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Nachtfalter

Nachtfalter

Titel: Nachtfalter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petros Markaris
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Nichte oder jüngere Schwester der sauertöpfischen Sechzigjährigen sein. Auf den ersten Blick sieht sie nicht älter als vierzig aus. Sie trägt ein blaues Kostüm mit weißer Hemdbluse. Sie hat ein paar graue Strähnen in ihrem Haar, die sie offensichtlich nicht zu vertuschen sucht.
    »Wie kann ich Ihnen behilflich sein, Herr Kommissar?« fragt sie und deutet auf einen Stuhl. Möglicherweise empfindet sie mich als aufdringlich, doch sie läßt sich nichts anmerken.
    »Wir untersuchen den Mord an Konstantinos Koustas.« Ich mache eine Pause, um zu sehen, wie sie darauf reagiert, doch sie blickt mich ruhig an und wartet auf die Fortsetzung. »Im Laufe der Nachforschungen sind wir auf Hinweise gestoßen, aus denen sich schließen läßt, daß Koustas in Verbindung zu Ihrem Unternehmen stand.«
    »Der Name sagt mir gar nichts, aber das will nicht heißen, daß er nicht mit der R. I. Hellas zusammengearbeitet hätte. Was war er denn von Beruf?«
    »Er war Nachtklubbesitzer, und ihm gehörte ein Fußballverein.«
    Sie lacht auf. »Dann wage ich zu bezweifeln, daß er mit uns beruflich zu tun hatte, Herr Kommissar. Nachtlokale und Fußballmannschaften sind nicht auf Marktforschung angewiesen. Die gewinnen von sich aus einen Überblick über ihre Kundschaft.«
    »Wie erklären Sie sich dann, daß Ihre Firma Koustas’ Fußballverein Triton sponsert?«
    Sie antwortet nicht sofort. Sie lehnt sich in ihrem Stuhl zurück, und ein Seufzer kommt ihr über die Lippen. »Darüber wundere ich mich auch. Ich konnte nie begreifen, warum wir jedes Jahr solche Unsummen an eine unbekannte Fußballmannschaft zahlen.«
    In mir steigt der Verdacht hoch, daß sie mich auf den Arm nehmen will, doch ihr Gesichtsausdruck scheint aufrichtig. »Haben Sie denn nicht selbst die Zuwendungen abgesegnet?«
    »Nein, Herr Kommissar. Die R. I. Hellas ist Tochterunternehmen einer Investmentgesellschaft, der Greekinvest. Die Anweisung zur Auszahlung der Sponsorengelder stammte aus der Zentrale.«
    Ihre Entgegnung bringt mich aus dem Konzept. Ich war der Meinung gewesen, daß ich die R. I. Hellas bereits abhaken konnte, doch nun sehe ich, daß noch weitere Erkundigungen notwendig sein werden. »Wie haben Sie die Anweisung erhalten? Telefonisch oder schriftlich?« frage ich die Arvanitaki.
    »Schriftlich natürlich. Ich kann Ihnen das Schreiben gerne zeigen, wenn Sie wollen.«
    »Ich bitte darum.«
    Die Arvanitaki drückt auf den Knopf der internen Sprechanlage und fordert den Strickstrumpf auf, die Akte der Greekinvest zu bringen. Bei ihrem Eintritt grinse ich ihr zu. Als Antwort setzt sie eine säuerliche Miene auf. Sie platzt fast vor Ärger darüber, daß sie mir jetzt auch noch zu Diensten sein muß. Sie legt den Aktenordner auf den Schreibtisch, wendet sich dann um und verläßt mit demonstrativ zur Zimmerdecke gerichtetem Blick den Raum.
    Die Arvanitaki sucht und findet schließlich das Schreiben. Es handelt sich um einen Brief an die R. I. Hellas vom 10.9.1992.
    Hiermit setzen wir Sie in Kenntnis, daß wir mit der Geschäftsführung des Fußballvereins Triton bezüglich der Zahlung von Sponsorengeldern seitens Ihrer Firma übereingekommen sind. Der jährliche Gesamtbetrag der finanziellen Zuwendung beläuft sich auf 240 (zweihundertvierzig) Millionen Drachmen und wird ab dem laufenden Monat September in zwölf Monatsraten ausbezahlt. Die diesbezügliche Summe wird von der Greekinvest zur Verfügung gestellt und einmalig auf das Bankkonto Ihrer Firma eingezahlt. Die Vereinbarung ist ein Jahr lang gültig, kann jedoch, nach entsprechender Benachrichtigung unsererseits, verlängert werden. Wir ersuchen Sie, sich wegen der weiteren Formalitäten mit den Büros des Vereins Triton (Telefonnummer 3201111) in Verbindung zu setzen.
    Mein Blick bleibt an der Unterschrift hängen und kann sich nicht mehr lösen: Christos Petroulias. Christos Petroulias soll Inhaber der Greekinvest gewesen sein und über deren Tochterunternehmen als Geldgeber für Koustas’ Fußballverein fungiert haben? Ich brauche etwa eine halbe Minute, um meine Augen von dem Schreiben zur Arvanitaki zu heben, die mich ihrerseits gespannt mustert.
    »War Christos Petroulias der Besitzer der Greekinvest?«
    Sie zuckt mit den Schultern. »Ich nehme es an, aber ich kann es Ihnen nicht mit Sicherheit sagen. Er war jedenfalls ihr Geschäftsführer.«
    »Kam er oft hierher, in Ihre Büros?«
    »Nein. Nur wenn etwas außerordentlich Dringliches vorlag.«
    »Und wie haben Sie sich sonst mit

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