Nachtgesang
vorn gestreckt. Blut spritzte aus seinem Mund, als sein Kiefer nach unten brach und sich weiter, immer weiter öffnete! Seine Augen waren dunkelrot ... seine großen Ohren gekrümmt und gebogen wie die Flügel einer Fledermaus ... und seine Zähne standen wie Klingen aus seinem gespaltenen Mund!
Der Mann mit dem Flammenwerfer lag noch auf dem Boden. Seine Waffe lag da, wo er sie hatte fallen lassen. Trask schnappte sie sich. Und immer noch kam Trennier auf sie zu, bewegte sich auf Liz zu, streckte seine Hände nach ihr aus, dort, wo sie sich gerade auf die Knie aufgerichtet hatte. »Du«, grollte das Ding und spuckte Blut. Trennier schien betäubt; mit seiner flackernden, gespaltenen Zunge leckte er sich die zerfetzten Lippen; endlich schafften es seine Augen zu fokussieren und er grinste sein missgestaltetes Lächeln. »Du, Frau ... Gedanken-Überträgerin? Du dachtest, du könntest mich reinlegen, hast mich sogar verspottet. Nun gut, und so wirst du jetzt mit mir sterben!«
Jake war wieder auf den Füßen, während Miller auf seinem fetten Hintern saß und darauf versuchte, so weit wie möglich von dem Schrecken wegzurutschen, wie er nur konnte. Aber Trennier konzentrierte sich auf Liz! Er war fast über ihr, von seinen ach-so-langen Händen triefte Blut, als er nach ihr griff!
Jake umschlang ihre Taille und rannte mit ihr los. Doch sie kamen nur zwei, drei Schritte weit, bevor sie stolperten und fielen. Aber sie berührten nicht den Boden. Nein, es war, als fielen sie in Zeitlupe und in Jakes Geist sagte eine Stimme: Jetzt! Die Zahlen – die Formeln! Lies sie! Benutze sie! Aber war es seine eigene Stimme oder die eines anderen?
Zahlen ratterten vor Jakes innerem Auge ... eine endlose mathematische Abfolge, die sich im Computer seines Gehirns abspielte. Zahlen, ja, und er kannte sie – oder jemand kannte sie! Er hielt Liz immer noch fest und sie fielen weiter, Jake (oder der unsichtbare, unbekannte Jemand) hielt die Zahlen bei einer bestimmten Kombination an, einer unmöglichen Formel, die sich plötzlich in eine Tür verwandelte.
Sie purzelten hindurch, an einen Ort mit negativer Schwerkraft, einen Ort, der Nichts war, und einen Moment später – oder vielleicht war auch überhaupt keine Zeit vergangen – fielen sie durch eine zweite Tür und erst dann kamen sie auf dem Boden auf. Sie rollten ganze 15 Meter von dort, wo sie eben noch gewesen waren, durch den Staub. Jake hörte Peter Miller in seiner Angst vor sich hinbrabbeln und er hörte Trasks Triumph- oder Racheschrei oder vielleicht auch beides zugleich und das unverkennbare Getöse des Flammenwerfers.
Sogar aus dieser Entfernung noch konnten Jake und Liz etwas von der Hitze spüren und zogen sich weiter zurück. Einen Augenblick später erspähten sie Miller, der heulend wie ein Kind seinen massigen Körper über die versengte Erde hievte. Dann drehten sie sich um.
Dort tanzte Trennier: den abscheulichen, gequälten Tanz des wahren Todes. Der Vampir, der er war, schlug mit den Armen um sich und schrie vor Wut. Oder handelte es sich bei dem schrecklichen Geräusch etwa um etwas völlig anderes? Wie das Knallen und Zischen von luft- oder gasgefüllten Körperhöhlen, wenn lebendige Hummer in einen Kochtopf geworfen werden? Vielleicht war es das nervenzerreißende Kreischen des Flammenwerfers oder vielleicht eine Mischung aus beidem? Jake war sich nicht sicher, konnte es nicht eindeutig sagen. Eigentlich konnte Trennier gar nicht schreien, nicht in dem luftleeren Inferno, das seinen schmelzenden Körper umschloss.
Sein stockender Tanz erstreckte sich über weitere lange Sekunden, dort, im Herzen der blau-weißen Explosion überhitzter Chemikalien, bis er sich schließlich nicht mehr regte. Aber das Ding in ihm kämpfte noch eine ganze Weile weiter oder bewegte Trennier weiterzukämpfen. Und das war der Beweis, der unumstößliche Beweis dafür, dass er lange als Vampir gelebt hatte.
Als sein Körper zu schmelzen begann, seine Beine das Gewicht nicht mehr tragen konnten und er somit auf seinen Hintern fiel, reagierte das metamorphe Fleisch auf den Schrei seiner Vampirnatur. Es war der letzte, verzweifelte Versuch von Trenniers Egel, dem Feuer zu entkommen – indem er sich bemühte, mit dem veränderten Fleisch und den Körperflüssigkeiten das Feuer einzudämmen.
Trenniers Kleidung hatte sich in Fetzen von seinem verkohlten Körper gelöst und wehte hoch über ihm im übel riechenden Wind. Seine Finger streckten sich gen Himmel wie sich krümmende
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