Nachtchimäre - Fragmente der Dunkelheit (German Edition)
meine stumme Frage, bevor ich sie stellen kann.
„ Reservierungen nimmt die Rezeption entgegen, Madam. Sie können aber auch ohne Reservierung versuchen einen der letzten freien Plätze zu ergattern. Ein Kontingent an Plätzen wird immer für Kurzentschlossene freigehalten.“
Ich nicke. „Vielen Dank für die Auskünfte.“
„ Nichts zu danken“, antwortet er mit eingeübter Professionalität, verabschiedet sich, mir einen schönen Abend wünschend, und bezieht wieder Stellung vor der Tür des Planetariums.
Unschlüssig sehe ich mich noch in dem großen Raum um und setze mich zur Probe in einen der Sessel. Sie sind bequem. Ein kleiner Knopf an der Seite des Sessels löst die Verankerung der Lehne und sie lässt sich so weit zurückklappen, dass man beinahe zum Liegen kommt. Welch praktisch bequeme Haltung, wenn man unter der runden Projektionsfläche liegt, die von der Decke herabgelassen werden kann, um dort dann den Ausführungen des Vortragenden im Planetarium zu lauschen. Auch lassen sich andere Dinge hier sicher verwirklichen. Alle Zeichen deuten auf einen amüsierenden Abend in diesem Raum hin. Ich grinse, setze mich auf und studiere weiter das Programm.
Es enthält diverse Vorträge über Sternzeichen, Sternkonstellationen oder andere Eigenschaften des Universums. Sie klingen wenig verlockend und so blättere ich um zum Kinoprogramm. Anscheinend wird jeden Abend ein Film gezeigt und im Anschluss daran ein Vortrag gehalten. Einzig die Spielzeiten im Abendprogramm wechseln sich ab. Mal ist der Vortrag zuerst, gefolgt von einer Kinovorstellung zur selben Zeit am darauf folgenden Tag und so weiter. Einzig der Silvesterabend hat seinen eigenen Kopf. An ihm wird stündlich „Dinner for One“ gespielt. Ein Klassiker zur Silvesternacht, der im alten Kontinent für Furore sorgt, wie ich mir habe sagen lassen. Verstehen tue ich das zwar nicht, aber bitte.
Das Kinoprogramm gibt sonst tatsächlich eine Mischung aus aktuellen Produktionen und Klassikern wie „Vom Winde verweht“ her. Vieles davon kenne ich und muss es nicht in dieser Umgebung noch einmal sehen. Bis auf die Moulin Rouge Vorführung. Da geht einfach kein Weg dran vorbei. Mit einem letzten Blick in das nachmittägliche Kinderprogramm, das von Disney-, Pixar- und anderen Kinderfilmen wimmelt, schließe ich das Programm und stehe aus dem Sessel auf.
Das Illuminations verlassend, lenke ich meine Schritte an dem grüßenden Pinguin vorbei und steuere das Foyer mit der Rezeption an.
Dort nimmt eine freundliche junge Dame meine Reservierung auf. Gerade als wir uns in den Saalplan vertieft haben, um die besten Plätze zu ermitteln, und sie fragt, wie viele Plätze ich denn reservieren möchte, ertönt eine dunkle Stimme neben mir. „Sie nimmt zwei.“ Ich drehe mich abrupt um und erkenne Ben hinter mir. Er lächelt sein Playboylächeln. „So ist es doch, oder, Schätzchen?“
Ich drehe mich kurz zu der Rezeptionistin um und werfe ihr einen genervten Blick zu, den sie amüsiert quittiert. „Einen Moment bitte.“
Sie nickt und ich drehe mich um. „Guten Abend, Ben.“
Er tritt einen Schritt zurück und mustert mich eingehend. „Wie schön, Sie so unerwartet wiederzusehen. Ich hatte schon gedacht, Sie gestern Abend verschreckt zu haben.“
Ich ringe mir ein Lächeln ab. „Nein, Ben. Aber eine Dame braucht ihren Schönheitsschlaf.“
„ Aber Schätzchen, als wenn Sie so etwas brauchen würden.“ Er will nach mir greifen, doch ich weiche zurück.
„ Ich dachte, ich hätte klargemacht, dass ich nicht zu der Sorte Frau gehöre, die man mit schönen Worten betören kann.“ Kampflustig glitzert es in meinen Augen und er zieht sich zurück.
„ Das haben Sie, meine Gute. Ich muss mich wirklich für meine schlechten Manieren entschuldigen.“
Geht doch! Ich lächele leise und Alex tritt in mein Gesichtsfeld. Er scheint Ben erneut wie ein Schatten gefolgt zu sein und mustert die Szene, bevor er entschlossen zu uns tritt.
„ Guten Abend, Miss Ashton.“ Seine Begrüßung ist kultiviert und höflich, ganz so, wie man es von ihm erwartet.
„ Mr. von Hohenau“, grüße ich freundlich zurück und reiche ihm die Hand. Als ich sie zurückziehe, hat Ben wohl meine Fingernägel entdeckt, denn er starrt plötzlich wie ein kleiner Junge darauf.
„ Darf ich?“, fragt er und fasst nach meinen Händen ohne eine Antwort abzuwarten. Seine Berührung ist sanft und fordernd zugleich. Als wolle er das fragile Muster näher betrachten, nimmt er meine
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