Nachte des Sturms
hätte nichts dagegen.« Während sie die passenden Werkzeuge heraussuchte und das Ersatzteil in die Hand nahm, beobachtete sie seine Füße, die sich durch die Küche in Richtung Anrichte bewegten. »Was hast du gerade gemacht, als ich kam? Hast du wieder komponiert?«
»Ich habe mit den Worten zu einer neuen Melodie herumgespielt«, erklärte er geistesabwesend. Sein Blick war auf einen einzelnen Vogel gefallen, dessen schwarzes, schimmerndes Gefieder sich im Flug deutlich von dem trüben, grauen Winterhimmel abhob. »Es scheint heute ziemlich kalt zu sein.«
»Allerdings, und obendrein noch feucht. Der Winter hat gerade erst angefangen und schon wünsche ich mir, er wäre bald wieder vorbei.«
»Dann wärm dich doch zuerst einmal ein bisschen auf.« Er ging vor ihr in die Hocke und reichte ihr den Tee, genau wie sie ihn mochte, stark und mit mehreren Stücken Zucker.
»Danke.« Der Becher wärmte angenehm ihre Hände. Er blieb einfach hocken und nippte an seinem eigenen Tee. Ihre Knie stießen leicht aneinander. »So, was wirst du jetzt mit diesem Schrotthaufen anstellen?«
»Was interessiert dich das? Hauptsache, er funktioniert.« Er zog eine Braue hoch. »Wenn ich wüsste, was du machst, könnte ich das Ding beim nächsten Mal vielleicht alleine reparieren.«
Diese Vorstellung ließ sie in derart schallendes Gelächter ausbrechen, dass sie mit dem Hintern auf den Boden plumpste. »Du? Shawn, du wirst doch noch nicht mal mit einem abgebrochenen Fingernagel fertig.«
»Und ob ich das tue.« Grinsend tat er, als beiße er einen seiner Nägel einfach ab, worauf sich ihr Lachen noch verstärkte.
»Mach dir keine Gedanken darüber, was ich mit diesem Ding mache, und ich mache mir keine Gedanken über den nächsten Kuchen, den du darin bäckst. Schließlich hat jeder von uns seine Stärken.«
»Es ist nicht so, dass ich noch nie einen Schraubenzieher benutzt hätte«, erklärte er in würdevollem Ton und zog einen aus ihrem Koffer.
»Und ich habe durchaus schon mal einen Kochlöffel benutzt. Aber ich weiß, was mir besser in der Hand liegt.«
Sie nahm ihm das Werkzeug ab, drehte sich um und schob den Kopf in den Ofen, um mit der Arbeit anzufangen.
Sie hat kleine Hände, dachte Shawn. Ein Mann mochte sie als zart betrachten, wenn er nicht wusste, was sie alles schafften. Er hatte sie dabei beobachtet, wie sie einen Hammer schwang, einen Bohrer hielt, Holz schleppte, Rohre verlegte. Meistens waren diese kleinen Feenhände voller Schrammen und Kratzer oder kleiner Abschürfungen an den Knöcheln.
Sie war eine so kleine Frau, und hatte sich ausgerechnet eine solche Arbeit ausgesucht. Oder aber, die Arbeit hatte sie ausgesucht, verbesserte er sich, als er schließlich wieder aufstand. Er kannte das nur zu gut. Brennas Vater war ein vielseitig begabter Handwerker, und seine älteste Tochter schlug ihm einfach nach. Genau wie es hieß, Shawn käme nach der Mutter seiner Mutter, die, ganz in die Musik versunken, regelmäßig die Wäsche oder das Mittagessen vergessen hatte.
Er wollte sich gerade abwenden, als sie mit wackelndem Hintern eine Schraube des Ofens losdrehte. Wieder zog er
seine Brauen in die Höhe, da plötzlich sein, wie er dachte, automatisches männliches Interesse an einer attraktiven Stelle des weiblichen Körpers geweckt wurde.
Schließlich hatte sie einen hübschen, festen, schmalen Körper. Die Art Körper, die ein Mann mit einer Hand umfassen konnte, wenn er wollte. Doch falls ein Mann das je versuchen würde, so war Shawn sich sicher, dass Brenna O’Toole ihn mit einem gezielten Faustschlag niederstrecken würde.
Bei dieser Vorstellung musste er grinsen.
Doch trotz ihres mehr als nur ansehnlichen Hinterns sah er ihr lieber ins Gesicht. Es war eine Studie menschlicher Regungen. Ihre lebendigen, leuchtend grünen Augen blitzten unter elegant geschwungenen Brauen, die einen Ton dunkler waren als ihr leuchtend rotes Haar. Ihr Mund war schnell zu einem Lachen, einem Grinsen oder einem strengen Zusammenpressen der vollen Lippen bereit. Sie schminkte sich nur selten, obgleich sie die beste Freundin seiner Schwester Darcy war, die niemals auch nur einen Schritt aus dem Haus gehen würde, ohne auf Hochglanz poliert zu sein.
Sie hatte eine kesse kleine Nase, wie ein kleiner Kobold, die sie herrlich verächtlich oder missbilligend zu rümpfen verstand. Ihre Haare hatte sie meistens unter eine Baseballkappe gestopft, an deren Schirm die kleine Elfe steckte, die er ihr zu irgendeinem Anlass vor
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