Nachte des Sturms
sagte, was er hatte hören wollen, und als sie zornig aus der Küche stapfte, machte er sich leichteren Herzens als vorher wieder an die Arbeit.
Ein paar Touristen aus Cleveland hatten wesentlich zu tief ins Glas geschaut, und da sie sich auf ihren Rädern selbst auf dieser kurzen Strecke ganz sicher den Hals gebrochen hätten, schickten Brenna und Aidan sie zu Fuß in Richtung ihrer kleinen Pension.
Shawn hatte das Schauspiel durch die Eingangstür verfolgt und kam genau zum rechten Zeitpunkt zu den beiden in den Hof. »Ah, dann habt ihr sie also sicher auf den Weg gebracht. Ich dachte, ihr bräuchtet vielleicht meine Hilfe.«
»Nein, ich denke, so müssten sie ihre Betten irgendwann erreichen.« Aidan beobachtete, wie die jungen Leute den Weg hinunterschwankten und schüttelte angesichts ihrer vielstimmigen, wenig melodiösen Wiedergabe von »Whiskey, You’re the Devil« mitleidig den Kopf.
»Nun, es war ein langer Tag, also würde ich sagen, machen wir für heute Abend Schluss. Danke für deine Hilfe, Brenna.«
»Kein Problem. Gute Nacht, Aidan.«
»Für uns beide war es ein besonders langer Tag«, sagte Shawn, als sie beide allein auf der Straße zurückblieben.
»Allerdings, aber trotzdem ist er immer noch nicht vorbei. Wenn es dir nichts ausmacht, würde ich gerne runter an den Strand gehen.«
»In Ordnung. Es ist erstaunlich mild und außerdem haben wir Vollmond.«
»Zum Glück. Auf diese Weise werden wir weder festfrieren noch auf unsere Nasen fallen.«
Unweigerlich musste er lachen. »Du bist wirklich eine unverbesserliche Romantikerin, Brenna.«
»Vor allem bin ich manchmal eine Närrin. Das, was wir beide getan haben, war, da ich von den Gefühlen meiner Schwester wusste, geradezu der Inbegriff der Narretei.«
»Mit oder ohne dich könnte ich ihr niemals geben, was sie glaubt, von mir zu wollen. Daran führt kein Weg vorbei. Es tut mir wirklich Leid, dass sie verletzt ist, und noch mehr tut es mir Leid, dass sie dich deshalb geschlagen hat. Aber ich glaube nicht, dass das, was heute Vormittag passiert ist, irgendwie hätte vermieden werden können.«
»Zumindest hätte ich wohl besser gewartet, bis sich ihre Gefühle für dich einfach irgendwann gelegt hätten.«
»Dann bin ich also der Typ, den eine Frau ganz einfach irgendwann vergisst.«
Sie sah ihm in die Augen und wandte sich eilig wieder ab. »Auch wenn es deinen Stolz verletzt, ist das nun mal die Art, wie diese Dinge laufen. Sie ist gerade mal zwanzig und kann vor lauter Träumen die Wirklichkeit ganz einfach nicht erkennen.«
»Du hingegen siehst die Dinge natürlich immer völlig nüchtern.«
»Ich sehe die ganze Sache klar und deutlich. Ich habe
das alles angefangen, und ich hätte es ganz sicher auch irgendwann beendet. Ich war bereit, es zu beenden. Aber das ist nicht die Lösung des Problems. Mary Kate wird mir ganz sicher nicht alleine deshalb schon verzeihen, weil ich mich von dir trenne. Wenn sie je erwachsen werden will, dann muss sie einfach lernen, sich der harten Wirklichkeit zu stellen.«
»Dann hast du also für uns alle entschieden.«
Da er plötzlich stehen blieb, drehte sie sich zu ihm um. Im Licht des hinter ihm hängenden Mondes schimmerten der Sand und das Wasser wie flüssiges Perlmutt. Shawns Blick jedoch war weder weich noch schimmernd, sondern verriet glühend heißen Zorn.
»Jemand muss es ja wohl tun.«
»Aber warum bitte immer du? Vielleicht will ich ja gar nicht, dass du etwas für mich entscheidest, vielleicht habe ich ja einfach inzwischen die Nase von dir voll? Vielleicht führe ich lieber wieder mein ruhiges, ausgeglichenes Leben, als ständig zwischen zwei Frauen zu stehen, die einander bekämpfen wie die Furien?«
Sie war nicht nur beleidigt, sondern geradewegs schockiert: »Ich bin keine Furie, und ich hatte nicht die Absicht, mich deinetwegen mit Mary Kate oder irgendeiner anderen Frau zu schlagen. Es ist einfach passiert. Und was deine Behauptung angeht, du hättest von mir die Nase voll«, fügte sie zornig hinzu, »dann klingt das wohl vollkommen anders als das Lied, das du erst heute Morgen noch gesungen hast.«
»Ich kenne jede Menge Lieder. Und da du anscheinend so wenig von mir hältst, gehe ich davon aus, dass es dich erleichtert, die Sache endlich zu beenden. Sex finden wir beide, falls uns danach zu Mute ist, problemlos auch woanders.«
»Es geht nicht nur um Sex.«
Ah, dachte er, endlich sprach sie es aus. »Ach nein?« Da sie mit dem Rücken zum Wasser stand, konnte
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