Nachtchimäre - Fragmente der Dunkelheit (German Edition)
Haut spürt, zieht sie sich unwillkürlich leicht zurück, doch es gibt kein Entkommen.
Unaufhaltsam bohren sich meine Zähne in ihr Fleisch um an ihren Lebenssaft zu kommen, der so nahe am Herzen kraftvoll sprudelt. Es dauert nicht lange, denn zum einen bin ich nach wie vor müde und zum anderen ist dies dem Bedürfnis einfach nur seinen Hunger zu stillen ähnlicher als einer ekstatischen Mahlzeit, die mit Genuss eingenommen wird. Sie ist einfach zu jung und ich nicht in Stimmung.
Gesättigt lasse ich von ihr ab, lecke die kleinen Wunden zu, damit sie sich schneller schließen, und entlasse Cassandra ohne weiteres großes Federlesen. Verwirrt und doch voller Vertrauen in die Zukunft verlässt sie die Kabine und ich schließe hinter ihr ab. Auf dem Weg zurück zum Bett drehe ich die Heizung auf ein Minimum herunter und entledige mich meiner Kleidung. Nackt und träge schlüpfe ich unter das Bettzeug, kaum dem Gefühl der seidenen Bettwäsche nachspürend, denn meine Natur fordert nun mit aller Deutlichkeit ihr Recht. Satt und zufrieden gleite ich zurück in die undurchdringliche Schwärze meiner Tagesruhe, die keine Gedanken zulässt und nur endgültige Stille kennt.
8. Im Spa
Das Leben ist nicht perfekt. Es gibt nur perfekte Momente – und genau solch ein Moment ist gerade jetzt. Ein perfekter, fast dekadenter Moment, in dem man einfach alles vergisst und einfach nur das Hier und Jetzt genießt. Wunderbar.
Es fällt aber auch wirklich schwer sich nicht pudelwohl zu fühlen, wenn man in einem sprudelnden Vitalisierungsbad liegt, mit nichts bedeckt außer einer sündhaft teuren Gesichtsmaske, und einem die verschiedenen Wohlgerüche in die Nase steigen. Das Canyon Ranch Spa hier an Bord war zum Glück noch nicht ausgebucht, so dass ich mich nach einem kleinen Rundgang dorthin zurückziehen konnte. Es liegt auf Deck 7 unweit von der Treppe, die in der Nähe meiner Suite auf Deck 9 liegt. Nun, nach Massage, Peeling, Aromatherapie und dem abschließenden Sprudelbad fühle ich mich praktisch wie neugeboren.
Mitten hinein in das schönste Wohlgefühl summt die Uhr neben dem Becken, um mir mitzuteilen, dass die Zeit um ist und die Maske vom Gesicht muss.
Ich könnte jetzt so tun, als hätte ich das überhört oder noch besser, ich ertränke den kleinen Wecker einfach im Sprudelbad. Leider bringt das nichts, denn meine Kosmetikerin hat wohl einen Zweitwecker. Verräterische kleine Biester!
Durch einen kleinen Spalt zwischen den Lidern erkenne ich, wie sie freudestrahlend auf mich zukommt. „Miss Ashton? Ihre Zeit ist leider um. Bitte kommen Sie aus der Wanne heraus.“
Ich schiele sie an. „Nur noch fünf Minuten?“
Sie lacht. „Das tut mir leid, aber unser Terminplan ist voll. Aber wir können Ihnen gerne einen zweiten Termin anbieten.“
Widerwillig stehe ich auf und maule dabei: „Immer auf die Kleinen.“
Wieder lacht sie, während sie mir einen der kuscheligen Bademäntel und ein Handtuch für mein Haar reicht. „Kommen Sie, die Maske muss herunter. Sie wollen doch nicht, dass sie zu sehr eintrocknet und die oberen Hautschichten mit sich nimmt.“ Bei dem Gedanken wird mir ganz anders, wie sie wohl bemerkt. „Es würde aussehen, als hätten Sie einen heftigen Sonnenbrand bekommen“, schmunzelt sie. „Was würde wohl Ihr Liebster dazu sagen?“
Ich zucke mit den Schultern. „Welcher genau?“, liegt mir auf der Zunge, doch ich wandele die Worte um in: „Vermutlich würde er einen Witz reißen, der irgendeinen Vergleich mit frittierten Flusskrebsen beinhaltet.“
Wieder lacht sie und führt mich dabei zu einem bequemen Liegestuhl. Dort hinein setze ich mich und sie beginnt die Maske mit einem feuchten Tuch abzutupfen. „Damit sie sich besser löst“, erklärt sie mir, während es sich langsam tatsächlich so anfühlt, als ob sich eine kleine Feuerwand auf mein Gesicht legt. Schmerzen sind es nicht und richtig unangenehm ist es auch noch nicht. Vermutlich sehe ich nach der Behandlung wirklich aus wie ein Flusskrebs. „Das könnte jetzt ein wenig warm werden“, beginnt sie mit zuversichtlichem Ton.
Am liebsten würde ich eine Augenbraue hochziehen. „Ein bisschen?“
Unbeirrt massiert sie mein Gesicht weiter. „Ja, aber das ist ganz normal. Sie werden sehen, wenn wir fertig sind, wird Sie das Ergebnis begeistern.“
Eine zweite Person nähert sich und meine Kosmetikerin fährt fort: „Darf ich Ihnen Cindy vorstellen?“ Unter einem abermals halb geöffneten Augenlid
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