Nachtgesang
Knien in kaltem Wasser, in einer Dunkelheit, die fast so vollkommen war wie das Möbius-Kontinuum selbst. Das Wasser – Flusswasser von einer Wiederaustrittsstelle, schätzte Jake – klatschte an seine Beine und trieb weiter, während die unsichtbare Decke kalte, feuchte Tropfen in seinen Kragen fallen ließ. Die Luft roch muffig, war immer noch faul und stank nach Rauch, verbrauchten Zündkörpern und ... anderen äußerst unangenehmen Dingen.
Als sich Jakes Augen an die Dunkelheit gewöhnten, begann er Umrisse in der Höhle wahrzunehmen ... und sah, dass es mehr als nur eine Höhle war. Es war ein Schacht oder das, was nach Zek Foeners schrecklichem, heldenhaften Tod noch davon übrig war. Er erinnerte sich nun an Trasks Geschichte und auch an etwas, das Harry Keogh ihm gesagt hatte: dass sie hier waren, um mit jemandem zu reden (jemandem, der bereits tot war!?), der mit Malinari und den anderen aus Starside gekommen war.
Oh, er ist hier, bemerkte der körperlose Harry und bewirkte damit, dass Jake sich noch einmal erschrak. Zek ebenfalls, aber sie hat Gesellschaft. Gute Gesellschaft, wie die meisten Toten. Die Große Mehrheit. Wenn Zek ... wenn sie sich an all das gewöhnt hat, werde ich zurückkehren und mit ihr über alte Zeiten reden, sie daran erinnern, dass wir am Ende wieder zusammen sein werden – alle von uns. Aber das könnte noch dauern, denn Zek war sehr lebendig. Sie war bis zum Schluss eine meiner besten Freundinnen. Was mich daran erinnert, weshalb wir hier sind, ... um mit dem anderen Kerl zu reden.
Harrys Stimme hatte einen grollenden Unterton angenommen; es schien Jake, als ob sie ungewohnt düster geworden wäre und nun drohend klang. So bedrohlich, dass sein Hirn auf Hochtouren arbeitete, als es die Ursache für seine Besorgnis erkannte, die bisher zwischen den verschwommenen Einzelheiten seines Traums verloren gegangen war: die Tatsache, dass Harry Keogh hier war, um mit jemandem zu reden, der tot war.
»Der andere Kerl?«, wiederholte Jake die Worte seines immer noch unsichtbaren Begleiters. »Ich dachte, Zek war allein hier unten. Und überhaupt, wie kannst du – können wir – mit ihm ...?« Auf einmal begriff Jake alles viel schneller, inklusive der Dinge, über die er nicht nachdenken wollte, aber die trotzdem da waren.
Wie die Bedeutung eines bestimmten Wortes oder Namens: »Necroscope«. Und was der Seher Ian Goodly ihm über Harry erzählt hatte: dass er Leben und Tod nicht betrachtete, wie es andere Leute taten und dass seine Kommunikationswege ähnlich Telepathie waren, aber dass er dafür einen anderen Namen hatte.
Wie was? Wie Nekromantie?
»Du bist ein Nekromant!«, keuchte Jake, bevor er sich zurückhalten konnte.
NEIN!!! Die Vehemenz seines körperlosen Gegenübers traf ihn wie ein Peitschenhieb, wie ein wütender Schrei hallte sie in Jakes vor Schreck zusammenzuckendem Geist. Was immer ich bin oder gewesen sein mag, ich bin KEIN Nekromant! Nenn mich nie wieder so!
Jake nahm jetzt eine andere Stimme aus dem Nichts wahr, süß wie ein Hauch frischer Luft in Jakes fieberbenebeltem Hirn. Obwohl er sie nie gekannt hatte, erkannte er sie doch sogleich: Zek Foener!
Nekromant? Ah, nein (ihre Stimme war ein Seufzen). Nenn ihn einfach Harry und wisse, dass er ein wahrer Freund ist. Und was diesen – diesen Segen angeht, den er uns gegeben hat, dass wir einander trösten können in den langen, einsamen Nächten des Todes, findest du, dass das ein böses Treiben ist? Dann liegst du falsch. Es ist unser einziges Licht in dieser ewigen Dunkelheit. Du kannst es einfach Totensprache nennen ...
KAPITEL ACHTZEHN
KORATHS GESCHICHTE
Ich wusste, dass du zurückkommen würdest, Harry , sagte Zek. Von dem Moment an, als ich dich auf dem großen, amerikanischen Motorrad mit Penny wegfahren sah, als du auf dem Weg nach Starside warst, wusste ich immer, dass du zurückkommen würdest. Ich fühlte dich in Nathan; Das warst nicht wirklich du, aber... aber es war so eine Art Vater-Sohn-Beziehung. Dieses Mal bist es wirklich du. Und du unterscheidest dich so sehr von den Toten wie damals von den Lebenden.
Zek, antwortete Harry mit wehmütiger Stimme. Ich wollte dich nicht stören. Das ist das Letzte, was ich wollte.
Aber wenn es jemand hätte wissen können, dann du, rügte sie ihn, ganz sanft, fast zärtlich, nämlich, dass wir das, was wir zu Lebzeiten machen auch nach dem Tod noch tun.
»Du warst spitzenklasse«, unterbrach Jake. »Eine Telepathin, und zwar eine sehr gute.«
Sie war
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