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Nachtengel

Titel: Nachtengel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Danuta Reah
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Hilfe sei, keine Anlaufstelle, zu der Prostituierte in Not kamen. Und wenn die Zukunft ihres Sohnes so sehr davon abhing, dass sie wenigstens eine Weile hier bleiben konnte, warum sollte sie dies dadurch aufs Spiel setzen, dass sie etwas Rechtswidriges tat, egal, wie sehr die Not der Flüchtlinge sie auch anrührte? Aber wenn es so war, wieso war Katja dann hierher gekommen?
    Sie bemerkte, dass Rafiq an ihr vorbei nach hinten sah, und als sie sich umdrehte, sah sie Matthew Pearse dastehen. Sein plötzliches Erscheinen erschreckte sie. Er entschuldigte sich sofort, und seine Verwirrung ließ seinen Sprachfehler deutlicher hervortreten. »Es ist schon gut, Mr. Pearse«, sagte sie schließlich. »Ich war so damit beschäftigt, mit Mrs. Rafiq zu sprechen, dass ich Sie nicht hereinkommen hörte.«
    »Es kommt von diesen Schuhen«, sagte er, und sein Stottern legte sich. »Mein Vermieter hat mich überredet, Turnschuhe zu kaufen. Er hat Recht. Sie sind sehr bequem, aber man hört mich nicht kommen.«
    »Da Sie jetzt schon mal hier sind«, sagte Lynne, »kann ich Sie beide fragen. Ich suche eine Frau, die vor ein paar Tagen verschwunden ist. Möglicherweise ist sie Zeugin eines schweren Verbrechens.« Sie hielt inne und sah sie an. Nasims Gesicht war ausdruckslos. Zwischen Pearses Brauen zog sich eine leichte Falte zusammen. »Sie ist jung, etwa zwanzig, ein Meter dreiundfünfzig groß, mit dunklem Haar.« Sie sahen sie immer noch an. »Ihr Name ist Krleza. Anna Krleza.«
    Rafiq nahm das Foto von Katja. »Warum?«, fragte sie. »Diese Frau, andere Frau. Warum?« Warum fragen Sie uns?
    Es war schwer, in ihrem Gesicht etwas zu erkennen. Lynne konnte nicht sagen, ob sie auf den Namen reagiert hatte oder nicht. Pearse' leicht besorgte Miene hatte sich nicht geändert. »Mr. Pearse?«, sagte Lynne. Er schüttelte den Kopf. Sie sagte ihm, was sie zuvor Rafiq erklärt hatte, und er hörte ihr schweigend zu. »Sie sind in einer doppelten Zwangslage, diese Frauen, nicht wahr?«, fragte er, als sie zu Ende gesprochen hatte. Sein Stottern ließ seine Sätze zaghaft und unsicher klingen, aber als er sie ansah, hielten seine dunklen Augen ihrem Blick stand. Er hatte vermutet, dass Katja vielleicht Prostituierte war, erinnerte sie sich. Sie wusste noch, dass er mit einem Ausdruck resignierter Traurigkeit gesagt hatte: »Ich dachte, ich hätte sie überredet, hierher zurückzukommen.«
    »Wie meinen Sie das, Mr. Pearse?«
    »Ich meine, dass sie Opfer eines Verbrechens sind, eines schweren Verbrechens, aber wenn sie zur Polizei gehen, werden sie selbst wie Kriminelle behandelt.« Seine Lippen bewegten sich einen Moment, ohne zu sprechen. »Ich meine«, brachte er schließlich heraus, als er sah, dass Lynne zum Sprechen ansetzte, »sie werden eingesperrt. Und abgeschoben. Letzten Endes.«
    Es wirkte mehr wie eine Bitte um Auskunft als ein politisches Argument, und Lynne ging darauf ein. »Das liegt außerhalb meiner Zuständigkeit, Mr. Pearse«, sagte sie. »Aber man würde sie wohlwollend behandeln.« Sie merkte, dass Rafiq sie scharf beobachtete.
    »Vielleicht ist das für einige von ihnen schlimmer als das, was jetzt mit ihnen passiert. Aber ich hörte, was Nasim zu Ihnen sagte …« Pearse rang nach Worten. Er schaute auf seine Hände, und sie erkannte seine Bemühungen, sich zu entspannen. Nach kurzer Zeit konnte er weitersprechen. »Wir sind das, was wir Ihnen gesagt haben. Eine Beratungsstelle. Die Leute, die zu uns kommen, jedenfalls die meisten … sind Einwanderer. Allen ist eines gemeinsam: Sie sind arm und verstehen nicht … wie unser Gesellschaftssystem funktioniert. Ich gebe zu … wir stellen das Recht der Leute, hier zu sein, nicht in Frage, … aber wenn sie unser Sozialsystem, die Krankenhäuser, die Ärzte, die Schulen nutzen, dann nehme ich an, dass es eine Kontrolle gibt. Wir haben dazu keine Zeit und auch nicht die Kenntnisse.« Angestrengt versuchte er, sein Stottern zu beherrschen.
    »Warum ist sie dann also zu Ihnen gekommen? Die Frau, die Sie ins Krankenhaus gebracht haben? Was führte sie hierher?«
    »Vielleicht hat ihr jemand gesagt … dass wir keine Fragen stellen«, sagte er. »Ich weiß es nicht.«
    Lynne hielt es für unwahrscheinlich, dass es etwas bringen würde, aber sie zeigte ihm das Foto von Gemma Wishart. »Ich kenne sie nicht«, sagte Pearse. »Ist sie eines dieser Mädchen?«
    »Sie ist ermordet worden, Mr. Pearse.«
    Seine Hand verharrte einen Augenblick über dem Foto, dann hob er sie an

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