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Nachtgefieder • Laura Gottbergs siebter Fall

Nachtgefieder • Laura Gottbergs siebter Fall

Titel: Nachtgefieder • Laura Gottbergs siebter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felicitas Mayall
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nicht, Tommasini. Ich hatte nur den Eindruck, dass der Commissario nicht nur in einer Richtung ermittelte. Er traute, glaube ich, dem ganzen Laden nicht. Deshalb – und das bleibt bitte unter uns – hat er eine Vertrauensperson dort einquartiert. Ich hatte mich auch beworben, aber mich wollten sie nicht.»
    «Eine Vertrauensperson? Eine Kollegin?» Tommasini blieb stehen.
    «Nein, keine Kollegin. Offensichtlich eine alte Bekannte aus Florenz. Sie hat schon einen kurzen Bericht auf dem Anrufbeantworter des Commissario hinterlassen.»
    «Aber das kann gefährlich werden!»
    «Natürlich kann das gefährlich werden. Deshalb habe ich dem Vice-Commissario nichts davon gesagt. Wir dürfen auf keinen Fall irgendetwas unternehmen, das diese Person gefährden könnte. Sie hat eine Woche in
Vita divina
gebucht, und ich hoffe, dass sie nicht verlängert. Ich hoffe auch, dass ich bei ihrem nächsten Anruf in Angelos Wohnung sein werde.»
    «Sie werden also länger bleiben, Signora Laura?»
    «Ich werde so lange bleiben, bis ich sicher bin, dass Angelo außer Gefahr ist.»
    Tommasini lächelte. «Und was sagt Ihr Chef dazu, Signora?»
    «Das ist mir egal, Sergente!»
    «Brava, Signora!»
     
    Ricardo Cipriani war zurückgekehrt. Donatella hatte es von Sara erfahren, die in der Firma anrief, um zu fragen, ob sie Fisch oder Bistecche zum Abendessen servieren solle.
    «Es ist mir egal», antwortete Donatella.
    «Ja, aber …»
    «Fragen Sie meinen Mann, Sara.»
    «Er ist schon wieder weg, und er hat nur gesagt, dass er vielleicht zum Abendessen nach Hause kommt.»
    «Dann rufen Sie ihn an, Sara. Sie haben seine Büronummer und auch die seines Telefonino, oder?»
    «Ja, aber Signora, ich rufe den Signore nie an, um zu fragen, was ich kochen soll.»
    «Vielleicht freut er sich, wenn Sie ihn anrufen, Sara.»
    «Das glaube ich nicht.»
    «Versuchens Sie’s einfach. Ansonsten können Sie selbst entscheiden. Ich habe jetzt zu tun. Buon giorno, Sara.»
    Er ist also zurück, dachte Donatella und lehnte sich in ihren weichen Ledersessel. Ich werde heute Abend nicht nach Hause gehen. Ich werde meine Tochter anrufen und sie fragen, ob sie eine Pizza mit mir essen will. Und wenn sie nicht will, dann rufe ich meinen Sohn an. Wenn alle beide nicht wollen …
    Donatella betrachtete den Entwurf für den Schrank aus Olivenholz, an dem sie den ganzen Vormittag gearbeitet hatte. Er gefiel ihr, es fehlte nur noch eine Winzigkeit, eine organische Form vielleicht, die auf einer Seite hinaufwuchs und die Lebendigkeit des Holzes hervorhob.
    Als das Telefon klingelte, erschrak sie. Jedes Mal, wenn das Telefon klingelte, erschrak sie. Sie hatte dafür gesorgt, dass alle Anrufe direkt bei ihr ankamen, ohne Umweg über ihre Sekretärin. Sie wartete auf den Anruf der deutschen Kommissarin, und sie hielt es für möglich, dass auch die Erpresser sich telefonisch melden könnten. Der Anruf Laura Gottbergs würde kommen, dessen war sie sich sicher. Die Kommissarin würde Fragen stellen, und sie würde antworten müssen. Anders als bisher.
    Aber der Anrufer war Ricardo, der ihr mitteilte, dass am Abend ganz spontan ein Essen mit den wichtigsten Politikern seiner Partei stattfinden würde – mit Ehefrauen – und dass sie gegen halb acht losfahren müssten.
    «Ich kann heute Abend nicht …»
    «Es ist wichtig, Donatella, und ich möchte, dass du dich sehr dezent kleidest.»
    «Ich kann trotzdem nicht, Ricardo. Ich habe zu tun, würdest du bitte Sara anrufen und ihr sagen, dass sie heute Abend nicht kochen soll.»
    Ein paar Sekunden lang war es still in der Leitung. Donatellas Herz pochte schmerzhaft, sie biss in den Zeigefinger ihrer linken Hand. Als Ricardo wieder zu sprechen begann, war seine Stimme erstaunlich ruhig.
    «Wir haben ein Abkommen, Donatella. Ich habe deine Firma gerettet, und du unterstützt meine politische Karriere. Wir sehen uns später!» Er legte auf.
    Angst und Macht. Die Macht hatte vor allem Ricardo, die Angst hatte sie selbst. Sobald sie das Abkommen nicht einhielt, verlor sie ihren kleinen Anteil an Macht. Auch deshalb hatte sie immer auf die Struktur geachtet. Sie hatte es gewusst, immer alles gewusst – es nur nie gedacht oder aufgeschrieben, geschweige denn ausgesprochen. Sie war ja nicht die Einzige in dieser Stadt, die auf diese Weise lebte. Aber das machte es nicht besser. So viele, die sie kannte, spielten dieses würdelose Spiel – mit jenen lächerlichen Begriffen als Begründung, die ihr gestern Abend zuerst

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