Nachtflug Zur Hölle
geschwächt war.
Öffnete er danach die Zellentür, würde Luger ihm entgegen fallen.
Der Zugang zum ersten Kellergeschoß war abgesperrt. Wie sie bei ihrer Einsatzbesprechung gehört hatten, gab es hier unten außer einigen wenigen Büros fast nur Abstell- und Lagerräume. Um keine feindlichen Soldaten auf sich aufmerksam zu machen, verzichteten sie darauf, das Schloß der Brandschutztür aufzuschließen, sondern bugsierten und schleppten ihre drei Schutzbefohlenen die Treppe hinunter ins zweite Kellergeschoß.
Auch dort war die Stahltür abgesperrt. Einen anderen Ausweg gab es nicht: Sie mußten durch diese Tür oder wieder die Treppe hinauf nach oben. Bei ihrer Einsatzbesprechung hatten sie gehört, daß hier unten der Heizungskeller dieses Gebäudes lag. Folglich hatten sie keinen Grund, dort einzudringen. »Wir bleiben in dieser Ecke, von der aus wir Tür und Treppe überwachen können«, sagte McLanahan und gab Ormack eine der Maschinenpistolen. »Ich gehe nach oben und sehe nach, ob die Marines …«
Plötzlich waren vier Schüsse und ein gräßlicher langgezogener Schmerzensschrei zu hören. Dieser Schrei wiederholte sich, gellender und lauter. Er drang wahrhaftig durch die Stahltür des zweiten Kellergeschosses.
»Um Gottes willen, was war das?« flüsterte Ormack.
»Dave«, sagte McLanahan bestimmt. »Das ist Dave gewesen!« Er hob seine MP5, stellte sie auf Einzelfeuer und zielte auf das Türschloß.
»Augenblick, Patrick! Was hast du vor?«
»Ich will Dave dort rausholen. Weg von der Tür!«
»Aber wer sagt dir, daß…«
»Weg von der Tür, John, verdammt noch mal!«
Ormack konnte den verwundeten Absetzer gerade noch in die Ecke zerren, in der bereits der Pilot und Oberleutnant Marx hockten, bevor McLanahan mehrere Schüsse auf das Schloß abgab. Mit vereinten Kräften gelang es ihnen, die Brandschutztür aufzureißen. McLanahan ließ ein neues MP-Magazin einrasten und wollte den Korridor hinter der Tür betreten.
»Augenblick, ich komme mit«, sagte Ormack.
McLanahan schien widersprechen zu wollen, aber dann überlegte er sich die Sache doch anders. Er wußte, daß er Unterstützung brauchte.
»Hier.« Ormack nahm seinen Helm mit der Nachtsichtbrille NVG-9 ab und gab ihn McLanahan, der ihn sofort aufsetzte und das Kinnband festzog. »Von diesem Infanteriescheiß verstehst du mehr als ich.«
»Nein, dort drinnen gibt’s genug Licht«, wehrte McLanahan ab, als Ormack ihm auch den Infrarotleuchtstab geben wollte. » Laß ihn hier, aber nimm für alle Fälle ein paar neue mit.«
Ormack griff nach seiner MP5, kontrollierte das Magazin, stellte die Waffe ebenfalls auf Einzelfeuer und nickte McLanahan zu.
Während Ormack ihm Feuerschutz gab, zog McLanahan die Tür langsam ganz auf und hielt sie mit dem Türstopper offen. Dahinter befand sich ein kleiner Treppenabsatz, von dem aus einige Stufen in eine Art Maschinenhalle mit einem Gewirr aus Rohren und Leitungen führten. Die Schreie waren etwas leiser geworden, schienen aber ganz aus der Nähe zu kommen. McLanahan suchte mit seiner Nachtsichtbrille das gesamte Kellergeschoß ab. Ganz im Hintergrund, wo die Schreie herkamen, war ein kleines Licht zu erkennen, das sich manchmal etwas zu bewegen schien.
Da David Lugers Bewacher wissen mußte, daß sie kamen, war kein Überraschungsangriff mehr möglich. Deshalb holte McLanahan tief Luft und brüllte: »Amerikanische Marines! Ihr seid umzingelt! Ergebt euch!« Und er wiederholte auf russisch, was Gunny Wohl und andere Marines ihm in Camp Lejeune im Schnellkurs beigebracht hatten: »Stoy! United States Marines! Pahsloshightye voy euyahl Bistrah!«
Die Schreie verstummten abrupt. McLanahan schlug das Herz bis zum Hals – er mußte annehmen, Luger sei umgebracht worden. Er umklammerte seine Maschinenpistole fester und wollte eben auf den Lichtschein zustürmen …
… als er eine vertraute Stimme hörte: »PATRICK! ICH BIN HIER UNTEN! HILF MIR!«
Verdammt! dachte Teresow, Amerikanische Marines stürmten das Fisikus – und Luger lebte noch! Er mußte ihn erledigen, bevor die Amerikaner kamen. Er wurde Luger erschießen, sich selbst eine Schußverletzung beibringen, die Waffe verstecken und sich als Lugers Mitgefangener ausgeben. Vielleicht ließen die Marines ihn am Leben, wenn sie sahen, daß er verwundet war. Teresow hielt seine Pistole schußbereit und öffnete die Zellentür etwas weiter.
Im nächsten Augenblick wurde die Tür ganz aufgestoßen, und David Luger stürzte sich auf ihn.
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