Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nachtgefieder • Laura Gottbergs siebter Fall

Nachtgefieder • Laura Gottbergs siebter Fall

Titel: Nachtgefieder • Laura Gottbergs siebter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felicitas Mayall
Vom Netzwerk:
diesem Land. Manchmal mehr, manchmal weniger. Es kam auf die wirtschaftliche Situation an. Durch die weltweite Krise hatten die Geier und die Vorposten der Mafia wieder einmal Hochkonjunktur. Vermutlich waren Mafiafamilien derzeit die einzigen in diesem Land, die noch über genügend Kapital verfügten.
    Guerrini spuckte aus. Er hatte sie so satt, diese ewige Wiederholung alter Kreisläufe. Sklaven gab es ja auch wieder, die illegalen Einwanderer aus Afrika und anderswo. Auch das war einer der ewigen Kreisläufe der Geschichte.
    Der Zaunkönig schwirrte genau vor Guerrinis Füßen über den zugewachsenen Pfad. Flink wie eine Maus und so winzig, dass der Commissario ihm erstaunt nachsah. Lang hatte er keinen Zaunkönig mehr gesehen und vergessen, wie klein diese Vögelchen waren. Er empfand es als tröstlich, dass es noch Zaunkönige gab. Na ja, wenigstens diesen einen. Man konnte ja nie wissen.
    Geier und Zaunkönige, dachte Guerrini, und je länger er nachdachte, desto mehr stimmte er Dottor Salvia zu, der, wie der Bauer Bellagamba, in dem Toten der letzten Nacht einen Geldeintreiber vermutete. Langsam kehrte er zum Wagen zurück und machte sich auf den Weg zum Hof der Pisellis.
    Kurz vor Asciano kämpfte sich die Sonne durch den Nebel, warf grelle Lichter hierhin und dorthin, wie Scheinwerfer aus einem Hubschrauber. Ließ ein Stück Acker aufleuchten, eine Baumgruppe, ein einsames Haus, die glänzenden Dächer der kleinen Stadt.
    Als Guerrini den Wagen durch Asciano steuerte, dachte er daran, dass er diesen Weg auch mit Laura genommen hatte. Gemeinsam hatten sie Angela Piselli besucht, danach Kartoffelpizza gegessen und eine Siesta unter Zypressen gehalten. Eine Siesta, die brutal unterbrochen worden war, durch Schüsse aus einem schwarzen Geländewagen.
    Guerrini erinnerte sich an Lauras Worte, als er sie ins Krankenhaus gefahren hatte. «Ich glaube, ich stehe unter Schock», hatte sie gesagt und dann ihre Strategien erklärt, mit denen sie ihre Angst in den Griff zu bekommen versuchte: rennen oder etwas demolieren. Guerrini lächelte grimmig, wünschte, Laura säße neben ihm im Wagen und spräche davon, etwas zu demolieren, oder würde sich über die faschistische Architektur des Carabinieri-Reviers aufregen oder darüber, dass es in der Via degli Alberi keine Bäume mehr gab.
    Er erinnerte sich noch genau an den Weg zum Anwesen der Pisellis und dachte, dass ihr Name ganz gut in die Geschichte der Bohnenfresser passte, Erbsenfresser eben. Waren ja auch Hülsenfrüchte. Als er den Wagen auf den Hof lenkte, war auch der Hund noch da, dessen Kette entlang eines Metallkabels lief, der Hund mit Oberleitung, wie Laura ihn genannt hatte. In Gesellschaft von Laura war das Leben erheblich unterhaltsamer als allein.
    Gerade wollte Guerrini aussteigen, hatte bereits die Wagentür geöffnet, da entdeckte er dieses Ding, das aus einem Fenster im Parterre ragte. Erst hielt er es für einen Stock oder so etwas, doch dann erinnerte es ihn sehr an den Lauf eines Gewehrs, deshalb zog Guerrini die Wagentür wieder zu und wartete. Der Hund bellte wie verrückt, rannte an seiner Oberleitung hin und her, drehte sich immer wieder um sich selbst und schnappte geifernd in die Luft.
    Nach ein paar Minuten verschwand der Gewehrlauf, dann ging die Tür über den fünf ausgetretenen Steinstufen auf. Erst nur einen Spaltbreit, dann Stück für Stück weiter, bis Guerrini die verschwommenen Umrisse eines Mannes erkennen konnte, der sich kaum vom dunklen Hintergrund abhob. Das Gewehr hatte er noch immer dabei, er trug es im Anschlag. Jetzt brüllte er: «Komm raus! Komm ganz langsam raus! Mach ja keine Faxen! Und halt die Hände hoch! Keine Faxen! Hast du mich verstanden!»
    Jaja, dachte Guerrini, klar hab ich dich verstanden. Kurz überlegte er, ob er Verstärkung rufen sollte, ließ es aber angesichts des verzweifelten Giuseppe Piselli, der offensichtlich einen Teil seines Verstandes verloren hatte. Es musste eine andere Lösung geben als die staatliche Streitmacht.
    Guerrini kramte seine Dienstwaffe aus dem Handschuhfach, wo er sie meistens aufbewahrte, da er Schusswaffen nicht besonders schätzte. Er ließ die Pistole in seine Jackentasche gleiten, schob dann langsam die Wagentür auf, setzte erst einen, dann den zweiten Fuß auf den Boden und streckte beide Arme nach oben.
    «Ich bin Commissario Guerrini. Was ist denn los, Piselli? Ich will nur mit dir reden.»
    «Ich rede mit keinem mehr! Verschwinde!»
    «Ich muss aber mit dir reden. Es

Weitere Kostenlose Bücher