Nachtgesang

nur ein bisschen Autorität innehatte. Er hinkte zwischen den Flammenwerfer-Teams hin und her und schien auf Punkte zu deuten, die bei der »Versengte Erde«-Mission übersehen worden waren.
    »Brenn das hier nieder«, hörte ihn Jake über das Zischen und Brausen der flammenden Feuerlanzen knurren. »Und das da drüben auch. Oh, es ist verkohlt, da hast du recht, aber nicht verkohlt genug. Es muss komplett ausgebrannt sein. Erst wenn Rauch und Asche vom Wind verweht werden ... dann seid ihr fertig. Vorher nicht.«
    Sein Akzent war seltsam und schwer einzuordnen, aber definitiv kam er aus einem europäischen, südländischen Land. Italien, Sizilien, Rumänien? Zumindest war etwas Romanisches herauszuhören. Aber in Wirklichkeit hätte Jake nicht falscher liegen können. Oder vielmehr waren seine Rückschlüsse zu »weltlich«, im wahrsten Sinne des Wortes.
    »Wer ist das?«, fragte er Liz. »Der alte Kerl da drüben. Schau ihn an. Er erinnert mich irgendwie an einen Bluthund ... die Art, wie er ab und an innehält, um in die Nacht hinauszuschnüffeln! Alles, was ich riechen kann, ist Rauch und Feuer ... und Tod. Und seine Kleidung. Was denkt er denn, wer er ist, ein Cowboy aus dem Wilden Westen?«
    Und tatsächlich hätte der alte Mann gut und gerne ein Grenzbewohner sein können – und war es in gewisser Weise auch, aber von einem wilderen Westen als dem, den Jake sich vorstellte.
    »Weißt du«, fuhr Jake fort, »ich habe den Eindruck, dass der Vampir, Bruce Trennier, etwas von einem Zigeuner hatte und Romani bei ihm durchklang. Nun, jetzt habe ich denselben Eindruck von diesem Kerl hier. Mein Gott, irgendwas klimpert da sogar, wenn er läuft!«
    Der Alte hatte sie entdeckt, noch während Jake sprach, und humpelte in ihre Richtung. Ben Trask ebenfalls; wahrscheinlich, um sie miteinander bekannt zu machen, vermutete Jake.
    In der Zwischenzeit reagierte Liz zumindest auf einen von Jakes Kommentaren: »Du meintest, er erinnere dich an einen Bluthund«, sagte sie. »Damit hast du recht. Er ist ein menschlicher Bluthund. Was du heute Nacht gesehen hast, hat er schon so oft gesehen, dass er es nicht einmal mehr zählen kann. Zumindest soviel ich weiß. Er heißt Lardis und manchmal nennt man ihn auch den alten Lidesci.«
    »Liz!«, sprach der Alte, nickte zum Gruß und verzog seinen Mund, in dem sich Zähne mit Zahnlücken abzuwechseln schienen, zu einem Lächeln ... aber im nächsten Moment runzelte er die Stirn und kam etwas näher, drehte seinen Kopf zur Seite und schaute Liz ins Gesicht. Dann grunzte er: »Huh« und spuckte in den Dreck. »Keine Nasenstöpsel? Bist du imp – impen – äh, impene ...«
    »Impenetrabel?«, half sie ihm aus.
    »Ja!«, bellte er und erhob einen anklagenden Finger in ihre Richtung. »Und du auch!« Er drehte sich nach Jake um. »Cutter, richtig? Jake Cutter?«
    »Wir hatten vorhin noch Nasenstöpsel«, antwortete Jake. »Dann ging es hier rund. Meine Stöpsel wurden aus mir herausgeschleudert, aber Liz hatte ihre bis zum Ende. Und überhaupt, wer zum Teufel ...?«
    »Dekon ...!«, unterbrach ihn der andere abrupt. »Äh, Dekontam – kontam...«
    »... Dekontaminierung!«, warf Liz ein.
    »Richtig!«, schnauzte der alte Mann und deutete mit seinem Daumen in Richtung des größten Trucks. »Ihr beiden. Sofort!«
    »Wer um Himmels willen ...?«, begann Jake noch einmal, aber Ben Trask hatte ihn erreicht und fiel ihm ins Wort.
    »Jake Cutter«, sagte Trask, »das ist Lardis Lidesci. Ich hörte, wie Sie fragten, wer um Himmels willen ...? Nun, niemand vom Himmel, eigentlich ist er ursprünglich von ... oh, einem ganz anderen Ort.« Fast hätte Trask sich verplappert, aber im letzten Moment rettete er sich. »Lardis war mit einer anderen Einheit auf den Griechischen Inseln«, wechselte er das Thema. »Als dort nicht gefunden werden konnte, was man suchte, schickte ich ihn hin. Er kam heute Nachmittag per Hubschrauber aus Perth.« An den alten Lidesci gewandt sagte er: »Nun? Wie steht’s?« Offensichtlich gab es ein Geheimnis zwischen den beiden, in das Jake und Liz nicht eingeweiht werden durften.
    »Er?« Lardis schaute auf Jake, runzelte die Stirn und zuckte die Achseln. »Kann ich nicht sagen. Könnte sein, schätze ich. Fit und jung ... und stur! Wird nicht auf gute Ratschläge hören und hat auch nicht allzu viel Respekt vor der älteren Generation! Macht ihn zu einer seltsamen Wahl, wenn du mich fragst. Aber wenn dem so ist, ist es so, und wer sind wir, uns anzumaßen, die Wege des