Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nachtgeboren - Sinclair, A: Nachtgeboren

Nachtgeboren - Sinclair, A: Nachtgeboren

Titel: Nachtgeboren - Sinclair, A: Nachtgeboren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Sinclair
Vom Netzwerk:
in die Knie. Er hatte den Boden noch nicht erreicht, als er schon zur Seite auswich, und Telmaine hörte das Sausen des Knüppels, der beim zweiten Mal sein Ziel nicht traf.
    »Mama!«, schrie Florilinde, als der andere Mann sie ergriff.
    Eine weitere Sondierung traf sie so stark, dass sie darunter praktisch nackt erscheinen musste. Der Mann sagte: »Wir bekommen Tercelle Amberleys Bastarde, und Hearne bekommt seine Tochter zurück. Sagen Sie ihm das.«
    Dann rannten sie zu ihrer Kutsche. Im Griff ihres Entführers schlug Florilinde vergebens um sich. »Mama!« Telmaine ließ sich aus dem Wagen gleiten und taumelte der Kutsche nach. Sie kam dicht genug heran, um nach einem der Räder zu greifen, das ihr aber aus der Hand gerissen wurde, während die Kutsche unaufhaltsam Fahrt aufnahm. Völlig außer sich drehte sie sich zu Ishmael um, der sich auf seinen Wagen gestützt hatte. »Warum stehen Sie noch herum? Wir müssen sie verfolgen.«
    Der Baron schwitzte vor Schmerz und drückte sich den linken Arm gegen den Leib. »Kann so nicht fahren«, sagte er heiser. »Brauche beide Hände. Und wir müssen uns um Ihren Mann kümmern.«
    Sie zitterte ob dieser Entscheidung, zog die Tochter, die ihr geblieben war, aus dem Wagen, drückte sie fest an sich und rannte mit ihr die Stufen zur Tür hinauf. Ihre Schuhe knirschten auf Scherben, und ihre Röcke verhakten sich an dem umgestoßenen Tisch. Amerdale schluchzte und klammerte sich an ihre Mutter, die in den Salon lief, dann in die Küche, in die Speisekammer und hinaus in den Garten. Telmaines Panik wurde immer entsetzlicher. Nur schwach nahm sie durch das Schluchzen Amerdales hindurch eine andere Stimme wie ein Echo wahr.
    »Prinzessin Telmaine!« Sie wirbelte herum. Ishmael di Studier hielt sich am Türrahmen fest. »Er ist oben«, sagte er ruhiger. »Hören Sie nicht?« Doch, jetzt hörte sie auch die Stimme von Floria Weiße Hand, die ihren Mann rief.
    Balthasar lag zusammengekrümmt an der Papierwand in seinem Arbeitsraum. Als sich alle im Raum befanden, verlangte Floria mit einer Stimme, kaum mehr als ein Zischen, zu wissen: »Wer ist da?«
    Der Baron antwortete: »Ishmael di Studier, meine Dame. Baron Strumheller und Prinzessin Telmaine Hearne.«
    »Baron Strumheller, Dank sei der Mutter. Ich bin Floria Weiße Hand«, erwiderte die lichtgeborene Mörderin. »Was ist mit Balthasar geschehen?«
    Der Baron ließ sich auf ein Knie nieder. Er verzog das Gesicht, nahm eine Fingerspitze seines Handschuhs zwischen die Zähne und zog daran, doch das Kleidungsstück saß noch zu eng, um es einfach abziehen zu können. »Gnädige Frau«, sagte er, »helfen Sie mir bitte, mich meines Handschuhs zu entledigen.«
    Telmaine ignorierte ihn. Sie kniete sich hin, ließ Amerdale los, streifte ihre eigenen Reisehandschuhe ab, streckte die Hände nach Balthasar aus und spürte kalt gewordene feuchte Haut und Schmerz – Schmerz – Schmerz . Sie stieß einen Schrei aus und riss die Hände zurück, presste sie sich auf den Bauch und krümmte sich zusammen. Di Studier murmelte: »Das war die erste Antwort«, und streckte die Arme aus, um ihre Handgelenke zu umfassen. »Wo ist er verletzt?«
    Sie war zu keiner Antwort fähig. Sie spürte nicht, dass sich die Verletzungen irgendwo lokalisieren ließen. Nur Schmerz – Schmerz – Schmerz , der sogar die Luft zu füllen schien.
    »Mein Handschuh muss runter.« Der Baron biss die Zähne zusammen. »Jetzt!«
    Amerdale fasste seinen Handschuh mit ihren kleinen Händen und zog mit all ihrer Kraft. Erst später half Telmaine ihr, ohne sich seiner Gedanken bewusst zu werden – sie hatte lediglich das Gefühl, da sei etwas wie eine Lage glühender Kohlen. Der Baron legte Balthasar seine bloße Hand auf die Kehle. »Der Puls ist tastbar, aber Ihr Mann ist in schlechtem Zustand.« Er ließ die Hand herabgleiten und drückte sie Balthasar sanft auf den Bauch. Balthasar stöhnte. »Er hat den ganzen Bauch voller Blut. Sie haben ihm irgendetwas zerschlagen – die Milz, verdammt.«
    Sein Tonfall verriet ihr, wie schlimm es stand. Unsicher stand Telmaine auf. »Er braucht einen Arzt!«
    »Einer von Ihren Blutegeln würde ihn mit Sicherheit umbringen«, erwiderte Ishmael. »Frau Weiße Hand, wenn Ihnen etwas am Leben dieses Mannes liegt, benötige ich jetzt das stärkste Spiculum, das Sie haben. Ich bin ein Magier ersten Grades, was nicht viel ist, aber dieser Mann liegt im Sterben.«
    Telmaine hörte, wie Floria aus dem benachbarten Zimmer

Weitere Kostenlose Bücher