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Nachtfalter

Nachtfalter

Titel: Nachtfalter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petros Markaris
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ihm verständigt?«
    »Über Fax oder Telefon.«
    »Frau Arvanitaki, ist Ihnen nicht zu Ohren gekommen, daß Christos Petroulias ermordet worden ist?«
    Sie beginnt, auf ihrem Stuhl hin und her zu rutschen, ganz so wie Mantas. »Es ist mir zu Ohren gekommen«, entgegnet sie halbherzig.
    »Und warum sind Sie nicht zu uns gekommen und haben uns gesagt, daß Petroulias der Geschäftsführer und möglicherweise sogar der Inhaber dieser Greekinvest war, unter deren Kontrolle Ihre Firma steht?«
    Sie blickt mich wortlos an. Sie sucht nach einer Ausflucht, ihre Haltung zu rechtfertigen, doch es fällt ihr nicht gerade leicht. Schließlich lenkt sie ein, da sie keinen anderen Ausweg sieht.
    »Hören Sie, Herr Kommissar«, sagt sie. »Wir sind ein Unternehmen, das sich mit Meinungsumfragen und Marktforschung befaßt. Wir haben mit Parteien, Politikern und Unternehmern zu tun. Sie werden verstehen, was es für uns bedeuten würde, wenn herauskäme, daß Christos Petroulias Geschäftsführer unserer Zentrale war. Als klar schien, daß sein Tod keinen direkten Bezug zur R. I. Hellas hatte, beschloß ich zu schweigen, in der Hoffnung, daß die Sache bald vergessen sein würde und Petroulias’ Beziehung zu unserem Unternehmen nicht ans Licht käme.«
    »Ihr Chef stirbt eines gewaltsamen Todes, und Sie haben nur Ihre Meinungsumfragen im Kopf?«
    »Bitte verstehen Sie: Die Politiker und die Produkte, die wir vertreten, sind in aller Munde. Es tut mir leid, daß der Mann umgekommen ist, doch ich mußte den Ruf des Unternehmens schützen, an dessen Spitze ich stehe.«
    Wie hatte es Kalojirou so schön ausgedrückt: Was kann man von einer Welt noch erwarten, in der alle Uhren gleich gehen?
    »Wußte sonst jemand in der Firma, wer Petroulias war?«
    »Nein, niemand.«
    »Gut, Petroulias wurde im Juni ermordet. Inzwischen sind drei Monate vergangen. Von wem haben Sie in diesem Zeitraum Anweisungen erhalten?«
    »Es gab einen zweiten Geschäftsführer, oder besser gesagt: eine Geschäftsführerin.«
    »Um wen handelt es sich?«
    »Eine gewisse Loukia Karamitri. Petroulias habe ich schon sehr selten zu Gesicht bekommen. Aber sie habe ich überhaupt noch nie gesehen. Ich kenne sie nur aus Telefongesprächen und durch ihre Unterschrift auf den Faxen.«
    Der Name Loukia Karamitri sagt mir nichts, doch ich mache mir auch keine Notizen, so wie meine Assistenten. Ich halte alles in meinem Gedächtnis fest. »Sie werden aufs Präsidium kommen und eine Aussage machen müssen«, sage ich zur Arvanitaki.
    »Kann ich Sie um einen Gefallen bitten?«
    »Was für einen Gefallen denn?«
    »Daß Petroulias’ Beziehung zu unserem Unternehmen nicht publik wird.«
    »Sollte das mit dem Mord nichts zu tun haben, wird es nicht erwähnt.«
    Sie stößt einen Seufzer der Erleichterung aus. »Das ist auch schon was. Ich bin sicher, daß es nichts damit zu tun hat. Kann ich das Schreiben wieder haben?« fragt sie und deutet auf den Brief mit Petroulias’ Unterschrift, den ich immer noch in der Hand halte.
    »Ja, aber ich möchte eine Fotokopie behalten.«
    Sie erhebt sich von ihrem Schreibtisch und begleitet mich in den Vorraum. Der Strickstrumpf blickt ihr gespannt entgegen, und es scheint ihr nicht recht zu sein, daß sich ihre Chefin die Mühe macht, mich hinauszubegleiten, und sogar selbst das Schreiben kopiert.
    Als ich die Treppe hinuntersteige, werfe ich einen weiteren Blick auf den Brief und verweile beim Firmenlogo. Die Adresse der Greekinvest lautet Fokionos-Straße 8. Die Büros der R. I. Hellas liegen in der Apollonos-Straße. Die Büros von Triton in der Mitropoleos-Straße. Das eine ist vom anderen nicht weiter als einen Häuserblock entfernt. Warum? Darauf weiß ich keine Antwort, doch es scheint mir kein Zufall zu sein.
    Ich beeile mich, wieder an meinen Schreibtisch zu kommen, und laufe die Treppenstufen hinunter. Doch als ich in der unteren Etage ankomme, ändere ich meine Route. Ich biege in den Gang ein und trete nochmals in Niki Koustas Büro.
    »Haben Sie mit Frau Arvanitaki gesprochen?« fragt sie bei meinem Eintreten.
    »Ich habe mit ihr geredet und möchte Ihnen noch eine Frage stellen. Sagt Ihnen der Name Christos Petroulias irgend etwas?«
    »Nein. Sollte er?«
    Er sollte eigentlich nicht, da die Arvanitaki Petroulias’ Rolle geheimgehalten hatte. »Ich möchte bloß wissen, ob Ihr Vater ihn jemals erwähnt hat.«
    »Nein, nie.«
    »Ist Ihnen eine gewisse Loukia Karamitri bekannt?«
    Das kindliche Lächeln auf ihrem Gesicht

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