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Nachtflügel

Nachtflügel

Titel: Nachtflügel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kenneth Oppel
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Dämmers Erstaunen kam er diesmal ganz heraus und hockte sich leicht schwankend auf den Rand des Lochs.
    »Keine Angst«, flüsterte Sol und kam ein paar Schritte näher. »Wir sind bald wieder weg.«
    Der Soricid öffnete das Maul, als wollte er etwas sagen, und Dämmer sah seine Zähne. Sie waren klein, zahlreich und sehr, sehr scharf. Im blassen Strahl des Mondlichts blitzten sie rot auf. Ein geisterhaftes Zischen entstieg der Kehle des kleinen Geschöpfs, und dann warf es sich auf Sol, zwickte ihn in den Nacken und tänzelte wieder zurück.
    Sol schrie mehr vor Überraschung auf als vor Schmerz, denn der Biss des kleinen Tiers konnte nicht sehr wehgetan haben. Wütend breitete er die Segel aus und rückte vor, doch dann versteiften sich seine Beine unter ihm und er stürzte auf das Gesicht. Er zuckte ein paar Mal und blieb dann mit weit geöffneten, verständnislos blickenden Augen liegen.
    »Sol!«
    Südwind eilte an die Seite des Ältesten. Sol war nicht tot, denn Dämmer konnte sehen, wie sich seine Flanken hoben und senkten. Er war am Leben, doch er konnte sich nicht bewegen.
    »Er ist gelähmt!«, sagte Südwind und starrte den kleinen Soricid an. »Sein Biss hat ihn vergiftet.«
    Nacheinander sprangen dann acht Soriciden aus dem Loch und rückten zischend auf Sol und Südwind zu. Tapfer hielt Südwind die Stellung und breitete hoch aufgerichtet die Segel aus. In diesem Augenblick erinnerte er Dämmer sehr an ihren Vater. Schnell eilte er an die Seite seines Bruders und sah noch aus dem Augenwinkel, wie auch Sylph und ein paar andere Chiropter herbeikamen. Zusammen schirmten sie ihren gestürzten Ältesten ab.
    Die Gesichter der Soriciden glühten vor wahnsinnigem Verlangen. Nach mehreren Scheinangriffen warteten sie geschickt auf den richtigen Moment, ihre lähmenden Bisse anzubringen.
    »Treibt sie in ihre Löcher zurück!«, befahl Südwind.
    Dämmer rückte mit den anderen vor und fühlte sich furchtlos und stark. Er zeigte die Zähne. Er zischte. Mit seinen Flügeln machte er sich groß. Die Soriciden zogen sich an den Rand ihres Lochs zurück, doch da hörte Dämmer Schreie von anderen der Kolonie.
    »Da sind noch mehr!« – »Die sind überall!«
    Voller Entsetzen erblickte Dämmer Sturzfluten von Soriciden, die aus ihren vielen Löchern strömten. Einige der Chiropter hielten die Stellung, spuckten, bissen und schlugen mit Zähnen und Krallen um sich. Sie waren keine geübten Kämpfer, wussten aber genug, um die Köpfe der Soriciden zu meiden und nach Flanken und Hinterbeinen zu zielen. Die Chiropter hatten Größe und Kraft auf ihrer Seite, und wenn sie die Segel ausbreiteten, zuckten die Soriciden zurück, doch nicht immer. Sie schienen praktisch keine Angst zu haben, griffen immer wieder an und jagten die verschreckten Chiropter auseinander.
    Die Soriciden, denen Dämmer sich gegenüber sah, waren zahlreicher geworden und stießen nun gemeinsam vor, als Masse aus struppigem Fell und giftigen, roten Zähnen. Es blieb nichts anderes übrig, als zurückzuweichen. Sol lag schutzlos am Boden. Dämmer wollte ihn nicht verlassen, aber er wollte auch nicht dasselbe Schicksal erleiden. Die Soriciden schwärmten über den gelähmten Ältesten, bis Dämmer nichts mehr von ihm sehen konnte.
    »Alle raus!«, schrie Südwind der Kolonie heiser zu. »Raus hier!«
    Dämmer drückte sich fest an Sylph und wirbelte herum. In heller Panik strebten die Chiropter dem einzigen Ausgang zu, einer kletterte über den anderen. Keiner kümmerte sich darum, ob die Hyaenodonten oder die Feliden vielleicht noch draußen warteten. Die Raubtiere hier drinnen waren genauso fürchterlich.
    »Hier lang!«, sagte Dämmer und führte Sylph eine Wand hinauf im verzweifelten Versuch, der Flut von Soriciden zu entkommen, die auf sie zuschwappte.
    Von der Decke ließ sich ein Soricid auf Sylphs Rücken fallen. Ohne Zögern bäumte sich Dämmer auf und versenkte seine Zähne tief in das Fleisch des Tiers. Noch nie zuvor hatte er ein anderes Tier gebissen, und er verspürte ein fiebriges Aufwallen von Erregung und Furcht. Er löste seine Kiefer und biss wieder zu, tiefer diesmal, und zerrte den Soriciden von Sylph weg. Benommen schlug dieser auf dem Boden auf und Dämmer kletterte weiter hinter Sylph her. Wenn sie einen freien Weg die Decke entlang finden würden, könnten sie es bis zum Ausgang schaffen, obwohl der bereits von anderen Chiroptern verstopft war.
    In seiner Hast bemerkte er den Biss kaum.
    Er blickte zur Seite und sah den

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