Nachtflug Zur Hölle
ins Erdgeschoß zu bringen.
Weigern Sie sich, jetzt mitzukommen, nehmen die Marines an, Sie seien tot, und zerstören dieses ganze Gebäude. Dann sind Sie und alle anderen tot. Wollen Sie so kurz vor Ihrer Befreiung noch den Tod riskieren? Kommen Sie heraus, damit ich Sie sehen und nach oben begleiten kann!«
Noch immer keine Antwort.
Luger blieb an die Zellentür gepreßt in der Hocke, wo der andere ihn nicht sehen konnte. Ich bin kein passiver, betäubter, verwirrter Gefangener mehr, sagte Luger sich. Teresow will dich umlegen. Du mußt dich mit allen Tricks wehren, Dave, denn für dich gibt’s keine zweite Chance.
Luger wußte, daß die Zellentür mit drei Riegeln gesichert war.
Waren mindestens zwei davon vorgeschoben, hielt sie bestimmt – aber mit nur einem ließ sie sich vielleicht aufbrechen. Er begann, sich ganz darauf zu konzentrieren, was Teresow dort draußen machte. Er wußte, daß er nur eine Chance bekommen würde.
Schüsse fielen; McLanahan zuckte bei jedem Knall zusammen. Aber die Schüsse kamen nicht von vorn, sondern von hinten! John Ormack, noch immer mit Helm und Nachtsichtbrille, stand hinter ihm und schoß mit seiner 9-mm-Pistole auf die beiden Soldaten.
»Los, Patrick!« keuchte er, als er nachladen mußte. »Lauf schon!«
Die feindlichen Soldaten waren hinter dem Rumpf der MV-22 verschwunden. McLanahan nutzte die Gelegenheit, rappelte sich auf und schleppte den Piloten am Kragen gepackt weiter. Dabei hörte er, wie Ormack das leergeschossene Magazin auswarf, ein neues einsteckte und im Zurückgehen weiterschoß.
Ormack hatte das Türschloß des Nebeneingangs mit einigen Schüssen seiner Beretta aufgesprengt. Für McLanahan, der keine Nachtsichtbrille mehr hatte, war es im Korridor stockfinster. »Mann, du bist genau rechtzeitig gekommen«, keuchte er. »Dafür bin ich dir was schuldig,«
»Schon gut«, wehrte Ormack ab. Er zog sein Funkgerät aus dem ALICE-Gurtzeug, versuchte mehrmals vergeblich, jemanden zu erreichen, und gab entnervt auf. »Versuch’s mal mit deinem, Patrick.«
Aber als McLanahan sein Funkgerät herauszog, zeigte sich, daß es zertrümmert war.
»Was siehst du?« fragte McLanahan. »Wo sind wir hier?«
Ormack holte einen Infrarotleuchtstab aus einer Koppeltasche, verbog ihn, bis ein Glasröhrchen in dem biegsamen Plastikstab zerbrach, und schüttelte ihn. Während McLanahan kaum die Hand vor Augen erkannte, hatte Ormack mit seiner Nachtsichtbrille den Korridor und das Treppenhaus hell beleuchtet vor sich. «Keine weiteren Türen – dieser Nebeneingang führt nur zu den Kellergeschossen«, sagte Ormack, während er sich langsam umsah. »Vor uns liegt eine Kellertreppe.«
»Hier können wir jedenfalls nicht bleiben«, stellte McLanahan fest. »Womöglich fällt’s den Kerlen dort draußen ein, die Verfolgung aufzunehmen.«
»Ich schlage vor«, sagte Ormack, »daß wir uns einen Platz suchen, von dem aus wir Treppenhaus und Kellergeschosse überwachen können, bis Hilfe kommt.«
»Gute Idee«, stimmte McLanahan zu. Er legte sich den Verwundeten über die Schulter, schob Oberleutnant Marx vor sich her, und gemeinsam folgten sie Ormack, der sich um den inzwischen wieder halbwegs gehfähigen Piloten kümmerte.
Zum Teufel mit dir, Luger! fluchte Teresow lautlos vor sich hin. In Wirklichkeit war er jedoch über sich selbst wütend. Warum hast du nicht daran gedacht, ein paar Soldaten in den Keller mitzunehmen?
Teresow zog das Pistolenmagazin heraus und zählte die Patronen – sieben, davon eine im Lauf. Du hast nicht mal daran gedacht, ein Reservemagazin mitzunehmen.
Als sein Zorn überkochte, schob Teresow das Magazin wieder hinein, steckte die Pistolenmündung durchs Fenster in der Tür und gab blindlings vier Schüsse in die winzige Zelle ab. Nach dem zweiten Schuß hörte er zu seiner größten Genugtuung gellend laute Schmerzensschreie.
Na, also! dachte Teresow befriedigt.
Die Schmerzensschreie gellten weiter. Luger war offenbar ernstlich verletzt. Ein Querschläger mußte ihn schwer, wenn auch nicht tödlich, verletzt haben.
Teresow sperrte die Zellentür auf, zog die Riegel zurück und öffnete die Stahltür langsam einen Spalt weit. Als er in die Zelle leuchtete, sah er unmittelbar vor sich einen Fuß; Luger mußte also an der Tür gelegen haben. Der Fuß zitterte unkontrollierbar – wie im Todeskampf. Ausgezeichnet. Teresow öffnete die Tür vorerst nicht weiter. Er hatte es nicht eilig. Er konnte abwarten, bis Luger durch den Blutverlust
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