Nachtglanz - Heitmann, T: Nachtglanz
seine Brust gepresst.
»Und ob du das wirst.«
Adam machte einen bedrohlichen Schritt auf den am ganzen Körper bebenden Mann zu, fest entschlossen, Adalbert einen
triftigen Grund zum Reden zu liefern. Dabei war er derartig auf ihn konzentriert, dass er die hochschnellende Eisenstange zu spät registrierte. In einem hohen Bogen flog der Revolver davon, und es gelang Adam gerade noch rechtzeitig, einem zweiten, brachial ausgeführten Schlag auszuweichen. Er stolperte ein Stück zurück, um dann sofort in eine Angriffshaltung überzugehen. Doch Benson ließ die Eisenstange bereits fallen und hob demonstrativ die Hände in die Höhe.
»Adalbert hat Recht«, sagte er beschwichtigend. »Es wird das Beste sein, wenn du jetzt Anders aufsuchst und ihm deine Fragen stellst.Wir sind nur Diener.«
Obwohl Adam wusste, dass es an der Zeit war, Anders gegenüberzutreten, konnte er sich nicht losreißen. In ihm tobte der Wunsch, Adalbert für seinen Verrat an Etienne bezahlen zu lassen. Nur mühsam nickte er zustimmend, denn er traute seinem Temperament keineswegs über den Weg. Es wird eine andere Gelegenheit geben,Adalbert zahlen zu lassen, versprach er sich, als er Benson mit einem gezielten Faustschlag bewusstlos setzte und den zeternden Adalbert in den Kofferraum seines eigenen Mietwagens sperrte.
Mit den Gedanken war er bereits woanders. Gleich würde er einem Mann gegenüberstehen, dem er in der Sekunde unterlegen war, in der er ihn berührte.
Als das Treppenhaus sich vor Adam auftat und die Zugluft ihm eine Ahnung von Muskat zutrug, legte sich die Angst wie eine kalte Hand um sein Herz.
Denk nicht darüber nach , wisperte der Dämon.
30
Die verborgene Wahrheit
Esther lehnte sich in dem bequemen Sessel zurück. Zu ihrem Erstaunen gelang es ihr sogar, Haydens Lächeln zu erwidern. Es war das Lächeln, das sie fortan jeden Tag sehen würde: morgens, wenn sie erwachte, am Esstisch oder beim Jäten ihrer künftigen Blumenbeete, von denen sie möglichst viele anzulegen gedachte. Kein Stück ihres Gartens sollte vernünftigen Dingen wie Gemüse geopfert werden, nahm sie sich fest vor. Kletterrosen, Türkischer Mohn und bunte Waldreben. Sie malte sich ein ganzes Füllhorn von Blumen aus, einfach, weil es so viel leichter war, über Blumen nachzudenken, als über das, was sie soeben getan hatte.
Hayden legte seine Fingerspitzen gegeneinander und sperrte sein Lächeln dahinter ein, fast so, als traue er seinem Glück nicht wirklich über den Weg.
Auf den ersten Blick wirkte er wie ein Mann, der bekommen hatte, was er wollte. Ein Mann, der mit sich zufrieden sein konnte. Sein ganzes Büro strahlte diese Selbstsicherheit aus - vom maskulin-strengen Mobiliar, den modernen Gemälden bis hin zu der hervorragenden Aussicht auf die City, über die sich gerade der Abend senkte. Hayden hatte alles bekommen, was er wollte … einschließlich Esther, die an diesem schönen Januartag, der bereits nach Frühling roch, zu ihm zurückgekehrt war.
Sie kannte Hayden jedoch gut genug, um den resignierten Zug um seine Augen zu bemerken. Auch entsprang seine Zurückhaltung
in Anbetracht seines Sieges nicht etwa Grandezza, sondern er war sich durchaus darüber im Klaren, dass nur widrige Umstände die Frau, die er liebte, zu ihm zurückgebracht hatten.
Genau dieses sensible Verhalten ermöglichte es Esther überhaupt, sein Lächeln zu erwidern. Da saßen sie voreinander wie zwei müde Krieger, die schon zu viel im Leben gesehen hatten und sich nur noch aufeinander stützen wollten. Ich sollte mich wirklich glücklich schätzen, dass es so gekommen ist, sagte sie sich deshalb auch unentwegt selbst. In Haydens Armen mag ich zwar nicht überschäumen vor Liebe und Lust, aber ich werde mich geborgen fühlen … irgendwann wieder.
»Ich möchte noch einmal sagen, wie froh ich bin, dass wir diese Angelegenheit aus derWelt schaffen konnten, mein Freund.« Anders stand rauchend vor dem Bücherregal und spielte mit dem Benzinfeuerzeug in seiner Hosentasche. »Auch wenn es nicht untypisch ist, dass wir unsere Dienerschaft anderen unserer Art zur Verfügung stellen, wenn wir es für notwendig erachten, so hätte ich in diesem Fall mehr Vorsicht walten lassen sollen. Adam ist bekannt dafür, ausgesprochen eigensinnige Wege zu beschreiten. Dass er allerdings so weit gehen würde, Esther einfach in Beschlag zu nehmen, anstatt sie nach Erledigung ihrer Aufgabe wieder an mich zurückzugeben, ist nicht zu erwarten gewesen. Sehr unglücklich, aber jetzt ist
Weitere Kostenlose Bücher