Nachte des Sturms
sie ihm, als er auf sie zutrat, schwerlich ausweichen. »Hast du nicht immer behauptet, du wolltest von mir nichts anderes als Sex?«
»Ja.« Was verbargen seine Augen, fragte sie sich beinahe verzweifelt. Sie waren so schwarz wie der Himmel und verrieten ihr nichts von seinen Gedanken und Gefühlen. »Aber zugleich haben wir uns gern, und ich lasse nicht zu, dass du das, was zwischen uns ist, auf diese Weise herabwürdigst.«
»Aber du bist diejenige, die festlegt, was ich bekomme und was nicht, was ich tue und was ich besser lasse?« Ehe sie ins Wasser fallen konnte, packte er unsanft ihre Arme. »Weshalb solltest du dich von einem Mann berühren lassen wollen, der sich ständig widerspruchslos von dir herumkommandieren lässt?«
»Shawn!« Ihre Beine baumelten mehrere Zentimeter über dem Boden und ihr Herz begann zu rasen. »Lass mich runter.«
»Du willst, dass ich dich berühre. Selbst jetzt, obwohl du dir einbildest, dass du nur mit den Fingern schnippen musst, damit ich in die eine oder andere Richtung laufe, willst du, dass ich dich berühre.«
»Das ist nichts, worauf du dir allzu viel einbilden solltest.«
Er hob sie noch ein Stückchen höher. »Zum Teufel mit meiner Einbildung!«
Als er seinen Mund auf ihre Lippen presste, tat er es gnadenlos und rau. Sie hätte ihm widerstehen, ihn von sich stoßen, sich ihm entwinden können. Doch sie verharrte völlig reglos in seinen Armen.
Sie gab, weil er so gut wie nie etwas verlangte. Gab, weil sie ihm geben musste. Und als ihr Körper wie im Fieber zu zittern begann, sagte sie zärtlich seinen Namen.
»Ich könnte dich haben, hier an Ort und Stelle.« Abrupt stellte er sie wieder auf die Füße. »Denk einmal darüber nach, weshalb das wohl so ist. Ich für mein Teil habe das bereits sehr gründlich getan.«
Sie konnte gar nicht denken, nicht, solange sie innerlich verbrannte, nicht solange das Blut in ihren Adern rauschte wie das Meer.
»Ich gehe jetzt nach Hause.«
»Geh nur. Ich werde dich nicht zurückhalten.« Wieder vergrub er seine Hände in den Taschen, um nicht in Versuchung zu geraten. »Aber merk dir eins, Brenna. Ich werde dir nicht nachlaufen. Wenn du herausgefunden hast, was du tatsächlich willst, weißt du, wo du mich findest.«
Sie ging langsam davon. Shawn mochte sein Stolz egal sein, sie jedoch konnte ohne Stolz nicht leben. Und so begann sie erst zu laufen, als sie die Straße erreicht hatte.
»Ist das die Art, in der du versuchst, die Frau, die du liebst, zu gewinnen?« Carrick stand im flachen Wasser, hob eine Silberflöte an seine Lippen und spielte eine sanfte Melodie. »Ihr Sterblichen habt wirklich eigenartige Sitten und Gebräuche.«
»Ich weiß genau, was ich hier tue.«
»Ich bin sicher, dass du das denkst. Scheint, als hättest du wirklich ein Gehirn von der Größe einer Erbse. Wenn du die Frau liebst, warum lässt du sie dann so einfach gehen?«
»Gerade, weil ich sie liebe.« Jetzt konnte Shawn den Zorn, den er bisher mühsam in Schach gehalten hatte, nicht länger unterdrücken. »Außerdem hast du dich, wenn
ich mich recht entsinne, damals, als es um deine Frau ging, auch nicht gerade besonders clever angestellt.«
Carricks Augen blitzten, und am sternenübersäten Himmel zuckte mit einem Mal ein blendend greller Blitz. »Willst du dich vielleicht mit mir anlegen?« Vollkommen trockenen Fußes trat er aus dem Wasser. »Hat deine liebe Mutter dich denn nie davor gewarnt, jemals einen von uns herauszufordern?«
»Du machst mir keine Angst. Du brauchst mich. Trotz all deiner Macht und all der Tricks, die du beherrschst, bist du abhängig von einem gewöhnlichen Sterblichen. Also spar dir die Lichtershow und die Drohungen. Sie beeindrucken mich nicht.«
Carrick sah ihn reglos an. »Hah! Die Frau bildet sich ein, dein Innerstes zu kennen, aber sie hat noch lange nicht tief genug geschaut. Pass auf, dass du ihr nicht zu schnell zu viel von deinem Innenleben zeigst und sie dadurch verschreckst.«
»Hol dich doch der Teufel!«
Carrick grinste breit – »Der kriegt mich ganz bestimmt nicht« – löste sich in Luft auf und ließ Shawn, eingehüllt in leise Flötenklänge, allein am Strand zurück.
17
B renna ging zur Frühmesse. Die kleine Kirche erstrahlte im kühlen morgendlichen Licht, und überall roch es nach Kerzenwachs und Weihwasser.
Wie das Ritual selbst mochte sie auch die warme, vertraute Atmosphäre bei jedem Gottesdienstbesuch. Die sonntägliche Messe bot eine herrliche Gelegenheit, in aller
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