Nachte des Sturms
übernahm. »Ich wünschte nur, ich könnte kochen.«
»Du kochst doch gar nicht schlecht.«
»Trotzdem wird es ganz sicher nie eine meiner Stärken. Zum Glück haben wir Shawn.« Sie trat vor den Kühlschrank und hoffte, dass ihre Stimme möglichst neutral klang. »Er hat Aidan gestern Abend einen Topf Kartoffelsuppe mitgegeben. Mit Liebstöckel gewürzt. Da du schon nicht mit deinem Vater zum Essen in den Pub gegangen bist, werde ich uns einen Teller davon aufwärmen.«
Brenna wollte gerade ablehnen, aber ihr Magen drohte, lautstark zu knurren, also gab sie sich geschlagen. »Danke, Jude.«
»Das Brot habe ich selbst gebacken.« Jude gab etwas von der Suppe in einen Topf und stellte ihn auf den Herd. »Also übernehme ich keine Garantie dafür, dass es schmeckt.«
Brenna bedachte den Laib, den Jude auf den Tisch legte, mit einem beifälligen Blick. »Braunes Hefebrot, nicht wahr? Das esse ich am liebsten. Sieht fantastisch aus.«
»Ich glaube, allmählich habe ich den Bogen raus.« »Warum machst du dir überhaupt die Mühe? Du bräuchtest doch eigentlich nur Shawn zu bitten, dass er für euch mitbackt?«
»Ich backe gern Brot. Das Mischen, das Kneten und das Warten, während der Teig aufgeht.« Jude legte die abgeschnittenen Scheiben auf einen kleinen Teller. »Währenddessen kann man gut nachdenken.«
»Das sagt meine Mutter auch immer. Ich für meinen Teil lege mich zum Nachdenken lieber gemütlich in mein Bett. Da macht man sich all die Mühe, was Leckeres zu kochen …« Brenna nahm sich eine der Scheiben von dem Teller und biss herzhaft hinein. »Und schon ist es wieder weg.« Sie grinste die Freundin an.
»Den Leuten beim Essen zuzugucken, ist eins der größten Vergnügen jedes Kochs.« Jude rührte die Suppe langsam um. »Du hast dich mit Shawn gestritten, und diesmal war es nicht nur eins eurer üblichen Geplänkel.«
»Wir haben nicht wirklich gestritten, aber es war tatsächlich etwas anders als sonst. Trotzdem wird es vorbeigehen. Mach dir darüber keine Gedanken.«
»Ich liebe euch. Ich liebe euch beide.«
»Das weiß ich. Aber es ist wirklich nichts weiter, das kannst du mir glauben.«
Schweigend holte Jude zwei Teller und zwei Löffel. Wie weit, fragte sie sich, durfte man sich in die Angelegenheiten einer Freundin einmischen? Wo waren die Grenzen?
Seufzend kam sie zu dem Ergebnis, dass es keine Grenzen gab. »Du empfindest etwas für ihn.«
Brennas Nerven flatterten. »Tja, sicher, natürlich empfinde ich was für den Kerl. Schließlich kennen wir uns seit unserer Geburt. Was nur einer der zahllosen Gründe dafür ist, dass er mir häufig derart auf die Nerven geht, dass ich ihm am liebsten eins mit dem Hammer überbraten würde.«
Sie lächelte, als sie das sagte, doch Judes Miene blieb ernst. »Du empfindest etwas für ihn«, wiederholte sie mit ruhiger Stimme. »Etwas, was nichts mit eurer Kindheit oder eurer Freundschaft zu tun hat, sondern einzig damit, dass du eine Frau bist und er ein Mann.«
»Ich …« Brenna spürte, wie ihr – der Fluch des Rotschopfs – die Röte ins Gesicht schoss. »Nun, das ist nicht …« Die Lüge lag ihr auf der Zunge, wollte ihr jedoch nicht über die Lippen. »Oh, verdammt.« Sie fuhr sich mit der unverletzten Hand durch das Gesicht, hielt inne und spreizte die Finger über ihren plötzlich vor Entsetzen weit aufgerissenen Augen. »Jesus, Maria und Josef, merkt man es mir derart deutlich an?«
Ehe Jude etwas erwidern konnte, war Brenna auf den Beinen, stapfte durch die Küche, schlug sich mit den Handflächen gegen die Schläfen und stöhnte und fluchte abwechselnd. »Ich muss von hier wegziehen, muss meine Familie verlassen. Ich könnte in einen der Bezirke an der Westküste gehen. Meine Mutter hat ein paar Verwandte in Galway. Nein, nein, das ist nicht weit genug. Am besten verlasse ich das Land. Ich werde nach Chicago ziehen und bei deiner Großmutter bleiben, bis ich etwas finde. Sie nimmt mich doch sicher auf.«
Sie wirbelte herum und fletschte die Zähne, als Jude leise kichernd die Suppe in die Teller füllte. »Oh, tja, nun,
vielleicht findest du das Ganze zum Lachen. Ich habe mich vor allen Leuten, die ich kenne, dadurch blamiert, dass ich mich in einen hübschen, aber schwachsinnigen Kerl verguckt habe.«
»Du hast dich vor niemandem blamiert, und tut mir Leid, dass ich lache. Aber dein Gesicht … nun!« Jude unterdrückte ein erneutes Kichern, stellte die Teller auf den Tisch und tätschelte begütigend Brennas
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