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Nachtchimäre - Fragmente der Dunkelheit (German Edition)

Nachtchimäre - Fragmente der Dunkelheit (German Edition)

Titel: Nachtchimäre - Fragmente der Dunkelheit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Myrna E. Murray
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Elise , welches sie wohl aus dem Gedächtnis spielt, ihrer Meinung nach ganz hervorragend.
    Die anderen Gäste des Wintergarden Cafés scheinen sich nicht weiter an dem Geklimper zu stören. Vielmehr scheint es tatsächlich die Zustimmung der unfreiwilligen Zuhörer zu finden. Der eine und andere nickt beifällig, bevor er sich abwendet. Aber es ist ja auch zu schön: ein junges, begabtes Talent am glänzend weißen Flügel. Ich verstehe zwar nicht viel vom Klavierspielen, aber es geht mir zusehends auf die Nerven.
    „ Wie wäre es mal mit … Bach?“, schlage ich vor, einen Blick auf Jessica werfend. Bach hatte doch Klavierstücke geschrieben, oder?
    „ Ich hasse Bach, Bach ist furchtbar“, gibt sie gelassen zurück. Dennoch ändert sie plötzlich ihr Spiel und es erklingt eine andere Melodie.
    „ Das ist Schumanns fröhlicher Landmann“, raunt Sharroll, die sich neben mich gesetzt hat, „schon anspruchsvoller, aber auch nicht wirklich schwierig.“
    Als das Stück endet, beginnt es hinter meinem rechten Auge langsam zu pochen.
    „ Und Chopin?“ Dessen Musik kenne ich aus einem Konzertbesuch mit einem Klienten. Sie hat mir damals gut gefallen und ein bisschen Abwechslung ist nicht zu verachten.
    Jessica sagt, Chopin sei ihr zu schwülstig, und ihre Mutter stimmt ihr begeistert zu.
    „ Wenn man nicht über die einfachen Fingerübungen hinauskommt, mag das stimmen“, ertönt wieder Sharrolls Stimme sehr leise neben mir. Ich drehe mich zu ihr um und schenke ihr einen nun wirklich interessierten Blick. „Ich meine ja nur.“ Während ich ihr ein zustimmendes Lächeln zuwerfe, schlägt sie die Augen zu Boden. Doch in ihren Händen zuckt es, so als säße sie selbst am Klavier.
    Jessica hält kurz inne und verkündet dann bedeutungsschwanger: „Ich bin jetzt aufgewärmt.“
    Ihre Mutter stößt ein leises Seufzen aus und applaudiert bereits jetzt begeistert. „Das war wunderbar, mein Liebling. Ganz wunderbar.“
    Mrs. Summerstone lächelt knapp und nickt Jessica dann erneut zu. „Wie wäre es jetzt mit einem kleinen Konzert?“
    Jessica nickt. „Haben Sie vielleicht einen Wunsch?“
    Oh nein. Das klingt beinahe wie der halbtote Butler aus den alten Hitchcockfilmen, wenn er auf die illustre Gesellschaft zuschlendert und mit bebender Stimme fragt: „Noch einen Wunsch, Mylady ? “ Man weiß einfach, dass gleich einer stirbt. Ich hoffe ja immer noch inständig, dass eine Saite des Flügels reißt, damit uns das erspart bleibt, aber das Schicksal ist heute einfach nicht auf meiner Seite.
     
    Erneut ändert sich die Tonfolge am Klavier. „Ich spiele jetzt Mozarts Piano Sonate Nr. 16 in C-Moll“, verkündet Jessica und alle Augen sind auf sie gerichtet.
    „ Oh nein, nicht auch das noch“, seufzt das Sharroll. Sie sieht wirklich unglücklich aus.
    Unbeirrt fährt Jessica fort: „Meine Klavierlehrerin sagt, es ist sehr, sehr schwer. Aber ich habe es kurz vor Weihnachten gemeistert.“ Höflicher Applaus folgt.
    „ Bravo, Jessica.“ Ihre Mutter klatscht frenetisch in die Hände. Zum Glück dämpfen jedoch die Handschuhe ihren Beifall. Jessica strahlt selbstsicher.
    „ C-Dur“, verbessert Sharroll neben mir Jessica, was diese jedoch nicht beachtet.
    Sie beginnt zu spielen und irgendwie klingt es … schief. Ja, beinahe unharmonisch. Das Pochen hinter meinem Auge wird stärker und Sharroll scheint es neben mir nicht besser zu gehen. Beinahe kann ich spüren, wie sie sich zusammenreißt. Jessica „vergewaltigt“ unbeeindruckt die Sonate.
    Gerade als ich denke, dass ich es nicht mehr aushalte, meldet sich Sharroll erneut zu Wort: „Das sind Zweiunddreißigstel. Die spielt man doppelt so schnell wie die Noten davor.“
    Verblüfftes Schweigen in der Runde, während Jessica unbeirrt weiterspielt.
    „ Weiß ich selber“, gibt sie schnippisch zurück, „aber das ist zufällig ein Adagio, das ist langsam.“
    „ Mag sein. Aber soweit ich mich erinnere, beginnt die Sonate mit einem Allegro. Wenn du weißt, was das heißt.“ Ich verstehe nur Bahnhof, während Sharroll sich zur Ruhe zwingt. „Zweiunddreißigstel-Noten sind immer nur halb so lang wie Sechzehntel, egal in welchem Tempo.“
    Jessica wirft ihren Kopf herausfordernd zurück. „Das ist eben ein natürliches Ritardando, wenn du weißt, was das ist.“
    Hallo? Der Zug wird immer schneller und selbst Jessicas Mutter scheint nun der Unterhaltung nicht mehr folgen zu können.
    „ Unsinn“, wehrt Sharroll ab. Sie scheint die unausgesprochene

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