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Nachtengel

Titel: Nachtengel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Danuta Reah
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lächelnd zu zeigen, was er im Überschwang seiner Umarmung nicht bemerkt hatte, ihr Kleid lag so eng an, dass der leicht durchsichtige Stoff im Licht der offenen Küchentür nicht verbarg, dass sie nichts darunter trug. »›Den ganzen Tag daran gedacht‹, sagt er«, neckte sie, »und er merkt noch nicht einmal …«
    Er sah sie an, errötete leicht, und seine Pupillen wurden größer, dann warf er die Jacke auf einen Stuhl und kam auf sie zu. Er legte die Arme um ihre Taille und drückte sie gegen die Wand, um sie zu küssen. Was auch geschehen mochte, sie hatte sich festgelegt. Sie hielt die Hände weiterhin über den Kopf erhoben und genoss seine Berührung. Es war eine symbolische Unterwerfung, und sie genoss die Erotik dieser angedeuteten Dominanz. Er kannte sich aus. Er verstand ihre Signale, hörte ihren schneller werdenden Atem und ihre geflüsterten Worte, und als er sie hochhob und in ihr Schlafzimmer trug, lag ihr Kleid schnell am Boden, und sie ließ den Tag hinter sich und war genauso auf diesen Moment konzentriert wie er. Die nächste Stunde dachte keiner von beiden an etwas anderes.
    Es war schon nach neun, als Lynne wieder auf die Uhr sah. In dem Augenblick absoluter Entspannung nach gutem Sex war sie in einen leichten Schlaf gefallen. Den Kopf auf Roys Schulter, lag sie noch eine Weile da und genoss die Nähe seines festen, muskulösen Körpers. Sie streckte sich, und er bewegte sich ebenfalls und lächelte ihr unbeschwert zu. »Dafür hat sich das Warten gelohnt«, sagte er.
    Sie fing seinen Blick auf und lächelte zustimmend. »Willst du etwas essen?«, fragte sie und nahm ihren Morgenmantel, der über einer Stuhllehne hing.
    Er grinste. »Für etwas anderes habe ich, glaub ich, kaum noch Energie.«
    Lynne lachte und ging sich duschen. Eine halbe Stunde später saßen sie eng nebeneinander am Tisch, aßen gegrillten Thunfisch und tranken Wein. »Schmeckt gut«, sagte er und füllte ihr Glas.
    Er schien ihre unkomplizierte Hingabe an die guten Dinge des Lebens zu teilen. Lynne hatte nie begreifen können, warum das Essen, das man gerade aß, nicht das beste sein sollte, warum die Wohnung, in der man wohnte, nicht einladend und bequem sein sollte, und warum die Leute, mit denen man seine kostbare Freizeit verbrachte, nicht genau die Menschen sein sollten, deren Gesellschaft man genoss. Sie dachte an Steve McCarthy, der gutes Essen, gute Gesellschaft und guten Wein – selbst guten Sex – nicht für die wesentlichen Dinge hielt, die sie waren, sondern für etwas, das ihn vom Wesentlichen ablenkte, von wichtigen Dingen wie Arbeit. Und das erinnerte sie an ihre Jagd nach Angel Escorts und Anna Krleza und daran, wie sie bei ihren Nachforschungen über Frauenhandel und wie Roy bei seiner Mordermittlung immer wieder über die gleichen Fäden stolperten.
    Wie auf Kommando trank Roy seinen Wein aus und sagte: »Also, okay. Worüber wolltest du sprechen?«
    »Ich mache Kaffee«, sagte sie. Zehn Minuten danach saßen sie auf der Couch. Lynne wollte herausfinden, was Farnham für sich behalten hatte. »Du sagtest, du kämst langsam zu der Ansicht, dass die Website eine Fälschung war, stimmt's?« Er nickte, wartete aber ab, was sie vorhatte. »Wie lange denkst du das schon?«
    »Es kam in den Diskussionen mit den Kollegen zur Sprache. Weil es keinerlei Beweise dafür gibt, dass Gemma Wishart als Begleiterin gearbeitet hat, oder sich auch nur mit dem Gedanken trug.« Er schien sich nicht klar zu sein, dass er sie darüber nicht auf dem Laufenden gehalten hatte.
    »Als wir den Fall besprochen haben, hast du das nie erwähnt«, sagte sie.
    Er zuckte die Schultern. »Bei einer Besprechung der Ermittlungsgruppe kommen eine Menge Ideen auf, Lynne. Das weißt du doch. Aber ich war nicht überzeugt, bis du mir diesen Hyperlink gezeigt hast.«
    »Und dann wäre die Geschäftskarte eine absichtlich gelegte, falsche Spur.«
    Er nickte wieder. »Kombiniert mit dem unbrauchbarsten Tatort, mit dem ich je zu tun hatte. Ja. So sehen wir das. Jemand treibt ein Spiel mit uns. Angel Escorts. Mr. Rafael. Geschäftskarten auf dem Boden. Jemand sagt uns etwas und zielt darauf ab, dass wir es beachten.«
    »Was ist mit den Anrufen?«
    »Schwer zu sagen. Ich lasse die Nummer überwachen. Wenn jemand mit diesem Mobiltelefon telefoniert, dann wissen wir es sofort.« Er gab immer noch nicht viel preis.
    Jemand hatte am Tatort eingegriffen. Jemand hatte wie mit einem großen Pfeil auf Angel Escorts gezeigt – den Namen, die Karte.

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