliche Meinung dazu.“
„ Was genau interessiert Sie?“
Sie verknotet ihre Finger ineinander. „Ich habe seit Jahren eine ungefähre, jedoch keine konkrete Vorstellung von meinem Traumtattoo. Am liebsten soll es großflächig auf den Rücken.“
Ich nicke und mustere sie mit beruflichem Interesse.
Sie wirft einen nervösen Blick auf die Tür und dann zurück zu mir. „Ich habe einige Entwürfe. Vielleicht würden Sie sich diese einmal anschauen?“
Die Tür geht wieder auf und meine Kosmetikerin kommt mit einem großen Koffer Make-up zurück. Gute Laune verbreitend setzt sie sich vor mich und holt diverse Tiegelchen und Töpfchen daraus hervor. Cindy sieht sie an, als warte sie auf ein bestimmtes Kommando. „Was meinst du, Cindy? Welche Farbe passt zu ihren Augen?“ Während beide Frauen damit beginnen fachzusimpeln und sich nicht einig über die richtige Grundierung sind, schaue ich mir Cindy noch einmal genauer an.
Sie ist von kräftiger Gestalt, aber schlankem Körperbau, und in diesem Licht sieht ihre Haut passabel aus. So, als würde sie die Farbe gut annehmen. Ein Rückenbild also und sie hat sogar schon Entwürfe. Das ist mehr, als manch anderer Kunde vorweisen konnte. Es erleichtert die Arbeit, wenn sie bereits eine ungefähre Vorstellung haben. Ich bin gespannt, was sie sich vorstellt. Beide Frauen scheinen sich einig geworden zu sein, denn sie drehen sich nun zu mir um. „Legen Sie bitte den Kopf zurück, damit wir beginnen können.“ Die Kosmetikerin lächelt zuversichtlich. „Entspannen Sie sich und vertrauen Sie uns.“ Na gut.
Eine Weile später ist das Make-up fertig und passend dazu hat Cindy mir ein paar dezente, aber künstliche Fingernägel gestaltet. Ich habe mich raus aus dem weichen Bademantel geschält und bin hinein in meine Garderobe für heute geschlüpft. Rotkarierter halblanger Faltenrock mit einem schwarzen Lackgürtel, eine cremefarbene Seidenbluse und darüber ein cognacfarbener Pullunder. Mein Haar habe ich unspektakulär in einen halben Zopf mit bronzener Spange gebunden.
Ja, das lasse ich mir gefallen. So ausstaffiert fühle ich mich wunderbar und trete an den Tresen des Spa, an dem beide auf mich warten. In dem farblich dazu passenden Nichts von einer Alibihandtasche finde ich tatsächlich eine meiner Visitenkarten. Sachen gibt es. Sie gibt als
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