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Nachtfalter

Nachtfalter

Titel: Nachtfalter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petros Markaris
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erlischt, sie wird schlagartig ernst. Sie schweigt und beißt sich auf die Lippen. Doch als sie zum Sprechen ansetzt, klingt ihre Stimme gefaßt. »Die ist mir mehr als bekannt«, sagt sie. »Es ist meine Mutter.«
    Ich schaue sie perplex an. Was für eine Mutter? »Sie meinen doch nicht Frau Kousta?«
    »Nein, ich meine nicht Elena. Ich spreche von meiner Mutter. Meiner leiblichen Mutter.«
    Ich steige ganz in Gedanken versunken zwei weitere Stockwerke hinunter, vergesse, mich von der jungen Empfangsdame zu verabschieden, und bleibe schließlich in der Ausgangstür stehen, weil mir die Beine versagen.
    Wie konnte es dazu kommen, daß Petroulias und Koustas’ erste Ehefrau Geschäftsführer in derselben Firma sind? Und wie kam der Deal zustande, daß diese beiden Koustas’ Mannschaft mittlerweile über drei Jahre hinweg mit 240 Millionen jährlich sponsern? Man könnte ja noch hinnehmen, daß Petroulias noch andere dunkle Geschäfte mit Koustas machte. Aber seine Exfrau? Die hatte doch Koustas wegen eines Sängers verlassen und jegliche Beziehung zu ihren Kindern abgebrochen, und nun sollte sie die Fußballmannschaft ihres Exmannes unterstützen? Und Petroulias sollte einen nebulösen Elfmeter pfeifen, damit die von ihm gesponserte Mannschaft die Meisterschaft verlor?
    Ich steige ganz benommen in meinen Mirafiori. Mit beiden Händen am Lenkrad sitze ich da und blicke durch die Windschutzscheibe, wie es kleine Kinder tun, die bei abgestelltem Motor Chauffeur spielen. Für die Verbindung zwischen Petroulias und Koustas kommen mir viele Erklärungen in den Sinn. Doch die Beziehung der Karamitri zu ihrem Exgatten kann ich nirgends einordnen.

33
    B eim morgendlichen Gruß kommt es bereits zu einer ersten Auseinandersetzung zwischen mir, Adriani und Katerina. Heute muß ich zur Untersuchung ins Krankenhaus, und Katerina besteht darauf, mich zu begleiten, doch ich will nichts davon wissen. Mir reicht schon, daß ich Ousounidis treffen werde und nicht weiß, wie ich mich ihm gegenüber verhalten soll. Wenn jetzt auch Katerina mitkommt, dann werde ich bestimmt das Gefühl nicht los, daß sie sich hinter meinem Rücken ständig zuzwinkern. Mein Vorschlag, allein zum Krankenhaus zu fahren, wird jedoch von beiden Frauen sofort abgelehnt. So gelangen wir zu einer Kompromißlösung: Ich fahre mit Adriani, und Katerina beschäftigt sich mit ihrer Bibliographie.
    »Wann bist du denn damit fertig und fährst nach Thessaloniki zurück?« frage ich.
    Sie blickt zu mir herüber, aber ohne das übliche spöttische Lächeln. »Willst du mich loswerden?« Ihr Blick ist feindselig und der Ton gekränkt.
    Ich sehe, daß es mit der Beziehung zu meiner Tochter in der letzten Zeit rasant bergab geht, doch ich kann nichts dagegen tun. Ich ahne zwar, daß ein gut Teil der Schuld bei mir liegt. Doch da sie offensichtlich nur wegen Ousounidis in Athen bleibt, würde ich sie am liebsten zurück nach Thessaloniki schicken. Früher verfiel ich jedes Mal in Trübsinn, sobald sich der Tag ihrer Abreise näherte. Das wird fraglos auch diesmal geschehen, und doch möchte ich, daß sie endlich abreist.
    »Wegen mir wirst du den Abgabetermin deiner Doktorarbeit verschieben müssen, und das macht mir ein schlechtes Gewissen.« Was ich ihr sage, ist nur die halbe Wahrheit, doch wie alle Halbwahrheiten erfüllt sie ihren Zweck. Denn sie fällt mir um den Hals und küßt mich.
    »Ach, Papa, wann wirst du endlich deine fixen Ideen los!« meint sie lachend.
    Nie und nimmer, entgegne ich ihr in Gedanken. Ein Bulle ohne fixe Ideen ist ein schlechter Bulle. So löst sich die ganze Situation doch noch in Wohlgefallen auf.
    Trotzdem gehe ich genervt aus dem Haus. Mit Adriani habe ich vereinbart, daß sie mich um halb zwölf abholen wird, um mich ins Krankenhaus zu fahren, und nun stehe ich in der Kantine und warte, daß mir Aliki den ›griechischen‹ Kaffee zubereitet. Als sie mit einer Kollegin herumalbert, will ich schon protestieren, doch ich beherrsche mich.
    Mit dem Kaffee in der Hand trete ich ins Büro meiner beiden Kriminalobermeister, doch Dermitzakis ist nicht vor Ort. »Wo ist dein Kollege?« frage ich Vlassopoulos.
    »Er wird unterwegs sein.«
    »Klar ist er unterwegs, wenn er nicht in seinem Büro hockt. Die Frage ist, ob er dir gesagt hat, wohin er geht, oder ob jeder hier ein und aus geht, wie es ihm gerade paßt, ohne irgend jemandem Bescheid zu sagen.«
    »Nein, er hat nichts zu mir gesagt.«
    »Schick ihn in mein Büro, sobald er auftaucht. Ich

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