Nachtflamme: Roman (German Edition)
Entscheidung.«
»Ich habe zu viel Tod gesehen, Layla. Zu viel Blut und Schmerzen. Ich weiß, es wird noch schlimmer, und ich weiß auch, wir tun alle, was wir können. Aber ich weiß nicht, ob ich es überleben würde, wenn ich auch dich verlieren würde.«
Seine Traurigkeit, das unerträgliche Gewicht seines Kummers drückte ihr aufs Herz. »Wir finden einen Weg. Das hast du doch immer geglaubt, und du hast dafür gesorgt, dass auch ich es glaube. Komm. Geh nach oben, und leg dich hin. Keine Widerrede jetzt.«
Er war zu erschöpft, um zu widersprechen, und ließ sich von ihr ins Bett bringen. Als sie sicher war, dass er eingeschlafen war, lief sie nach unten, um die Kanzlei abzuschließen, dann rief sie Cal an und bat ihn zu kommen.
Als er zur Tür hereinkam, legte sie den Finger auf die Lippen. »Er schläft. Er hatte eine unruhige Nacht, und der Tag war auch nicht viel besser. Ein Alptraum«, fügte sie hinzu, »in dem Carly und ich eins waren.«
»Oh, Scheiße.«
Sie schenkte ihm einen Kaffee ein. »Er hat mir von ihr erzählt, aber das hat ihn völlig fertiggemacht.«
»Es ist gut, dass er es dir erzählt hat. Es hat ihm auf der Seele gelegen.« Er trank einen Schluck Kaffee, dann senkte er die Tasse und blickte sie erstaunt an. »Wie kommt denn der Kaffee hierher?«
»Fox hat mir eine Kaffeemaschine gekauft.«
Cal lachte. »Er kommt schon wieder in Ordnung, Layla. Es trifft ihn eben manchmal. Nicht oft, aber wenn, dann mit aller Wucht.«
»Er macht sich Vorwürfe, und das ist dumm«, sagte Layla. »Aber er hat sie eben geliebt. Er hat mir erzählt, dass er versucht hat, sie zu finden, als sie von der Farm weggefahren ist. Ihr habt Kinder aus einem brennenden Haus geholt, irgendein Typ hat in der Stadt um sich geschossen, und dieser Hurensohn Napper ist mit einem Baseballschläger auf ihn losgegangen. Es macht ihn krank, dass er sie nicht davon abhalten konnte zu springen.«
»Dazu kann ich auch noch einiges beitragen, was er dir wahrscheinlich gar nicht erzählt hat. Auch er hatte Verbrennungen, nicht so schlimm wie meine damals, aber immerhin. Als der Anruf kam, rannte er vor Gage und mir los. Auf dem Weg hat er Proctor – das war der Typ mit dem Gewehr – zwischen die Beine getreten, Gage das Gewehr zugeworfen und ist dann weitergerannt. Einen der Jungen, die sich über eine Frau auf dem Bürgersteig hergemacht hatten, hat er bewusstlos geschlagen. Ich habe mir den anderen vorgeknöpft, aber dadurch war ich nicht mehr so dicht hinter ihm. Anschließend kam Napper. Er holte mit seinem Baseballschläger aus und brach Fox den Arm.«
»Mein Gott.«
»Gage hat sich wie ein Rammbock auf ihn gestürzt, und Fox ist weitergerannt. Wir konnten Napper nur zu zweit überwältigen, als wir endlich in die alte Bibliothek kamen, rannte Fox schon die Treppe hinauf. Im Gebäude war die Hölle los. Auch wir kamen zu spät. Sie stürzte bereits in die Tiefe, als wir aufs Dach kamen. Ich dachte schon, er würde ihr hinterherspringen. Er war blutüberströmt von den Straßenkämpfen und von den Büchern, die ihm wie Geschosse um den Kopf geflogen waren. Er hätte nichts tun können. Das weiß er auch. Aber ab und zu packt es ihn noch einmal und zerreißt ihn.«
»Wenn sie ihm geglaubt und getan hätte, was er von ihr verlangte – und was sie ihm versprochen hatte -, dann wäre sie noch am Leben.«
Cal blickte sie aus seinen ruhigen grauen Augen an. »Das stimmt. Genau, das ist richtig.«
»Aber er gibt ihr nicht die Schuld.«
»Es ist schwer, jemandem die Schuld zu geben, der tot ist.«
»Für mich nicht. Wenn sie ihn so geliebt hätte, dass sie ihr Versprechen gehalten hätte, dann hätte er nicht sein Leben riskieren müssen, um sie zu retten. Das habe ich zu ihm nicht gesagt, und ich werde mich auch bemühen, es nie in seiner Gegenwart zu erwähnen, aber nachdem ich es jetzt laut ausgesprochen habe, geht es mir besser.«
»Ich habe es laut ausgesprochen und ihm ins Gesicht gesagt. Auch mir ging es danach besser, aber bei ihm schien es nicht das Gleiche zu bewirken.«
Layla nickte. »Da ist noch was. Warum Carly? Sie gehörte nicht zum Ort, aber sie war anscheinend innerhalb weniger Minuten infiziert. Und zwar so stark, dass sie Selbstmord beging.«
»Das ist schon häufiger vorgekommen. Meistens sind es natürlich Leute, die in Hollow leben, aber auch Außenseiter kann es erwischen.«
»Ich wette, die meisten von ihnen werden Opfer von jemandem, der infiziert ist. Aber sie war die Frau, die einer von
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