Nachtglanz - Heitmann, T: Nachtglanz
L.A. verlassen, schließlich garantiert meine Gabe ein friedliches Zusammenleben. Es wäre falsch, dich wie ein Raubtier in meinem Revier umherschleichen zu lassen. Falls du also nicht freiwillig gehen solltest … dass unsere Gemeinschaft groß genug ist, dich zum Gehen zu bewegen, muss ich ja wohl nicht extra betonen.«
»Ich befürchte, eure Gemeinschaft hat mit einem viel größeren Raubtier als mit mir zu kämpfen. Darum solltest du dir besser Sorgen machen, ansonsten ist bald nicht mehr viel von deiner Gemeinschaft übrig.«
Eine Pause trat ein, während der Anders sämtliche Farbe aus dem Gesicht wich. Wie es aussah, ahnte er zumindest, worauf Adam anspielte. Auch Esther verspürte ein Schaudern bei der Erinnerung an Nias Leiche. Ein Raubtier, das Dämonen jagt …
Adam beobachtete Anders’ Reaktion mit der distanzierten Haltung eines Außenstehenden, als würde ihn diese Nachricht nicht betreffen, da er ohnehin nur auf der Durchreise war.
»Wie auch immer«, fuhr er fort, »unsere Abrechnung wird warten müssen, bis ich mit Esther gesprochen und sie vor allem in Sicherheit gebracht habe.«
Als würde er ihr ein einmaliges Angebot unterbreiten, hielt Adam Esther die Hand hin.
Langsam schüttelte sie den Kopf. »Ich kann nicht.«
»Wegen Hayden oder wegen Anders? Wenn es tatsächlich allein wegen Hayden sein sollte, gehe ich, das verspreche ich dir.«
Esther versagte sich eine Entgegnung, aus Furcht, einen Verrat zu begehen, ganz gleich, was sie sagte. An ihren Gefühlen für Adam, ihrer Verbindung zu Hayden oder, was am schlimmsten wäre, an Anders. Ehe sie sich’s jedoch versah, huschte ihr Blick zu Anders. Nur für einen Sekundenbruchteil, doch für Adams scharfe Augen reichte es aus.
»Verstehe, es liegt also an Anders«, sagte Adam nur für ihre Ohren bestimmt, um daraufhin mit laut dröhnender Stimme mitzuteilen: »Wenn du nicht freiwillig mitkommen willst, dann eben mit Gewalt.Wir beide werden gehen, und zwar jetzt.«
»Du wirst nirgendwohin gehen!«, brüllte Anders. »Du gehörst mir,Adam, ob du willst oder nicht.« Er preschte mit einer erschütternden Willenskraft voran, um sogleich mitten in der Bewegung zusammenzubrechen.
Voller Unglauben starrte Esther auf einen gläsernen Griff, der aus seiner Augenhöhle herausragte. Der Länge nach lag Anders ausgestreckt auf dem Holzboden, vollkommen reglos. Dann begannen Anders’ Finger bereits wieder zu zucken, durchströmt von einer dunklen Kraft. Es war nur noch eine Frage der Zeit, bis sich seine Hände um den Griff legen und die tief in Auge und Hirn eingedrungene Klinge befreien würden.
»Nein, er darf nicht wieder aufstehen … niemals mehr«, wollte Esther hervorbringen, doch ihre Stimme versagte. Anders würde sie dafür zahlen lassen, wenn Adam ihm entkam … O Gott, viel schlimmer noch: Er würde jemand anders dafür zahlen lassen, und sie würde nichts dagegen tun können.
»Schade um Rischkas Klinge«, erklärte Adam ungerührt, wobei er die erstarrte Esther am Arm nahm. »Aber jemand wie Anders lässt man im Kampf besser nicht zu dicht an sich herankommen.«
»Lassen Sie Esther los«, forderte Hayden ihn mit Nachdruck auf. Jeden einzelnen Schritt bewusst langsam setzend, um Adam auf keinen Fall zu einem Angriff herauszufordern, kam er auf ihn zu. »Wenn Ihnen wirklich etwas an Esther liegen sollte, lassen Sie sie mit mir fortgehen. Ich verspreche Ihnen, dass ich alles Erdenkliche tun werde, damit sie glücklich wird.«
Tatsächlich zögerte Adam. »Das glaube ich Ihnen, aber ich kann nicht … noch nicht.«
Nun doch von Wut übermannt, stürzte Hayden sich auf Adam, der den Aufprall des schweren Mannes ohne zu wanken hinnahm. Als Hayden zum Schlag ausholte, glitt Adam zur Seite, trat ihm ein Bein weg und rammte ihm, während er zusammensackte, den Ellbogen in den Nacken. Mit einem dumpfen Stöhnen ging Hayden zu Boden.
Endlich gelang es Esther, ihre Starre abzuschütteln, und sie fiel schreckensbleich neben dem Bewusstlosen auf die Knie. Doch kaum hatte sie einen Blick auf Hayden geworfen, zog Adam sie bereits in seine Arme.
»Wag es ja nicht, mich anzufassen, du Monster!«, schrie sie außer sich. »Wie konntest du Hayden nur etwas antun?«
»Beruhige dich. Außer einem geschwollenen Knie und Kopfschmerzen wird er keinen Schaden davontragen. Wäre es dir vielleicht lieber gewesen, er hätte uns brüllend und tobend bis zum Wagen verfolgt, um dann in einer Abgaswolke zurückzubleiben?
Das wäre wohl kaum mit seinem Stolz
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