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Nachtengel

Titel: Nachtengel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Danuta Reah
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bewahrt.
    Hull, Mittwochabend
    Der Obduktionsbericht war schon am frühen Nachmittag auf Lynnes Schreibtisch gelandet, aber sie hatte keine Zeit gehabt, ihn zu lesen. Es war bereits nach sechs Uhr, als sie dazu kam, die liegen gebliebenen Dinge auf ihrem Tisch aufzuarbeiten und sich den neu hinzugekommenen Aufgaben zu widmen. Sie zog den Bericht des Pathologen aus der Ablage und betrachtete ihn. Wenn sie wusste, wie die Frau, die sie für Katja hielt, gestorben war, würde sie besser verstehen können, ob es eine Verbindung zwischen ihrem Tod und Gemma Wisharts Ermordung gab.
    Der Pathologe war zu dem Schluss gekommen, dass es sich um einen atypischen Fall von Ertrinken handelte. Es gab Hinweise darauf, dass die Frau angegriffen worden war, bevor sie starb, aber diese Verletzungen, alte und neuere Prellungen, waren in der Klinik bereits aufgenommen worden. Es gab zusätzliche Verletzungen an ihren Händen, die in der Klinik nicht aktenkundig waren. Ihre Hände wiesen Prellungen auf und einer der Fingernägel an der rechten Hand war abgebrochen. Der Pathologe vermutete, dass die Frau sich diese Verletzungen zugezogen haben könnte, als sie bereits im Wasser war, aber es war unmöglich, definitiv festzustellen, ob es vor oder nach dem Tod passiert war. Die toxikologische Untersuchung brachte nichts Unerwartetes zu Tage. Der Alkoholspiegel im Blut entsprach einem Glas Wein oder einem doppelten Whisky, aber es gab keine Anzeichen für andere Drogen. Die Frau hatte einige Stunden vor ihrem Tod etwas gegessen, nur Brot, nichts Warmes oder Vielfältiges.
    Es gab wenig Anzeichen, die auf Ertrinken hindeuteten, kein Wasser in der Lunge und kein Schaum in den Atemwegen, aber dem Bericht nach befanden sich auf der oberen Brust und am Hals Petechien, punktförmige Hautblutungen aus den Kapillaren. Diese kommen normalerweise beim Ertrinken nicht vor, stand im Bericht, sondern entstehen, wenn sich der Kehlkopf verkrampft hat. Der Pathologe erläuterte, dass er dies als eine Ursache für das Eintreten des Todes sehe, die auch das Fehlen anderer Anzeichen für Ertrinken erkläre. Das plötzliche Eintauchen in kaltes Wasser habe Hals und Brust extrem abgekühlt. Wenn dabei sofort Wasser eingeatmet wurde, hätte sich der Kehlkopf reflexartig verkrampft, und dies hätte zu einem schnellen Erstickungstod geführt. Der Bericht wies darauf hin, dass die Leiche zwei oder drei Tage im Wasser gelegen habe, aber die niedrige Temperatur mache eine genauere Angabe unmöglich.
    Lynne runzelte die Stirn. Sie wünschte sich ein eindeutigeres Ergebnis. Noch einmal las sie ihre eigenen Notizen. Katja war an einem Mittwoch kurz nach sechs in der Beratungsstelle aufgetaucht. Nasim Rafiq und Matthew Pearse hatten mit ihr gesprochen. Pearse hatte sie ungefähr eine Stunde später zur Notaufnahme gebracht, und noch mal etwa eine Stunde später verschwand sie aus der Klinik. Pearse hatte sie in der Nähe des Parkplatzes jemandem zuwinken sehen. Gegen Mitternacht war sie zum letzten Mal bei der Humber Bridge gesehen worden. Drei Tage später wurde sie im Schlamm der Humber-Mündung gefunden. Der Bericht des Pathologen passte zu den Zeitangaben, die sie ermittelt hatte. Wenn Katja, kurz nachdem sie zum letzten Mal gesehen wurde, von der Brücke gesprungen oder gefallen war, dann stimmten die zwei bis drei Tage im Wasser ungefähr.
    Aber wo hatte sie gegessen? Und noch wichtiger, wo hatte sie Alkohol getrunken? In ihrem Magen waren noch Essensreste, sie musste also bis zu vier Stunden vor ihrem Tod gegessen haben. Vielleicht hatte man ihr in der Beratungsstelle etwas zu essen gegeben, aber bestimmt keinen Alkohol. Und das wäre sowieso zu früh gewesen. Um halb acht war sie in der Klinik angekommen. Dort hatte sie kein Essen bekommen, im Gegenteil, man hatte ihr dort ausdrücklich gesagt, sie solle vor der Untersuchung nichts essen. Sie musste also nach dem Verlassen der Klinik gegessen haben, aber wo? Lynne überlegte. Die Überwachungskameras hatten festgehalten, dass sie kurz nach zwanzig Uhr dreißig aus der Klinik wegging. Der Abend war zu kalt gewesen, um auf den Straßen herumzuschlendern. Aber der Versuch, ihre Spur zwischen der Klinik und der Humber Bridge ausfindig zu machen, hatte bisher nichts gebracht. Es gab keinen Hinweis, dass sie in einem Taxi gefahren war, niemand hatte sie in einem der Busse gesehen, die in Frage kamen, und niemand hatte sich bis jetzt gemeldet, der sie auf der Straße gesehen hatte.
    Es würde eine gerichtliche

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