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Nachtgesang

Nachtgesang

Titel: Nachtgesang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Lumley
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war, als dass er ihn verkraften könnte. Jake wusste, wie sich so etwas anfühlte.
    Auf der anderen Seite, wenn das wenige, was man Jake über Trask anvertraut hatte, stimmte, dann konnte es leicht sein, dass er ihn falsch einschätzte; Trasks Schmerz könnte von ganz woanders herrühren. In einer Welt, in der man der Wahrheit immer schwerer auf die Spur kommt, ist es sicherlich kein Leichtes, einen Verstand zu besitzen, der keine Lüge akzeptieren kann. Und das war angeblich genau das, was Trask war: ein menschlicher Lügendetektor.
    E-Dezernat: E für ESP. Telepathen, Empathen, Sucher, Seher ... Psychos? So hatte Jake noch vor fünf Tagen über sie gedacht: übergeschnappte Irre. Nein, sehr stark in sich gekehrte Irre. Denn nicht einer von ihnen hatte sich wirklich übergeschnappt verhalten. Aber das war vor fünf Tagen gewesen und seitdem hatte er einiges mitbekommen. Und überhaupt, er musste sich da wohl erst einmal an die eigene Nase fassen. Jake Cutter, der am helllichten Tag ohne zu zögern auf Hunderte von Kilometer lange Schlafwandeltouren ging und den Verdacht hegte, dass sich jemand in seinem Kopf versteckte.
    Während er über all dies nachdachte, lief er gemeinsam mit Liz hinter Trask, Goodly und Miller her – die wiederum einem Team aus vier bis an die Zähne bewaffneten Geheimagenten folgten – irgendwo zwischen dem stinkenden Feuer in Richtung der in sich zusammensackenden, lodernden Ruine, die einmal die Haupthütte gewesen war. Die einsame Zapfsäule war verschwunden; jetzt brüllte eine Säule aus leuchtendem, blauem Feuer ihre Wut in die Luft, während der Treibstoff aus dem unterirdischen Kessel langsam ausbrannte. Als Trasks Leute sich der Hütte näherten, plapperte Miller immer noch:
    »Denken Sie, dass es darauf wirklich eine Antwort gibt, Mr. Trask? Grundgütiger Gott! Wer gibt Ihnen das Recht, so etwas zu tun? Ich meine – schauen Sie! « Seine Hand näherte sich seinem Mund. »Eine L-l- leiche! «, stammelte er. »Um Gottes willen! Ein verkohlter Körper!«
    Auf der windgeschützten Seite einer Ansammlung hüfthoher Felsen, wo die geschwärzten, rauchenden Skelette von Kakteen und anderen ehemals robusten Pflanzen in ihrem eigenen Saft schmorten, hatte das Reinigungsteam etwas übersehen. Einen Arm und eine Hand, welche aus dem geschmolzenen Pflanzenchaos herausragten wie eine Wurzel, die alle anderen Wurzeln überragt. Offenbar hatte jemand versucht, dem Feuer zu entkommen, indem er in den Blättern Schutz gesucht ... und sich somit direkt dem Feuersturm ausgeliefert hatte.
    Besser gesagt waren es einmal ein Arm und eine Hand gewesen. Jetzt blieb nur noch ein rauchendes, schwarzes, zweigartiges Ding mit vier kleineren fingerartigen Ästen und den Überresten eines Daumens übrig. Sogar jetzt noch zuckte es, vibrierte, zeigte schier unmögliche Lebensanzeichen und die widerwärtige Suppe im Felsennest brodelte und blubberte.
    »Sie da – Sie haben etwas übersehen!«, rief Trask. Daraufhin kam einer der Spezialisten mit seinem Flammenwerfer zurück und richtete seine helle, gelbe Lanze auf das zappelnde Chaos, bis es sich in eine schwarze, flüssige Pfütze verwandelte.
    Miller hatte nicht umhin gekonnt, sich zu übergeben. Trask betrachtete den kleinen, dicken Mann ohne jegliche Gefühlsregung, wie er da stand, zitterte und ein Taschentuch an seinen Mund presste, und sagte dann: »Am besten Sie bleiben hier.« Und zu Jake und Liz gewandt: »Bleibt ihr beiden bei Mr. Miller. Aber stellt sicher, dass er einen guten Ausblick hat, wenn ... wenn irgendwas passiert.« Er drehte sich um und ging mit Ian Goodly davon. Beide waren sie mit gefährlich aussehenden Maschinenpistolen bewaffnet.
    »Oh mein Gott!«, stöhnte Miller, der zwischen Jake und Liz hing und hin- und her schwankte. »Oh mein guter Gott! Hat der Mann denn kein Herz? Ich meine, hat er denn kein Mitgefühl für diese armen L-l-leute?«
    »Ben Trask hat ein großes Herz«, belehrte ihn Liz. »Und doch, er hat großes Mitgefühl für Menschen, jeden Mann, jede Frau und jedes Kind. Für unsere gesamte – und nur für die menschliche – Rasse. Deshalb sind wir hier, weil diese Kreaturen nicht menschlich sind, nicht mehr ...«
    Aber Miller beugte sich schon wieder vornüber und übergab sich noch einmal. Jake war hinter ihn getreten, um sicherzustellen, dass der andere nicht den Halt verlor.
    Das Feuer brannte jetzt nicht mehr so hoch und die dunkle Nacht breitete sich wieder aus. Lange Schatten tanzten wie Dämonen und

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