Nachtfalter
begrüßt mich mit einem Lächeln, gewährt mir aber nicht ohne weitere Rückfragen einen Termin bei Niki Kousta. Sie läßt mich warten, um sich mit ihr abzusprechen. Bald danach durchquere ich erneut den Gang mit den engen Kämmerchen. Die Tür zum Büro der jungen Kousta steht offen, so wie bei meinem letzten Besuch. Sie ist einfach gekleidet und ungeschminkt. Nur ihr kurzes schwarzes Haar glänzt, sie hat es mit Gel streng nach hinten gekämmt.
»In der letzten Zeit sehen wir uns ja fast täglich«, meint sie. »Sind Sie auf etwas Neues gestoßen?«
»Nein, aber ich habe ein Problem, und auf der Suche nach einer Lösung bin ich zu Ihnen gekommen.«
»Aber gerne, falls ich dazu beitragen kann.«
»Wie kommt es, daß Triton, der Fußballverein Ihres Vaters, von Ihrem Arbeitgeber gesponsert wird?«
»Sie meinen von der R. I. Hellas?«
»Ja.«
Das unschuldige Kinderlächeln weicht einem fragenden Gesichtsausdruck. »Ich habe keine Ahnung. Das höre ich zum ersten Mal.« Sie denkt kurz nach und findet keine Antwort. »Aber kein Wunder, daß ich nichts davon weiß. Ich habe mit den Verwaltungsangelegenheiten der Firma nichts zu tun. Ich befasse mich nur mit Meinungs- und Marktforschungsumfragen.«
»Haben Sie nicht zufällig von Ihrem Vater davon gehört?«
»Ich habe es Ihnen bereits gesagt, glaube ich. Er hat nie über seine Geschäfte gesprochen.«
»Ist er jemals hierher in die Firma gekommen?«
»Niemals. Wenn er hergekommen wäre, dann hätte er bei mir vorbeigeschaut. Wir haben uns zwar selten gesehen, aber so weit gingen wir uns auch wieder nicht aus dem Weg.«
»Wer könnte noch Einzelheiten über die Zahlungen an Triton wissen?«
»Nur Frau Arvanitaki, die Geschäftsführerin. Ihr Büro liegt eine Etage höher.«
Dem Fahrstuhl, der die Ausmaße einer Schiffstoilette hat, ziehe ich die breite Holztreppe vor und nutze so die Gelegenheit, mein Herz ein wenig zu trainieren.
In der oberen Etage wurde die ganze Pracht des aus der Zwischenkriegszeit stammenden Palazzos bewahrt. Der große Saal ist unversehrt erhalten geblieben und mit Sofas, Sesseln und kleinen Tischen möbliert. Hier empfängt man wohl die Unternehmer, die das Kaufverhalten der Konsumenten kontrollieren, sowie die Politiker, die das Wählerverhalten messen lassen wollen.
Auf dem Gang sind alle Türen geschlossen und mit Schildern wie »Buchhaltung«, »Verwaltung«, »Personal« versehen. Da mich keines davon anspricht, gehe ich weiter und treffe am Ende auf eine Tür mit der Aufschrift »Geschäftsführung«. Ich trete ohne anzuklopfen ein.
Eine dürre Sechzigjährige mit weißem Haar und enganliegendem Kostüm hebt den Kopf und blickt mich über den Rand ihrer Lesebrille an. Die Inneneinrichtung steht in krassem Gegensatz zu ihrer Person – modernes Design aus Metall und Glas.
»Was wünschen Sie?« fragt sie kühl, bereit, mich von der Schwelle zu jagen, noch bevor ich antworten kann.
»Kommissar Charitos. Ich hätte gerne Frau Arvanitaki gesprochen.«
»Haben Sie einen Termin?« Ihr Gesichtsausdruck gibt mir zu verstehen, daß sie es für ausgeschlossen hält, daß Frau Arvanitaki einen Termin mit einem Polizeibeamten hat.
Ich bestätige ihr Urteil. »Nein.«
»Tut mir leid, aber sie ist nicht abkömmlich.«
»Ich möchte ihr nur eine Frage stellen. Es dauert nicht mehr als fünf Minuten.«
»Wie ich schon sagte. Sie ist nicht zu sprechen.«
Offensichtlich ist sie der Meinung, daß sich jede weitere Diskussion erübrigt, denn sie würdigt mich keines Blickes mehr und beginnt in einem Aktenordner Unterlagen zu sortieren. »Hör mal«, duze ich sie mit einem Mal. »Morgen schicke ich eine Vorladung an die Arvanitaki, und sie muß innerhalb von vierundzwanzig Stunden im Athener Polizeipräsidium erscheinen. Wenn sie sich dann bei mir beschwert, warum sie auf diese Art und Weise vorgeladen wird, sage ich ihr, ich wollte in ihrem Büro vorsprechen, doch ihre Sekretärin habe mich abblitzen lassen.«
Sie läßt das Blatt in ihrer Hand sinken, hebt den Blick und versucht, mich einzuordnen. Sie weiß jedoch nicht, unter welchem Stichwort sie mich ablegen soll – bei den bärbeißigen Bullen oder bei den senilen Schaumschlägern. Sie beschließt, mich in die erste Kategorie einzustufen, um jeder Schwierigkeit aus dem Weg zu gehen.
»Einen Augenblick«, sagt sie und verschwindet hinter der Tür am Ende des Korridors. Nach zehn Sekunden öffnet sie sie halb und sagt giftig: »Kommen Sie mit.«
Die Arvanitaki könnte die
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