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Nachtchimäre - Fragmente der Dunkelheit (German Edition)

Nachtchimäre - Fragmente der Dunkelheit (German Edition)

Titel: Nachtchimäre - Fragmente der Dunkelheit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Myrna E. Murray
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Freak.“
    Jetzt bleibe ich stehen und fange schallend an zu lachen. Wer hier von uns beiden der Freak ist, steht ja wohl kaum zur Debatte. „Du bist ein Freak? Wie das denn?“
    Sie sieht mich etwas schief an und antwortet dann sachlich: „Ich bin hochbegabt.“
    „ Na und?“, entgegne ich, mich wieder beruhigend. „Was macht dich daran zu einem Freak?“
    Sie sieht mich verständnislos an, bleibt dann stehen und keinen Moment später platzt es aus ihr heraus. „Einfach alles!“
    Ich muss wieder lachen und ernte einen missbilligenden Blick. „Entschuldige, aber das verstehe ich nicht. Du musst es mir schon erklären.“
    Sie seufzt ergeben und will zu einer Antwort ansetzen, als ihr Blick auf ihre Armbanduhr fällt. „Verdammt – schon so spät!“ Leben kommt in sie und plötzlich beginnt sie die Stufen heraufzuhasten.
    „ Warte doch! Ich habe dich nicht ausgelacht!“, rufe ich ihr nach und versuche Schritt zu halten. In diesem Kleid ist das aber eine Sache der absoluten Unmöglichkeit. Doch noch habe ich sie im Blick und folge ihr die Treppen hinauf. Eigentlich habe ich keine Chance sie einzuholen, und umso mehr verwundert es mich, als ich Deck 10 erreiche und sie dennoch erblicke. Sie steht in einem der Gänge zu den Kabinen und scheint auf mich zu warten.
    Hektisch blickt sie sich um. „Hör zu, Christa, wenn du das wirklich wissen willst, dann treffen wir uns wieder.“
    Der Fahrstuhl hält an, entlässt aber nur ein älteres Ehepaar in den Flur, welches sich nach einem freundlichen Grußwort dem anderen, uns gegenüberliegenden Flur zuwendet und darin verschwindet.
    Sharroll scheint erleichtert. „Es ist schon spät und wenn mein älterer Bruder mich hier erwischt, ist die Hölle los. Er soll nämlich auf mich aufpassen“, erklärt sie, und bei mir klingelt irgendetwas. Was war da doch gleich mit einem Bruder und einer jüngeren Schwester gewesen? Ach, ich komme so schnell einfach nicht darauf.
    „ Wir können uns aber für morgen verabreden, wenn du das wirklich willst.“ Sie ist verunsichert.
    „ Natürlich will ich“, gebe ich überzeugt zurück.
    „ Gut, dann treffen wir uns morgen, wieder im Wintergarden Café? So gegen 23 Uhr? Zu der Zeit dürfte ich meinen Bruder losgeworden sein und habe Zeit, bis er zurückkommt.“
    „ Einverstanden.“
    „ Wunderbar. – Gute Nacht, Christa.“
    Bevor ich ihren Gruß erwidern kann, ist sie verschwunden.
     
    Nachdenklich bleibe ich noch einen Moment vor den Aufzügen stehen, bevor ich mich an den Abstieg zu Deck 9 mache. Der Abend hat Merkwürdiges zu Tage gefördert, wie man so schön sagt. Aber er hat mich abgelenkt und das ist die Hauptsache. Auch freue ich mich irgendwie auf den kommenden.
    Hochbegabt – einen Moment lang lasse ich mir das Wort auf der Zunge zergehen. Mich hat niemals jemand hochbegabt genannt. Nur „psychisch instabil“ oder „durchgeknallt“. Wenn ich recht darüber nachdenke, muss ich wohl dankbar dafür sein, dass ich nicht in einer geschlossenen Anstalt gelandet bin – damals.
    Hochbegabt – was das wohl für sie bedeuten mag?
     

 
     
    30.12.
     

 
     
    19. Der Abend danach
     
    Der vorletzte Abend des Jahres ist angebrochen, die Stimmung an Bord ist ausgelassen und alle scheinen sich auf den direkt anstehenden Jahreswechsel vorzubereiten. Warum eigentlich? Ich meine, es ist doch nur ein Jahreswechsel. Das alte Jahr geht, das neue kommt … und nur weil irgendjemand mal dieses Datum dafür festgelegt hat, heißt das noch lange nicht, dass man gleich so aus dem Häuschen sein muss, oder? Ich meine, wir feiern ja auch nicht, dass um Mitternacht ein neuer Tag anbricht, oder?
    Apropos Mitternacht. Ich glaube, ich sollte einmal die Einstellung meiner Uhr überprüfen. Irgendwie scheint sie zu spinnen, denn als ich vorhin erwachte, zeigte sie mir kurz nach 15:30 Uhr an. Eine Zeit, in der ich mich normalerweise nicht rege – auch nicht im Winter. Also losgezogen, um nach einer richtig gehenden Uhr zu suchen.
    Während meines beinahe obligatorischen Rundgangs beobachte ich missmutig die Arbeiten an Bord: Die Weihnachtsdekoration wird abgebaut und durch leichte Silvester-Accessoires ersetzt. Wie aus dem Nichts sind überall bunte Girlanden, goldene Taler, vierblättrige Kleeblätter und kleine Schornsteinfeger aufgetaucht. Widerlich! Meine Stimmung ist gekippt und ich weiß nicht, warum. Missmutig stapfe ich über Deck 3 und beobachte Menschen. Alle sind ausgelassen und jeder ist in Feierlaune. Wenn sich das bis

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